Alterssicherung der Landwirte
Die Alterssicherung der Landwirte (AdL) ist ein eigenständiger Zweig der gesetzlichen Sozialversicherung in Deutschland. Sie dient der sozialen Absicherung landwirtschaftlicher Unternehmer, deren Ehegatten und mitarbeitender Familienangehöriger im Alter, bei Erwerbsminderung sowie im Todesfall im Rahmen der Hinterbliebenenversorgung. Die Regelungen zur Alterssicherung der Landwirte sind im Wesentlichen im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) kodifiziert und unterliegen spezialgesetzlichen Vorschriften, die sich in zahlreichen Aspekten vom allgemeinen System der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheiden.
Rechtsgrundlagen
Die maßgeblichen Bestimmungen zur Alterssicherung der Landwirte finden sich überwiegend im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) in der jeweils geltenden Fassung. Ergänzend finden Vorschriften aus dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sowie spezielle Nebengesetze und Verordnungen Anwendung.
Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG)
Das ALG regelt systematisch die Voraussetzungen zur Beitragspflicht, Leistungen, Leistungsberechtigung, Beitragsbemessung, Finanzierung und Organisation der AdL. Darüber hinaus enthält das ALG spezielle Normen zu Anrechnungszeiten, Sonderregelungen für Ehegatten, sowie Regelungen bezüglich der Pflichtversicherung und Befreiungsmöglichkeiten.
Weiterführende Rechtsquellen
Weitere wichtige Rechtsquellen sind insbesondere:
- SGB VI (Soziale Sicherung im Alter),
- SGB I und SGB X (Allgemeiner Teil und Sozialverwaltungsverfahren),
- Verwaltungsanordnungen und durchs Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erlassene Richtlinien.
Anwendungsbereich und persönliche Voraussetzungen
Pflichtversicherung
Pflichtversichert in der Alterssicherung der Landwirte sind nach § 1 Abs. 1 ALG regelmäßig:
- Landwirte, die einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb führen, der eine bestimmte Mindestgröße überschreitet,
- deren Ehegatten, sofern sie im Betrieb mitarbeiten und keine konkurrierende Versicherungspflicht in einem anderen Zweig der Sozialversicherung aufweisen,
- mitarbeitende Familienangehörige ab einem bestimmten Lebensalter.
Die betriebliche Mindestgröße wird von den Landwirtschaftlichen Alterskassen (LAK) regelmäßig anhand regionalspezifischer Bewirtschaftungseinheiten, insbesondere Hektar-Grenzen, festgelegt (§ 1 Abs. 2 ALG).
Befreiungsmöglichkeiten
Eine Befreiung von der Versicherungspflicht ist unter engen Voraussetzungen möglich, beispielsweise bei Beginn einer anderweitigen Pflichtversicherung (z. B. in der gesetzlichen Rentenversicherung) oder nach Vollendung der Regelaltersgrenze (§ 3 ALG).
Finanzierung und Beitragssystem
Beitragspflicht
Die Finanzierung der Alterssicherung der Landwirte erfolgt sowohl durch Beiträge der Versicherten als auch durch staatliche Zuschüsse (§ 48 ALG). Die Beiträge werden regelmäßig als Festbetrag erhoben, der auf Antrag aufgrund wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit herabgesetzt werden kann (sog. Beitragsentlastungsregelungen nach § 37 ALG).
Höhe der Beiträge und Bezugsgröße
Die Beitragshöhe wird jährlich mittels Rechtsverordnung festgelegt und orientiert sich am allgemeinen Rentenversicherungsbeitrag. Bei Vorliegen besonderer wirtschaftlicher Notlagen sind Beitragszuschüsse möglich.
Staatszuschuss
Angesichts der geringen Einnahmemöglichkeiten vieler Landwirte und der besonderen sozialpolitischen Bedeutung des Berufsstandes flankiert der Bund das Beitragssystem durch erhebliche, jährlich festgelegte Bundeszuschüsse (§ 49 ALG).
Leistungsarten in der Alterssicherung der Landwirte
Altersrente
Die Altersrente wird nach Erfüllung der Wartezeit und der maßgeblichen Altersgrenze (§ 13 ff. ALG) gewährt. Das reguläre Renteneintrittsalter richtet sich nach den allgemeinen Regelungen und wird stufenweise an die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst.
Erwerbsminderungsrente
Für Versicherten mit dauerhaft geminderter Erwerbsfähigkeit besteht Anspruch auf eine entsprechende Erwerbsminderungsrente, sofern die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Wartezeit, tatsächliche Erwerbsminderung) erfüllt sind (§ 16 ff. ALG).
Hinterbliebenenrente
Hinterbliebene von verstorbenen Versicherten – insbesondere Witwen, Witwer und Waisen – sind unter bestimmten Voraussetzungen leistungsberechtigt (§ 20 ff. ALG).
Weitere Leistungen
Ergänzende Leistungen, wie Kinderzuschüsse oder Renten für geschiedene Ehegatten, kommen unter bestimmten Voraussetzungen zur Anwendung. Die AdL kennt zudem Sonderregelungen bei der Anrechnung von Zeiten der Kindererziehung und Pflege.
Organisation und Verwaltung
Träger der Alterssicherung
Die Durchführung der Alterssicherung der Landwirte obliegt den regionalen Landwirtschaftlichen Alterskassen (LAK), die als rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert sind (§ 44 ALG). Die Deutsche Rentenversicherung fungiert dabei als übergeordnete Aufsichts- und Koordinierungsinstanz.
Verfahren
Das Verwaltungsverfahren in der AdL folgt grundsätzlich den Vorschriften des SGB X. Besondere Bedeutung kommt dem Feststellungs- und Antragsverfahren zu, das die Klärung der Beitragspflicht, die Ermittlung des rentenrelevanten Versicherungsverlaufs sowie die Leistungsfeststellung umfasst.
Widerspruchs- und Klageverfahren
Gegen Verwaltungsentscheidungen der Landwirtschaftlichen Alterskassen besteht die Möglichkeit des Widerspruchs und anschließend der sozialgerichtlichen Klage nach Maßgabe des SGB X und des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Verhältnis zur gesetzlichen Rentenversicherung und Koordinierung
Auch parallele Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (SGB VI) können sich auf die Leistungsberechtigung und -höhe in der Alterssicherung der Landwirte auswirken. Die AdL ist in das allgemeine System der Rentenkoordinierung und Rentenzusammenrechnung, insbesondere für Mehrfachversicherte, einbezogen (§ 23 ff. ALG).
Zukunftsperspektiven und Reformansätze
Die demografische Entwicklung, strukturelle Veränderungen in der Landwirtschaft und Anpassungen an die Sozialgesetzgebung erfordern fortlaufende Anpassungen der Alterssicherung der Landwirte. Die Förderung freiwilliger zusätzlicher Eigenvorsorge sowie eine nachhaltige Sicherung der Finanzierung sind zentrale Elemente aktueller und zukünftiger Reformansätze.
Literatur und weiterführende Informationen
- Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG)
- Sozialgesetzbuch (SGB), insbesondere SGB IV und SGB VI
- Informationsbroschüren der Landwirtschaftlichen Alterskassen
- Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Alterssicherung der Landwirte
- Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
Diese Ausführungen bieten einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Grundlagen, Strukturen, Leistungsarten und aktuellen Herausforderungen der Alterssicherung der Landwirte in Deutschland.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist versicherungspflichtig in der Alterssicherung der Landwirte?
Versicherungspflichtig in der Alterssicherung der Landwirte (AdL) sind nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) grundsätzlich Landwirte, die einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb selbstständig führen, wobei die maßgebliche Mindestgröße gemäß § 1 Abs. 2 ALG erreicht werden muss. Maßgeblich ist hierbei die sogenannte Mindestgröße, die durch Rechtsverordnung festgelegt wird und sich nach der Nutzung (z.B. Fläche, Tierbestand) richtet. Zusätzlich sind auch mitarbeitende Familienangehörige unter bestimmten Voraussetzungen versicherungspflichtig, sofern sie regelmäßig im Betrieb mitarbeiten und keine andere überwiegende Erwerbstätigkeit ausüben (§ 1 Abs. 3 ALG). Nicht versicherungspflichtig sind hingegen Personen, die bereits eine Regelaltersrente oder eine vergleichbare ausländische Rente beziehen sowie Personen, die aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr in der Lage sind, den land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb zu führen (§ 2 ALG). Auch Befreiungen sowie Ausnahmen sind im Gesetz geregelt, beispielsweise für Erwerbsunfähige oder bei nur vorübergehender Tätigkeit.
Unter welchen Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf Altersrente aus der Alterssicherung der Landwirte?
Der Anspruch auf Altersrente setzt voraus, dass der Versicherte das maßgebliche Rentenalter erreicht hat (Regelaltersrente: derzeit 67 Jahre, Übergangsregelungen möglich) und mindestens 15 Jahre an Beitragszeiten nachweisen kann (§ 15 ff. ALG). Beitragszeiten umfassen sowohl Zeiten der Versicherungspflicht als auch freiwillige Beitragszahlungen. Darüber hinaus muss die Aufgabe des land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens erfolgen, bzw. der Betrieb auf eine bestimmte Mindestgröße reduziert werden. Die sogenannte Aufgabe des Betriebs ist nach § 15 Abs. 2 ALG zwingend, um einen Strukturwandel innerhalb der Landwirtschaft zu fördern und eine Doppelinanspruchnahme von landwirtschaftlichem Einkommen und Rente zu verhindern. Auch Hinterbliebenenrenten und Erwerbsminderungsrenten sind durch das Gesetz geregelt.
Wie berechnet sich die Höhe der Altersrente in der Alterssicherung der Landwirte?
Die Höhe der Altersrente ist im Wesentlichen abhängig von der Anzahl der zurückgelegten Beitragsjahre sowie der Höhe der geleisteten Beiträge. Es handelt sich um ein beitragsbezogenes System, wobei jedoch feste Bemessungsgrundlagen zur Anwendung kommen. Die monatlichen Beiträge werden jährlich durch die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) festgelegt (§ 32 ALG). Die Rentenberechnung erfolgt nach einer Rentenformel, in der die Anzahl der Beitragsjahre mit einem aktuellen Rentenwert multipliziert wird. Hinzu kommen ggf. Kinderzuschläge oder Anrechnungszeiten für Kindererziehung. Die konkrete Berechnung ist in der ALG und den dazugehörigen Durchführungsverordnungen detailliert geregelt.
Welche Möglichkeiten zur Befreiung von der Versicherungspflicht bestehen?
Befreiungen von der Versicherungspflicht sind gemäß § 3 ALG unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Ein Anspruch auf Befreiung besteht etwa, wenn Versicherte dauerhaft erwerbsgemindert sind oder bereits eine Altersrente einer gesetzlichen Rentenversicherung, einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder einer ausländischen vergleichbaren Versorgungseinrichtung beziehen. Ebenso können Ehegatten oder Lebenspartner auf Antrag aus der Versicherungspflicht entlassen werden, sofern sie nicht hauptberuflich land- oder forstwirtschaftlich tätig sind. Die Befreiung ist grundsätzlich bei der SVLFG zu beantragen. Eine rückwirkende Befreiung ist in der Regel nicht möglich und nur in Ausnahmefällen vorgesehen. Eine rechtskräftige Befreiung wirkt sich unmittelbar auf das Beitragsverhältnis und den späteren Rentenanspruch aus.
Wie erfolgt die Beitragszahlung und welche Fristen sind zu beachten?
Die Beiträge zur Alterssicherung der Landwirte sind monatlich und im Voraus an die SVLFG zu entrichten. Die Höhe des Beitrags wird jährlich durch Rechtsverordnung festgelegt und richtet sich nach der durchschnittlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen (§ 32 ALG). Beitragszahlungen erfolgen grundsätzlich auf elektronischem Weg oder per Lastschriftverfahren. Der Beitrag ist jeweils zum dritten Werktag eines Monats fällig. Die Nichtzahlung oder verspätete Zahlung der Beiträge kann zu Säumniszuschlägen und gegebenenfalls zum Verlust von Anspruchszeiten führen. Bei finanziellen Schwierigkeiten können Stundungen, Ratenzahlungen oder ggf. eine Beitragsermäßigung beantragt werden, deren Voraussetzungen im Einzelfall nachzuweisen sind (§ 33 ALG).
Welche Bestimmungen gelten bei Aufgabe oder Verkleinerung des Betriebs bezüglich der Alterssicherung?
Die Aufgabe oder Verkleinerung des Betriebs ist in § 15 Abs. 2 ALG als Voraussetzung für den Anspruch auf Rente geregelt. Hierbei muss der Betrieb entweder vollständig aufgegeben oder auf eine Größe unterhalb der festgelegten Mindestgröße reduziert werden. Die Aufgabe wird durch die Abgabe einer Erklärung an die SVLFG und meist durch Nachweis der Flächenabgabe, Flächenverpachtung oder -verkauf dokumentiert. Eine bloße Stilllegung oder ungenutzte Führung des Betriebs ist in der Regel nicht ausreichend. Die SVLFG prüft die tatsächliche und dauerhafte Aufgabe oder Verkleinerung, um den Rentenanspruch zu bewilligen. Im Falle einer teilweisen Weiterführung des Betriebs ist zu prüfen, ob das verbliebene Restunternehmen die Mindestgröße überschreitet und somit die Voraussetzungen für die Aufgabe als nicht erfüllt gelten.
Inwiefern können auch freiwillige Beiträge geleistet werden und welche rechtlichen Auswirkungen hat dies?
Freiwillige Beiträge können von Personen entrichtet werden, die nicht mehr versicherungspflichtig in der Alterssicherung der Landwirte sind, aber ihre späteren Rentenansprüche weiter ausbauen oder erhalten möchten (§ 11 ALG). Dies betrifft insbesondere Landwirte nach Aufgabe ihres Betriebs, mitarbeitende Familienangehörige oder Personen nach einer Befreiung von der Versicherungspflicht. Die Zahlung freiwilliger Beiträge ist an bestimmte Fristen gebunden und muss bei der SVLFG beantragt werden. Freiwillige Beiträge wirken sich auf die Höhe und den Anspruch auf die verschiedenen Rentenarten aus, wobei sie wie Pflichtbeitragszeiten angerechnet werden. Auch kann durch freiwillige Beiträge unter Umständen eine Wartezeit erfüllt werden, die für den Bezug bestimmter Rentenarten erforderlich ist. Wie bei Pflichtbeiträgen gelten auch für freiwillige Beiträge festgelegte Beitragssätze und Zahlungsmodalitäten, die jährlich angepasst werden.