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Allgemeines Veräußerungsverbot


Begriff und Grundlagen des Allgemeinen Veräußerungsverbots

Das Allgemeine Veräußerungsverbot ist ein wesentlicher Begriff innerhalb des deutschen Zivilrechts und bezeichnet das Verbot, ein bestimmtes Recht oder einen bestimmten Gegenstand auf einen Dritten zu übertragen. Es stellt ein wesentliches Instrument zur Sicherung von Rechten und Interessen dar und entfaltet insbesondere im Immobilien-, Gesellschafts- und Sachenrecht erhebliche praktische Relevanz. Das Allgemeine Veräußerungsverbot unterscheidet sich von Sonderformen des Veräußerungsverbots und wird vor allem zur Wahrung rechtlicher Beziehungen und Verhinderung unerwünschter Rechtsänderungen eingesetzt.

Definition und Unterscheidung

Das Allgemeine Veräußerungsverbot schließt grundsätzlich die Übertragung (Veräußerung) einer Sache oder eines Rechts aus. Dabei ist der Begriff weit gefasst und umfasst nicht nur den Verkauf, sondern jede Form der Verfügung, die auf einen Wechsel des Berechtigten gerichtet ist, wie beispielsweise Schenkung, Tausch oder Aufgabe eines Rechts. Das Verbot kann sich auf bewegliche oder unbewegliche Sachen, Rechte oder Ansprüche beziehen. Es ist von Sonderveräußerungsverboten wie Nießbrauch-, Vorkaufsrechts- oder Erbteilveräußerungsverboten zu unterscheiden.

Gesetzliche Grundlagen

Das Allgemeine Veräußerungsverbot findet seine rechtlichen Grundlagen in verschiedenen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sowie in Nebengesetzen:

  • § 137 BGB: Legt fest, dass das Veräußerungsverbot grundsätzlich keine Wirkung gegenüber jedermann entfaltet, wenn es sich nicht um eine gesetzliche Anordnung handelt. Nur Verfügungsbeschränkungen, die von Gesetzes wegen bestehen oder im Grundbuch einzutragen sind, wirken gegenüber Dritten.
  • § 136 BGB: Enthält spezielle Verfügungsbeschränkungen, etwa im Hinblick auf Ehegatten und Vermögensmassen.
  • Grundbuchordnung (GBO): Regelt unter anderem die Eintragung und Publizität des Veräußerungsverbots bei Grundstücken (§§ 873, 878 BGB, § 20 GBO).

Arten des Veräußerungsverbots

Gesetzliches Veräußerungsverbot

Gesetzliche Veräußerungsverbote ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz:

  • Verfügungssperre wegen Insolvenz (§ 81 InsO)
  • Vereinsvermögen im eingetragenen Verein (§§ 27, 28 BGB, § 33 BGB)
  • Veräußerungsverbot im Rahmen von Vormundschaften (§ 1812 ff. BGB)
  • Verfügungsbeschränkungen beim Nachlass (§ 2113 ff. BGB)

Gesetzliche Veräußerungsverbote sind gegenüber jedermann wirksam (absolute Wirkung) und können grundsätzlich nicht durch private Abreden aufgehoben werden.

Veräußerungsverbote kraft Rechtsgeschäfts

Veräußerungsverbote können auch aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen bestehen. Diese finden sich häufig in Gesellschaftsverträgen, Bürgschaften oder Sicherungsverträgen. Sie wirken grundsätzlich nur inter partes, also zwischen den jeweils beteiligten Parteien. Drittwirkung kann durch Eintragung in öffentliche Register, insbesondere das Grundbuch, hergestellt werden.

Beispiel: Veräußerungsverbot bei Grundstücken

Vertraglich vereinbarte Veräußerungsverbote bezüglich Immobilien können nach § 873 Abs. 1 BGB durch Grundbucheintragung Dritten gegenüber wirksam gemacht werden. Dies ist im Regelfall bei Sicherungsabreden zugunsten Gläubigern, z.B. Banken, relevant.

Dingliches versus obligatorisches Veräußerungsverbot

  • Dingliches Veräußerungsverbot: Wirkt unmittelbar gegenüber jedermann und entfaltet dingliche Wirkung, typischerweise durch Eintragung in das Grundbuch.
  • Obligatorisches Veräußerungsverbot: Wirkt nur zwischen den Parteien des Rechtsgeschäfts (relativ) und kann abgeändert oder aufgehoben werden.

Rechtsfolgen des Allgemeinen Veräußerungsverbots

Wirkung gegenüber Dritten

Ein gesetzliches oder grundbuchlich gesichertes Veräußerungsverbot hindert eine Verfügung mit Wirkung gegenüber Dritten. Verstößt der Verfügende gegen das allgemeine Veräußerungsverbot, ist die Verfügung rechtsunwirksam, sofern das Verbot absoluten Charakter hat. Beim relativen Veräußerungsverbot kann die Verfügung wirksam sein, jedoch stehen dem Verbotenen Schadensersatzansprüche oder andere Rechte zu.

Unwirksamkeit der Verfügung (§§ 879, 878 BGB)

Ist das Veräußerungsverbot im Grundbuch eingetragen oder handelt es sich um ein gesetzliches Verbot, ist die entgegenstehende Verfügung unwirksam, es sei denn, der Erwerber ist gutgläubig oder besondere gesetzliche Ausnahmen greifen.

Schutz des Begünstigten

Begünstigte eines Veräußerungsverbots genießen erhöhten Schutz. Das Verbot schränkt die Rechtsmacht des bisherigen Berechtigten ein, wodurch dem Interesse des Begünstigten Priorität eingeräumt wird. Im Immobilienrecht werden beispielsweise Minderjährige, Ehegatten oder Insolvenzverwalter geschützt.

Praxisrelevanz und Anwendungsfälle

Grundstücksrecht

Im Grundstücksrecht sind allgemeine Veräußerungsverbote ein häufig verwendetes Sicherungsmittel. So können beispielsweise Veräußerungsverbote zugunsten von Familienangehörigen, Gläubigern, Vormündern oder Nachlasspflegern eingetragen werden.

Gesellschaftsrecht

In Gesellschaftsverträgen, insbesondere bei der GmbH und der KG, werden Veräußerungsverbote für Geschäftsanteile oder Kommanditanteile vereinbart, um die Kontrolle über die Zusammensetzung der Gesellschaft zu wahren und unbefugte Anteilsübertragungen zu verhindern.

Familien- und Erbrecht

Im Familien- und Erbrecht schützt das allgemeine Veräußerungsverbot das Vermögen Minderjähriger, Erbengemeinschaften oder Ehegatten (z.B. bei Zugewinngemeinschaft nach § 1365 BGB) vor unberechtigter Verfügung.

Grenzen des Allgemeinen Veräußerungsverbots

Nicht jedes vereinbarte Veräußerungsverbot entfaltet absolute Wirkung. Insbesondere relative, lediglich zwischen Parteien vereinbarte Veräußerungsverbote, sind Dritten gegenüber nicht wirksam, es sei denn, eine Eintragung im öffentlichen Register bewirkt Publizität. Zudem greift das Abstraktionsprinzip im deutschen Recht, wonach schuldrechtliche und dingliche Geschäfte zu unterscheiden sind.

Vereinbarkeit mit dem Rechtsverkehr

Das deutsche Zivilrecht verfolgt den Grundsatz der Verkehrsfähigkeit von Sachen und Rechten. Allgemeine Veräußerungsverbote stellen eine Ausnahme dar und sind deshalb restriktiv auszulegen. Sie müssen klar bestimmt werden und sind nur insoweit wirksam, als sie gesetzlichen Vorgaben nicht widersprechen.

Fazit

Das Allgemeine Veräußerungsverbot stellt ein bedeutendes rechtliches Instrument zur Einschränkung der Verfügbarkeit von Sachen und Rechten dar. Es findet breite Anwendung im Immobilien-, Gesellschafts-, Familien- und Erbrecht. Seine Wirksamkeit hängt maßgeblich von der gesetzlichen Grundlage, dem Publizitätsgrundsatz und der Eintragung in öffentliche Register ab. Im Ergebnis dient das allgemeine Veräußerungsverbot der Sicherung rechtlicher Beziehungen und schützt die Interessen von Personen, die besondere Sicherungsbedürfnisse besitzen. Dabei ist stets die Balance zwischen Verkehrsschutz und individuellen Interessen zu wahren.

Häufig gestellte Fragen

Welche Arten von allgemeinen Veräußerungsverboten existieren im deutschen Recht?

Im deutschen Recht bestehen verschiedene Ausprägungen des allgemeinen Veräußerungsverbots, die sich grundsätzlich danach unterscheiden, ob sie aufgrund gesetzlicher Vorschrift, durch gerichtliche Anordnung oder durch vertragliche Vereinbarung begründet werden. Gesetzliche Veräußerungsverbote finden sich insbesondere im Sachenrecht (§ 1365 BGB zum Beispiel im Ehegattenerbrecht, wenn über das Vermögen im Ganzen verfügt werden soll), aber auch im Insolvenzrecht und Zwangsvollstreckungsrecht, wo bestimmte Verfügungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach Anordnung der Zwangsverwaltung verboten sein können. Gerichtliche Veräußerungsverbote werden etwa im Rahmen eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung zum Schutz von Gläubigerinteressen angeordnet. Vertragliche Veräußerungsverbote werden freiwillig zwischen Parteien vereinbart und binden grundsätzlich zunächst nur die Vertragsparteien, doch können sie gemäß § 137 BGB unter bestimmten Voraussetzungen auch gegenüber Dritten Wirkung entfalten, wenn sie beispielsweise in das Grundbuch eingetragen sind. Je nach Art des Verbots kann die Veräußerung entweder absolut untersagt werden oder unter einen Zustimmungsvorbehalt gestellt werden, etwa durch Einräumung eines genehmigungspflichtigen Verkaufs.

Inwiefern entfaltet ein allgemeines Veräußerungsverbot Wirkung gegenüber Dritten?

Die Wirkung eines allgemeinen Veräußerungsverbots gegenüber Dritten hängt maßgeblich davon ab, ob es sich um ein relatives oder ein absolutes Veräußerungsverbot handelt. Nach § 137 Satz 1 BGB sind Vereinbarungen, durch die jemand verpflichtet wird, über ein bestimmtes Recht, insbesondere ein Grundstück, nicht zu verfügen, grundsätzlich nur im Verhältnis der Vertragsparteien wirksam (relativ wirkendes Verbot). Ein gutgläubiger Dritter, der zum Beispiel von einem Grundstückseigentümer ein Grundstück erwirbt, ist grundsätzlich nicht an ein rein schuldrechtliches Veräußerungsverbot gebunden. Eine Ausnahme hierzu bildet jedoch das im Grundbuch eingetragene Veräußerungsverbot (§ 136 BGB), das in bestimmten Fällen (insbesondere bei Minderjährigenschutz, Betreuungsfällen oder bei Miteigentum) als absolute Wirkung ausgestaltet ist und damit auch gegenüber gutgläubigen Dritten wirkt. Nach Eintragung in das Grundbuch kann der Erwerber also kein Eigentum durch Veräußerung erlangen, solange das Verbot besteht, es sei denn, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme sind erfüllt.

Welche Rechtsfolgen hat eine Verfügung entgegen eines allgemeinen Veräußerungsverbots?

Die Rechtsfolgen einer Verfügung entgegen eines allgemeinen Veräußerungsverbots hängen zunächst davon ab, ob das Verbot absolute oder relative Wirkung entfaltet. Wird etwa ein relativer Veräußerungsvertrag – ein rein schuldrechtliches Verbot – verletzt, bleibt die Verfügung trotzdem wirksam; der Verfügende macht sich jedoch gegenüber dem Vertragspartner schadensersatzpflichtig, und es können weitere zivilrechtliche Sanktionsmechanismen wie Unterlassungsklagen in Betracht kommen. Handelt es sich um ein absolut wirkendes Veräußerungsverbot, insbesondere bei Eintragung im Grundbuch, ist eine Verfügung (zum Beispiel eine Übertragung des Eigentums) grundsätzlich unwirksam (§ 136 Satz 2 BGB); der Erwerber erlangt also regelmäßig kein Eigentum. Unwirksame Rechtsgeschäfte können im Einzelfall nachträglich durch Genehmigung wirksam werden. Ferner ist bei einer unwirksamen Verfügung auch keine Eintragung im Grundbuch zulässig. Das Nichtbeachten eines gerichtlichen oder gesetzlichen Veräußerungsverbots kann zudem straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Unter welchen Voraussetzungen kann ein allgemeines Veräußerungsverbot aufgehoben oder geändert werden?

Die Aufhebung oder Änderung eines allgemeinen Veräußerungsverbots richtet sich danach, wie und von wem das Verbot begründet wurde. Gesetzliche Veräußerungsverbote können grundsätzlich nur durch Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen oder durch eine gerichtliche Entscheidung aufgehoben werden, beispielsweise wenn eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erteilt wird. Bei gerichtlichen Veräußerungsverboten (z. B. im Wege einer einstweiligen Verfügung) ist ein förmliches gerichtliches Aufhebungsverfahren notwendig, das regelmäßig nur bei Wegfall des Sicherungsinteresses, nichtiger Anordnung oder Änderung der Sachlage stattfindet. Vertragliche Veräußerungsverbote können in der Regel durch eine entsprechende einvernehmliche Vertragsänderung der Parteien aufgehoben werden; ist das Verbot im Grundbuch eingetragen, bedarf es auch einer Grundbuchberichtigung durch einen Antrag unter Vorlage aller erforderlichen Nachweise, einschließlich der dazugehörigen Einwilligungen bzw. Genehmigungen sämtlicher davon Betroffenen. Teilweise kann das Gesetz eine automatische Aufhebung des Verbots vorsehen, wenn etwa die Voraussetzungen für dessen Fortbestehen entfallen sind.

Welche Rolle spielt das Grundbuch bei allgemeinen Veräußerungsverboten?

Das Grundbuch spielt bei allgemeinen Veräußerungsverboten eine zentrale Rolle, weil erst durch die Eintragung bestimmter Veräußerungsverbote die gewünschte absolute Wirkung gegenüber jedermann, insbesondere gegenüber gutgläubigen Dritten, erreicht wird. Ein nur schuldrechtlich vereinbartes Veräußerungsverbot ist für Dritte grundsätzlich nicht ersichtlich und auch nicht wirksam, solange es nicht im Grundbuch steht. Bestimmte gesetzliche Veräußerungsverbote, wie etwa das Verbot nach § 136 BGB beim Eigentum an Grundstücken Minderjähriger, können und müssen zur Wirksamkeit in das Grundbuch eingetragen werden. Die Eintragung erfolgt in die Abteilung II des Grundbuchs und muss ausdrücklich erfolgen, damit sie Wirkung entfalten kann. Veränderungen oder Löschungen solcher Verbote bedürfen ebenfalls einer formellen Grundbuchänderung. Die Grundbucheinsicht ermöglicht es potentiellen Erwerbern, sich über bestehende Veräußerungsverbote zu informieren und so die Rechtslage sicher zu beurteilen.

Gibt es Ausnahmen, in denen eine Verfügung trotz allgemeinen Veräußerungsverbots wirksam sein kann?

Ja, das Gesetz sieht Ausnahmen vor, in denen eine Verfügung trotz Bestehens eines allgemeinen Veräußerungsverbots wirksam sein kann. Im Sachenrecht ist insbesondere nach § 135 Abs. 2, § 136 Abs. 2, § 137 BGB eine Verfügung trotz Veräußerungsverbots wirksam, wenn der Dritte nicht in böser Absicht handelt, das heißt, er von dem Verbot keine Kenntnis hatte und auch keine grobe Fahrlässigkeit vorliegt („gutgläubiger Erwerb“). Bei bestimmten gesetzlichen Veräußerungsverboten, etwa dem Verbot nach § 136 BGB, scheidet der gutgläubige Erwerb jedoch aus, wenn das Verbot im Grundbuch eingetragen wurde, da ein Grundbuchinhalt jedem Erwerber zugerechnet wird (§ 892 BGB). Ferner können Verfügungen unter Zustimmung der berechtigten Partei oder gerichtlicher Genehmigung trotz eines Verbots wirksam vorgenommen werden. In unklaren Grenzfällen kommt es oft auf die genaue Ausgestaltung und Eintragung des Verbots sowie auf die Kenntnis des Erwerbers an.

Welche Bedeutung hat ein allgemeines Veräußerungsverbot im Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht?

Im Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht haben allgemeine Veräußerungsverbote eine besonders wichtige Sicherungsfunktion. Nach Einleitung eines Insolvenzverfahrens oder der Anordnung einer Zwangsverwaltung treten automatisch gesetzliche oder gerichtliche Veräußerungsverbote bezüglich der betroffenen Vermögensgegenstände in Kraft. Beispielsweise dürfen Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr über das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen verfügen; entsprechende Verfügungen sind grundsätzlich unwirksam (§ 81 InsO). Auch im Rahmen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wie Pfändung oder Arrest wird das Vermögen mit einem Veräußerungsverbot belegt, um eine ordnungsgemäße Befriedigung der Gläubiger sicherzustellen. Verstöße gegen solche Verbote haben regelmäßig die vollständige Unwirksamkeit der Verfügung zur Folge und können sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Das Grundbuch dient auch hier wieder der Publizität, indem entsprechende Vermerke eingetragen werden.