Begriff und rechtliche Einordnung des Alternativvermächtnisses
Das Alternativvermächtnis ist ein rechtlicher Begriff aus dem deutschen Erbrecht, der eine spezielle Form des Vermächtnisses gemäß §§ 2170 ff. BGB darstellt. Es handelt sich dabei um eine letztwillige Verfügung, mit der eine Person – der Erblasser – einer anderen Person – dem Vermächtnisnehmer – mehrere Gegenstände oder Rechte als Vermächtnis zuwendet, wobei die Auswahl, welche dieser Gegenstände letztlich zugunsten des Vermächtnisnehmers herausgegeben werden soll, weiteren Regelungen vorbehalten bleibt.
Das Alternativvermächtnis unterscheidet sich grundlegend vom sogenannten Gattungsvermächtnis und dem Wahvermächtnis. Charakteristisch für das Alternativvermächtnis ist die Möglichkeit, dass dem Vermächtnisnehmer mehrere Erfüllungsgegenstände eingeräumt werden, von denen aber nur einer oder einige unter bestimmten Bedingungen beansprucht werden dürfen.
1. Gesetzliche Grundlagen
Die Rechtsgrundlagen für das Alternativvermächtnis finden sich insbesondere in § 2154 BGB. Nach dieser Vorschrift kann der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung bestimmen, dass dem Bedachten mehrere vermachte Gegenstände nur alternativ zustehen, also nicht kumulativ.
1.1 Begriffliche Abgrenzung
- Alternativvermächtnis (Alternativzuwendung): Der Erblasser sieht verschiedene Gegenstände oder Rechte vor, von denen nur eines oder einige als Vermächtnis beansprucht werden dürfen.
- Gattungsvermächtnis: Hier wird eine Gattung von Gegenständen verfügt, ohne aber eine Auswahl innerhalb dieser Gattung explizit vorzusehen.
- Wahlvermächtnis: Im Unterschied zum Alternativvermächtnis steht beim Wahlvermächtnis eine Auswahlmöglichkeit zu, allerdings wird diese Auswahl direkt dem Vermächtnisnehmer, dem Beschwerten oder einem Dritten eingeräumt.
2. Ausgestaltung und Wirkungsweise des Alternativvermächtnisses
2.1 Typische Formulierungen
Ein Alternativvermächtnis liegt beispielsweise dann vor, wenn der Erblasser in seinem Testament anordnet: „Mein Vermögensnachlass X oder Y, jedoch nicht beide, sollen dem A zukommen.“ Oftmals verwendet man auch Formulierungen wie „entweder … oder …“.
2.2 Auswahlrecht und Auswahlberechtigter
Entscheidend beim Alternativvermächtnis ist, wer zur Auswahl des zu vermachenden Gegenstands berechtigt ist. Nach § 2154 Abs. 1 BGB steht das Wahlrecht grundsätzlich dem Beschwerten zu (also in der Regel dem Erben). Der Vermächtnisnehmer kann das Wahlrecht nur wahrnehmen, wenn dies ausdrücklich durch den Erblasser so bestimmt wurde.
2.3 Rechtsfolgen der Ausübung des Wahlrechts
Mit der Ausübung des Wahlrechts wird das Vermächtnis hinsichtlich des gewählten Gegenstands konkretisiert. Der Anspruch des Vermächtnisnehmers richtet sich von dem Zeitpunkt der Auswahl nur noch auf diesen einen Gegenstand oder das Recht.
3. Abgrenzung zu anderen Vermächtnisformen
3.1 Wahlvermächtnis
Das Wahlvermächtnis sieht – im Gegensatz zum Alternativvermächtnis – von Anfang an ein Wahlrecht für den Bedachten, den Beschwerten oder eine dritte Person vor. Die Rechtsfolgen sind ähnlich, jedoch liegt der Unterschied in der Vorschrift und im Prinzip der Auswahlberechtigung.
3.2 Gattungsvermächtnis
Das Gattungsvermächtnis bezieht sich auf eine durch gemeinschaftliche Merkmale bestimmte Art von Gegenständen. Hier ist keine Auswahl zwischen Individualgegenständen vorgesehen, sondern der Vermächtnisgegenstand wird durch Gattungsmerkmale definiert.
4. Rechte und Pflichten der Beteiligten
4.1 Rechte des Vermächtnisnehmers
Der Vermächtnisnehmer hat nach Ausübung des Wahlrechts einen Anspruch gegen den Beschwerten (meist den Erben), den gewählten Gegenstand herauszugeben beziehungsweise die andere Leistung zu erbringen.
4.2 Pflichten des Beschwerten
Der Beschwerte ist verpflichtet, die Auswahl vorzunehmen und den ausgewählten Gegenstand dem Vermächtnisnehmer herauszugeben.
4.3 Besonderheiten bei Tod oder Unvermögen zur Auswahl
Sofern der zur Auswahl Berechtigte stirbt oder gar nicht zur Auswahl in der Lage ist, sieht das Gesetz vor, dass das Wahlrecht im Zweifel auf den Bedachten übergeht (§ 2154 Abs. 2 BGB).
5. Zusammenhang zu anderen testamentarischen Verfügungen
5.1 Mehrdeutige Formulierungen
Im Rahmen der Testamentsauslegung muss sorgfältig geprüft werden, ob tatsächlich ein Alternativvermächtnis, ein Wahlvermächtnis oder ein Gattungsvermächtnis vorliegt, da hiervon die Rechtsfolge und die Ausübungsberechtigung des Wahlrechts maßgeblich abhängt.
5.2 Bedingte Alternativvermächtnisse
Es ist möglich, Alternativvermächtnisse an bestimmte Bedingungen oder Auflagen zu knüpfen (§ 2074 BGB). Beispielsweise kann der Erblasser verfügen, dass der Bedachte zwischen zwei Vermächtnissen wählen kann, wenn eine bestimmte Bedingung erfüllt ist.
6. Besonderheiten und praktische Hinweise
6.1 Unmöglichkeit oder Untergang eines Vermächtnisgegenstands
Geht einer der alternativ zuwendbaren Gegenstände vor Ausübung der Wahl unter oder wird dessen Leistung unmöglich, bleibt das Vermächtnis an den übrigen bestehen. Allerdings kann der Bedachte nur aus den verbliebenen Gegenständen wählen.
6.2 Teilbarkeit des Vermächtnisgegenstands
Enthält das Alternativvermächtnis teilbare Sachen oder Rechte, so gilt das Wahlrecht auch für Teilbeträge und kann auf diese Weise ausgeübt werden, solange die Ausübung klar erkennbar bleibt.
6.3 Steuerrechtliche Aspekte
Die Zuwendung eines Alternativvermächtnisses ist für steuerliche Zwecke wie jedes andere Vermächtnis zu behandeln. Maßgeblich für die erbschaftsteuerliche Bewertung ist der tatsächlich ausgewählte Vermächtnisgegenstand.
7. Literatur und Rechtsprechung
Die Auslegung und Anwendung von Alternativvermächtnissen wurde durch zahlreiche Urteile und Literaturbeiträge präzisiert. Praxishinweise empfehlen eine eindeutige Testamentsgestaltung, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Zusammenfassung:
Das Alternativvermächtnis eröffnet flexible Möglichkeiten innerhalb der Nachlassplanung und kann das Ziel des Erblassers, dem Bedachten eine Auswahl zwischen mehreren Gegenständen einzuräumen, rechtssicher umsetzen. Die rechtlichen Besonderheiten liegen vor allem in der Ausübung und Auslegung des Wahlrechts, die sorgfältig bestimmt werden sollten. Eine präzise Formulierung in der letztwilligen Verfügung ist hier von besonderer Bedeutung.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Wirksamkeit eines Alternativvermächtnisses erfüllt sein?
Für die rechtliche Wirksamkeit eines Alternativvermächtnisses nach deutschem Recht, insbesondere im Rahmen des Erbrechts gemäß § 2154 BGB, müssen verschiedene Voraussetzungen vorliegen. Zum einen muss das Alternativvermächtnis – also das Recht des Beschwerten, zwischen mehreren vom Erblasser bestimmten Gegenständen oder Leistungen zu wählen – eindeutig und bestimmt im Testament oder Erbvertrag festgelegt sein. Die Auswahlmöglichkeiten und ihre Beschreibungen müssen so konkret formuliert sein, dass kein Zweifel über die Gegenstände besteht, deren Zuwendung in Frage kommt. Weiterhin ist erforderlich, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierfähig war, die letztwillige Verfügung schriftlich erfolgte und eigenhändig unterschrieben wurde. Der Bedachte muss zudem im Zeitpunkt des Erbfalls noch leben oder zumindest nach den Regeln des § 1923 BGB als erbfähig gelten. Sollte das Alternativvermächtnis Bedingungen oder Befristungen enthalten, müssen auch diese rechtlich zulässig und eindeutig bestimmbar sein. Unbestimmte oder auslegungsbedürftige Formulierungen können die Wirksamkeit des Vermächtnisses gefährden oder zu langwierigen Erbstreitigkeiten führen.
Wer ist im rechtlichen Sinn zur Auswahl der Alternative beim Alternativvermächtnis berechtigt?
Die Auswahlberechtigung beim Alternativvermächtnis liegt grundsätzlich beim verpflichteten Erben oder Vermächtnisnehmer, sofern der Erblasser nicht ausdrücklich eine andere Person zur Auswahl bestimmt hat. Der Erblasser kann im Testament verfügen, dass entweder der Beschwerte (zumeist der Erbe) oder der Bedachte (der Vermächtnisnehmer) die Auswahl zwischen den Alternativen trifft. Fehlt eine solche Bestimmung, gilt gemäß § 2154 Absatz 2 BGB, dass das Wahlrecht bei dem mit dem Vermächtnis Beschwerten verbleibt. Für die Ausübung des Wahlrechts gelten verwaltungsrechtliche Grundsätze: Die Auswahl muss ausdrücklich und unbedingt erklärt werden, sie ist gegenüber dem Bedachten zu äußern und darf nicht willkürlich oder missbräuchlich erfolgen. Bei bestehen mehrerer Beschwerter, ist das Wahlrecht grundsätzlich von allen gemeinsam auszuüben, sofern nicht eine abweichende Regelung getroffen wurde.
Wie wirkt sich die Unmöglichkeit einer Alternative auf die Rechtsfolge des Alternativvermächtnisses aus?
Wird eine der vom Erblasser angebotenen Alternativen im Alternativvermächtnis vor dem Erbfall unmöglich oder nicht mehr beschaffbar, so bleibt das Vermächtnis bezüglich der anderen Alternative(n) bestehen. Im Falle der nachträglichen Unmöglichkeit nach Eintritt des Erbfalls kommt es darauf an, zu wessen Lasten das Risiko gehen soll: Nach allgemeiner Auffassung im Erbrecht entfällt die betroffene Alternative und das Wahlrecht bezieht sich nur noch auf die verbleibenden Möglichkeiten. Ist keine der Alternativen mehr erfüllbar, erlischt das Alternativvermächtnis insgesamt. Sollte es Streit hierüber geben, ist die testamentarische Auslegungsregel entscheidend, die ergeben kann, ob der Erblasser eine Ersatzregelung oder Kompensation für diesen Fall vorgesehen hat. Bestehen Unklarheiten, sind diese nach den Grundsätzen der testamentarischen Auslegung (§§ 133, 2084 BGB) zu beseitigen.
Können Alternativvermächtnisse angefochten oder angeerbt werden?
Ein Alternativvermächtnis kann – wie andere Vermächtnisse auch – unter bestimmten Umständen angefochten werden. Eine Anfechtung ist zum Beispiel möglich, wenn der Erblasser sich über den Inhalt des Vermächtnisses geirrt hat oder widerrechtlich zur Erstellung des Alternativvermächtnisses beeinflusst wurde (§ 2078 BGB). Die Anfechtung hat nach Bekanntwerden des Anfechtungsgrundes innerhalb eines Jahres zu erfolgen. Hinsichtlich der Vererblichkeit gilt: Stirbt der Vermächtnisnehmer nach dem Erbfall, aber bevor er von seinem Wahlrecht Gebrauch macht, so geht das Auswahlrecht und damit das Alternativvermächtnis auf dessen Erben über (§ 1922 BGB). Stellt der Erblasser die Ausübung des Wahlrechts ausdrücklich an bestimmte Handlungen oder den Bedachten als Person selbst, kann vorab geregelt werden, ob das Wahlrecht höchstpersönlich ist oder vererblich weitergeht.
Welche rechtlichen Folgen hat eine nicht rechtzeitig erfolgte Auswahl beim Alternativvermächtnis?
Wird das Wahlrecht im Rahmen des Alternativvermächtnisses nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach Eintritt des Erbfalls ausgeübt, besteht für den Bedachten grundsätzlich die Möglichkeit, dem wahlberechtigten Beschwerten eine angemessene Frist zur Ausübung zu setzen. Erfolgt die Auswahl auch innerhalb dieser Frist nicht, kann nach herrschender Meinung der Bedachte selbst auswählen oder die Wahl gerichtlich herbeiführen lassen (§ 315, § 317 BGB analog). Mit der Wahl ist der Gegenstand oder die Leistung als Vermächtnis festgelegt; nachträgliche Änderungen sind rechtlich unwirksam, soweit die Wahl verbindlich erklärt wurde. Streitigkeiten über Fristen, Auswahlrecht oder dessen Ausübung können von den Nachlassgerichten entschieden werden.
Ist eine Teilung oder Kombination der Alternativen beim Alternativvermächtnis zulässig?
Ein Alternativvermächtnis bezieht sich grundsätzlich auf voneinander unabhängige Gegenstände oder Leistungen als Wahlmöglichkeiten, sodass eine Kombination oder Teilung der angebotenen Alternativen unzulässig ist. Der Wähler hat vielmehr nur die Möglichkeit, eine der im Testament bezeichneten Alternativen auszuwählen. Eine gemeinsame Zuwendung aus mehreren Alternativen widerspräche der alternativen Natur des Vermächtnisses und wäre nur dann zulässig, wenn der Erblasser dies ausdrücklich so angeordnet hat. Falls der Text des Testamentes Unklarheiten dazu enthält, ist nach den allgemeinen Auslegungsregeln des Erbrechts vorzugehen (§ 2084 BGB).
Welche Unterschiede bestehen rechtlich zwischen einem einfachen und einem Alternativvermächtnis?
Während das einfache Vermächtnis eine konkrete, feststehende Zuwendung eines bestimmten Gegenstandes oder Rechts an den Bedachten vorsieht, bietet das Alternativvermächtnis mehrere Alternativen zur Wahl. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Rechtsbeziehungen zwischen Erben und Vermächtnisnehmer: Beim Alternativvermächtnis entsteht eine sogenannte Wahlschuld, das heißt, der Verpflichtete muss dem Bedachten eine der angegebenen Alternativen verschaffen, jedoch nur eine. Beim einfachen Vermächtnis besteht keine Wahlmöglichkeit, der Bedachte kann nur den konkret genannten Gegenstand verlangen. Im Streitfall gelten unterschiedliche Vorschriften zur Bestimmung, zu welchem Zeitpunkt das Vermächtnis bestimmt ist und wer berechtigt ist, die Zuwendung festzulegen.
Kann das Alternativvermächtnis beschränkt oder mit Auflagen versehen werden?
Ja, der Erblasser kann das Alternativvermächtnis beschränken oder mit Auflagen versehen. So ist es rechtlich möglich, Bedingungen oder Befristungen an das Alternativvermächtnis zu knüpfen (§§ 2074 ff. BGB) oder zusätzliche Verpflichtungen festzulegen, die der Vermächtnisnehmer zu erfüllen hat. Die Auflage kann z. B. beinhalten, dass die vom Bedachten gewählte Alternative zu einem bestimmten Zwecke verwendet werden muss, oder dass die Auswahl erst ab Eintritt eines bestimmten Ereignisses erfolgen darf. Es ist dabei jedoch sicherzustellen, dass die Auflagen nicht in Widerspruch zur gesetzlichen Form oder zu sonstigen Regelungen des Erbrechts treten.