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Altershilfe für Landwirte


Begriff und Bedeutung der Altershilfe für Landwirte

Die Altershilfe für Landwirte stellt eine spezielle Form der sozialen Sicherung für Personen im landwirtschaftlichen Bereich dar, die aus Altersgründen nicht mehr in der Lage sind, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen. Sie ist Teil des Sozialrechts und findet ihren wesentlichen Niederschlag im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Ziel der Altershilfe ist die finanzielle Absicherung von Landwirten nach Beendigung ihrer aktiven Erwerbstätigkeit, die Sicherstellung sozialer Standards im ländlichen Raum und die Förderung des Generationenwechsels in der Land- und Forstwirtschaft.

Rechtsgrundlagen der Altershilfe für Landwirte

Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG)

Das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) bildet die maßgebliche rechtliche Grundlage. Es regelt die verpflichtende Absicherung landwirtschaftlicher Unternehmer und deren Ehegatten (sowie Lebenspartner nach LPartG), sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Zielgruppen sind primär Inhaber kleiner bis mittlerer landwirtschaftlicher Betriebe, die nicht über die allgemeine gesetzliche Rentenversicherung abgesichert sind.

Weitere einschlägige Rechtsquellen

Neben dem ALG sind insbesondere folgende Regelwerke relevant:

  • Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI): Grundsätze der gesetzlichen Rentenversicherung
  • Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I): Allgemeine Vorschriften
  • Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV): Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung
  • Beitragsverfahrensverordnung

Administrativ zuständig sind die regionalen Landwirtschaftlichen Alterskassen als Träger der Alterssicherung.

Versicherungs- und Beitragspflicht

Versicherungspflichtige Personen

Versicherungspflichtig in der landwirtschaftlichen Altershilfe sind nach § 1 ALG:

  • Selbständig tätige Landwirte, die einen Betrieb mit einer Mindestgröße selbst bewirtschaften
  • Ehegatten oder Lebenspartner von Landwirten, die regelmäßig im Unternehmen mitarbeiten (Mitunternehmer)
  • Altenteiler sowie Erwerbsgeminderte unter bestimmten Voraussetzungen

Die Pflicht zum Abschluss einer Alterskasse-Versicherung besteht grundsätzlich ab Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder mit Beginn der Bewirtschaftung bzw. Heirat.

Beginn und Ende der Versicherungspflicht

Die Versicherung beginnt mit der Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit und endet mit der Abgabe des Betriebes, spätestens jedoch mit Erreichen der jeweiligen Altersgrenze. Bei betrieblichen Übergaben gelten Übergangsregelungen zur Vermeidung von Lücken in der sozialen Absicherung.

Beitragspflicht und Beitragshöhe

Die Beiträge zur Alterskasse sind einkommensunabhängig und werden jährlich durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft festgelegt. Sie unterliegen jedoch sozialen Staffelungen und Ermäßigungen, beispielsweise bei Vorliegen einer geringen wirtschaftlichen Belastbarkeit oder Kindererziehung.

Leistungsanspruch und Voraussetzungen

Altersrente

Die wichtigste Leistung im Rahmen der Altershilfe für Landwirte ist die Altersrente. Voraussetzungen sind:

  • Mindestens 180 Kalendermonate (15 Jahre) (Wartezeit) der Versicherung
  • Erreichen der Regelaltersgrenze (stufenweise Anhebung von 65 auf 67 Jahre, analog zur gesetzlichen Rentenversicherung)
  • Aufgabe der landwirtschaftlichen Tätigkeit und Übertragung des Betriebes (sog. Hofabgabe)

Hofabgabeklausel

Eine Besonderheit stellt die sogenannte Hofabgabeklausel dar (§ 11 ALG): Der Anspruch auf eine Altersrente setzt voraus, dass der landwirtschaftliche Betrieb oder die wesentlichen (wirtschaftlichen) Grundlagen des Betriebes abgegeben und die selbstständige Bewirtschaftung eingestellt werden. Die Regelung dient der Förderung des Generationswechsels und der Einkommenssicherung nachfolgenden Betriebsinhaber*innen.

Erwerbsminderungsrente

Liegt eine dauerhafte Minderung der Erwerbsfähigkeit vor, besteht Anspruch auf Erwerbsminderungsrente nach Maßgabe des § 16 ALG. Die Voraussetzungen sind an die Grundsätze des SGB VI angelehnt, wobei eine deutliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz durch den Verlust der Erwerbsfähigkeit vorliegen muss.

Hinterbliebenenrente

Ehegatten und (unter bestimmten Konstellationen) Kinder verstorbener Versicherter haben einen gesetzlichen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen (Witwen-, Witwer- und Waisenrente).

Die landwirtschaftliche Alterskasse: Träger und Verfahren

Organisation und Aufgaben

Die Durchführung der landwirtschaftlichen Altershilfe erfolgt durch die Landwirtschaftliche Alterskasse, die regional organisiert ist. Sie ist verantwortlich für die Beitragsverwaltung, Rentenfestsetzung, Rentenzahlung und sämtliche Verwaltungsverfahren rund um das ALG.

Verwaltungsverfahren

Ansprüche auf Leistungen müssen durch formalen Antrag bei der Alterskasse geltend gemacht werden. Das Verwaltungsverfahren unterliegt den Regelungen des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit Versicherungszeiten, Beiträgen oder Rentenzahlungen besteht der Rechtsweg zu den Sozialgerichten.

Steuerliche Behandlung der Altershilfe für Landwirte

Die Rentenleistungen aus der landwirtschaftlichen Alterskasse sind einkommenssteuerpflichtig. Die Besteuerung richtet sich nach den Regeln der nachgelagerten Besteuerung (wie in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung) und kann individuell variieren. Beiträge zur Alterssicherung der Landwirte sind steuerlich als Sonderausgaben abzugsfähig.

Besonderheiten und Reformen

Aktuelle Reformbestrebungen

Die Alterssicherung der Landwirte unterliegt einem stetigen Reformprozess, um insbesondere die Gleichbehandlung mit der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten, aber auch, um den spezifischen Anforderungen landwirtschaftlicher Familienbetriebe gerecht zu werden. Die Hofabgabeklausel steht immer wieder in der politischen Diskussion und wurde in den letzten Jahren rechtlich modifiziert, um Alterssicherung und Generationennachfolge flexibler zu gestalten.

Europarechtliche Bezüge

Die deutsche Alterssicherung für Landwirte steht grundsätzlich im Einklang mit den europäischen Sozialrechtsvorgaben, insbesondere was die Mobilität von Arbeitskräften und Gleichbehandlungsgebote betrifft.

Zusammenfassung

Die Altershilfe für Landwirte ist eine eingeschränkt selbstständige Sozialversicherung, die sich an den besonderen Bedürfnissen des landwirtschaftlichen Berufstandes orientiert. Hauptmerkmale sind Pflichtversicherung, einkommensunabhängiger Beitrag, spezifische Leistungsbedingungen (insbes. Hofabgabe) und eine eigenständige Verwaltung durch die landwirtschaftlichen Alterskassen. Sie dient der sozialen Absicherung im Alter, bei Erwerbsminderung und im Hinterbliebenenfall und ist ein zentrales Element der landwirtschaftlichen Sozialpolitik in Deutschland.

Häufig gestellte Fragen

Wer hat aus rechtlicher Sicht Anspruch auf Altershilfe für Landwirte?

Anspruch auf Altershilfe für Landwirte haben im Sinne des Gesetzes Personen, die in der gesetzlichen Alterssicherung der Landwirte pflichtversichert waren und das maßgebliche Renteneintrittsalter erreicht haben. Entscheidendes Kriterium ist dabei die Beendigung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit sowie die Abgabe des Unternehmens im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) durch vollständige Hofübergabe, Verpachtung oder Verkauf. Darüber hinaus darf der Antragsteller kein Einkommen aus landwirtschaftlicher Tätigkeit mehr erzielen, welches die gesetzlich vorgegebenen Einkommensgrenzen (§ 34 ALG) überschreitet. Ehegatten, eingetragene Lebenspartner oder mitarbeitende Familienangehörige können unter bestimmten Bedingungen ebenfalls anspruchsberechtigt sein, wenn sie eigene Versicherungszeiten erfüllen. Zusätzlich sind die allgemeinen Wartezeiten und Beitragszeiten zu beachten; diese betragen in der Regel 15 Jahre Pflichtbeiträge in der Alterssicherung der Landwirte (§ 23a ALG). Erfüllt der Antragsteller alle rechtlichen Voraussetzungen nicht, kann der Anspruch abgelehnt oder zeitlich verschoben werden.

Wie erfolgt die rechtliche Prüfung der Erwerbsminderung bei Landwirten?

Im Kontext der Altershilfe für Landwirte wird die Erwerbsminderung nach den Kriterien des § 37 ALG in Verbindung mit der sozialgerichtlichen Rechtsprechung geprüft. Zunächst erfolgt eine medizinisch-fachliche Begutachtung, welche die verbleibende Erwerbsfähigkeit feststellt. Zentral ist hierbei der Begriff der „teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit“ im landwirtschaftlichen Sinne, welcher sich von der allgemeineren gesetzlichen Erwerbsminderung im Rentenrecht unterscheidet. Grundlage bildet das Restleistungsvermögen in Bezug auf eine übliche landwirtschaftliche Tätigkeit mit den üblichen Belastungen und Arbeitszeiten. Die Krankenversicherungsträger beziehungsweise Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) sind verpflichtet, jede eingereichte ärztliche Bestätigung und Zusatzgutachten auf rechtliche Schlüssigkeit und Aktualität zu prüfen. Eine dynamische Prüfung kann etwa alle fünf Jahre verlangt werden, sollte sich der Gesundheitszustand ändern.

Welche Nachweise sind rechtlich für die Beantragung der Altershilfe erforderlich?

Die Antragstellung auf Altershilfe bei der SVLFG erfordert die Vorlage verschiedener rechtlicher Nachweise. Dazu gehören zunächst der Nachweis der Aufgabe der selbstständigen Landbewirtschaftung (z. B. Pachtvertrag, Kaufvertrag, notarielle Hofübergabevereinbarung), Nachweise über die abgelaufene Versicherungszeit (Versicherungsverlauf, Beitragsquittungen), ggf. Feststellungsbescheide der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft sowie Einkommensnachweise zur Prüfung der Einkommensgrenzen. Zusätzlich ist ein aktueller Rentenversicherungsverlauf sowie der Nachweis des Lebensmittelpunktes (Melderegisterauszug) erforderlich. Bei Ehepaaren sind rechtliche Nachweise über die Ehe oder Partnerschaft vorzulegen. Die vollständige und rechtsverbindliche Einreichung aller Unterlagen ist Voraussetzung für die rechtliche Prüfung und Bewilligung der Leistung; unvollständige Anträge verzögern den rechtskräftigen Bescheid.

Wie wird die Höhe der Altershilfe rechtlich berechnet?

Die Berechnung der Höhe der Altershilfe unterliegt den Vorschriften des SGB VI und den Bestimmungen des ALG. Maßgeblich sind hierbei die zurückgelegten Beitragsjahre, Höhe der geleisteten Pflichtbeiträge sowie die gesetzlich festgelegte Grundrente für Landwirte. Die jährliche Anpassung erfolgt nach Maßgabe des § 41 ALG und berücksichtigt Einkommensanrechnungen und andere Versorgungsansprüche, etwa aus der allgemeinen Rentenversicherung. Zu beachten ist, dass Einkommen aus nichtlandwirtschaftlicher Tätigkeit (z. B. Kapitalanlagen, Vermietung) gemäß § 34 ff. ALG auf die Altershilfe angerechnet werden, wobei bestimmte Freibeträge gelten. Die endgültige Höhe wird im Rahmen eines rechtsmittelfähigen Bescheides schriftlich mitgeteilt und kann auf Antrag überprüft werden.

Welche rechtlichen Pflichten bestehen nach Bewilligung der Altershilfe?

Nach Bewilligung haben Leistungsempfänger mehrere rechtliche Mitteilungspflichten gegenüber der SVLFG. Änderungen hinsichtlich ihres Einkommens, des Wohnsitzes, einer Wiederaufnahme einer landwirtschaftlichen Tätigkeit oder eintrittspflichtiger Ereignisse (z. B. Pflegebedürftigkeit, Tod) sind unverzüglich schriftlich anzuzeigen (§ 60 Abs. 1 SGB I). Eine unterlassene oder verspätete Meldung kann zu rückwirkender Rückforderung der Leistung, zu Bußgeldern oder strafrechtlichen Konsequenzen führen. Darüber hinaus besteht die Verpflichtung, turnusgemäß auf Verlangen der SVLFG Nachweise zur Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen vorzulegen. Die Nichteinhaltung kann zur Aussetzung oder Einstellung der Zahlung führen.

Welche rechtlichen Möglichkeiten des Widerspruchs und der Klage bestehen gegen ablehnende Bescheide?

Wird ein Antrag auf Altershilfe abgelehnt oder zu gering bewilligt, haben Betroffene das Recht, innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheids schriftlich Widerspruch bei der SVLFG einzulegen (§ 84 SGG). Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, ergeht ein Widerspruchsbescheid. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats Klage beim zuständigen Sozialgericht erhoben werden (§ 87 SGG). Im Verfahren besteht Anspruch auf Akteneinsicht und rechtliches Gehör. Besonders im Sozialrecht besteht keine Anwaltspflicht, es wird aber anwaltliche oder beratende Unterstützung empfohlen, insbesondere zur Wahrung der rechtlichen Interessen im Hinblick auf Fristen und Beweisführung. Alle Rechtsmittel sind kostenlos, es entstehen lediglich eigene Auslagen.

Wie gestaltet sich die rechtliche Anrechnung von Einkommen und Vermögen auf die Altershilfe?

Die Anrechnung von Einkommen und Vermögen erfolgt nach §§ 34 bis 38a ALG. Grundsätzlich wird sämtliches Einkommen, das nach Aufgabe der landwirtschaftlichen Tätigkeit erzielt wird, auf die Altershilfe angerechnet, sofern es bestimmte Freibeträge übersteigt. Hierzu zählen Einkünfte aus unselbstständiger Tätigkeit, Renten, Kapitalerträge, Mieteinnahmen und Versorgungsbezüge. Für das Vermögen besteht eine Schutzregelung: Angemessenes Haus- und Grundvermögen sowie ein Schonvermögen, das für die Altersvorsorge vorgesehen ist, bleiben unberücksichtigt. Überschreitet das Einkommen die Freigrenzen, wird die Zahlung anteilig oder vollständig eingestellt. Die Anrechnung erfolgt jeweils für den maßgeblichen Bewilligungszeitraum und kann auf Antrag regelmäßig überprüft werden. Aufgegebenes Vermögen, das zur Umgehung der Anrechnung vor kurzem übertragen wurde, kann im Rahmen einer sogenannten „Zurechnungsprüfung“ dennoch berücksichtigt werden.