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Allgemeine Bemessungsgrundlage


Allgemeine Bemessungsgrundlage

Die allgemeine Bemessungsgrundlage ist ein zentraler Begriff im deutschen Steuerrecht sowie in verschiedenen anderen Rechtsbereichen. Sie beschreibt die Gesamtheit der Werte oder Größen, die für die Ermittlung der steuerlichen oder abgaberechtlichen Belastung eines Steuerpflichtigen heranzuziehen sind. Im Folgenden wird die allgemeine Bemessungsgrundlage detailliert erläutert, inklusive der rechtlichen Grundlagen, Anwendungsbereiche und Abgrenzungen zu verwandten Begriffen.


Begriff und Bedeutung

Die sogenannte Bemessungsgrundlage bezeichnet im juristischen Sprachgebrauch diejenige Rechengröße, auf deren Basis eine Steuer, Abgabe oder ein sonstiger Beitrag berechnet wird. Die allgemeine Bemessungsgrundlage hebt sich von der besonderen Bemessungsgrundlage ab, die etwa für spezielle Sachverhalte oder Einzelfälle Anwendung findet. Sie bildet regelmäßig die Basis für die Berechnung der Steuerlast bei Einkommen-, Umsatz-, Körperschaft-, Gewerbe- und anderen Steuerarten.

Definition

Die allgemeine Bemessungsgrundlage ist die Summe oder der Wert, auf den der Steuersatz oder die Abgabe angewendet wird, um die zu entrichtende Steuer oder Leistung zu errechnen. Sie ist häufig das Ergebnis vorangehender Ermittlungen wie Ermittlung des Gewinns, Umsatzes oder einer anderen wirtschaftlichen Größe gemäß der jeweiligen gesetzlichen Vorgaben.


Rechtsgrundlagen der allgemeinen Bemessungsgrundlage

Gesetzliche Verankerung

Die Festsetzung und Anwendung der allgemeinen Bemessungsgrundlage sind in verschiedenen deutschen Steuergesetzen geregelt. Zu den relevantesten gehören:

  • Einkommensteuergesetz (EStG) – §§ 2 ff. EStG (z. B. Gesamtbetrag der Einkünfte als Bemessungsgrundlage)
  • Umsatzsteuergesetz (UStG) – §§ 10 ff. UStG (z. B. Entgelt als Bemessungsgrundlage)
  • Körperschaftsteuergesetz (KStG) – Verweis auf handelsrechtlichen Gewinn
  • Gewerbesteuergesetz (GewStG) – ermittelter Gewerbeertrag

Daneben existieren weitere Spezialgesetze mit eigenen Regelungen zur allgemeinen Bemessungsgrundlage.

Verfassungsrechtlicher Hintergrund

Die Bestimmung und Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage unterliegen dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gemäß Art. 20 Abs. 3 und Art. 105 GG. Die Erhebung von Steuern und Abgaben bedarf stets einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage.


Anwendungsbereiche

Einkommensteuer

Im Rahmen der Einkommensteuer ist die allgemeine Bemessungsgrundlage der Gesamtbetrag der Einkünfte, reduziert um Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen (§ 2 Abs. 3-4 EStG). Das zu versteuernde Einkommen bildet die abschließende Bemessungsgrundlage zur Anwendung des Steuertarifs.

Umsatzsteuer

Nach dem Umsatzsteuergesetz ist das Entgelt, das der Leistende für seine Lieferung oder Dienstleistung erhält, die allgemeine Bemessungsgrundlage (§ 10 UStG). Vom Bruttobetrag werden im Einzelfall bestimmte Bestandteile ausgenommen, wie etwa erhaltene Subventionen oder Preisnachlässe.

Körperschaftsteuer

Bei der Körperschaftsteuer ist die allgemeine Bemessungsgrundlage der steuerpflichtige Gewinn der Körperschaft. Dieser wird auf Basis des maßgeblichen Handelsbilanzergebnisses unter Berücksichtigung steuerlicher Anpassungen berechnet (§ 7 KStG).

Gewerbesteuer

Für die Gewerbesteuer bestimmt der Gewerbeertrag (§ 7 GewStG) die allgemeine Bemessungsgrundlage. Dieser entspricht dem nach den Vorschriften des Einkommen- oder Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnden Gewinn aus Gewerbebetrieb, korrigiert um Hinzurechnungen und Kürzungen.


Abgrenzung zu verwandten Begriffen

Steuermaßstab und Steuerbemessungsgrundlage

Der Begriff Steuermaßstab wird synonym zu „Bemessungsgrundlage“ gebraucht, hebt jedoch stärker auf die rechnerische Komponente ab, während der Ausdruck „allgemeine Bemessungsgrundlage“ eher den allgemeinen Charakter der Bezugsgröße betont. Eine spezielle Bemessungsgrundlage besteht, wenn besondere Umstände eine detaillierte, von der allgemeinen abweichende Berechnung gebieten.

Steuerbetrag und Steuersatz

Die allgemeine Bemessungsgrundlage ist von dem Steuersatz und dem Steuerbetrag zu trennen. Der Steuersatz ist der Prozentsatz, der auf die Bemessungsgrundlage angewendet wird, während der Steuerbetrag das Rechenergebnis darstellt.


Bedeutung in der Verwaltungspraxis

Ermittlung und Prüfung

Die Ermittlung der allgemeinen Bemessungsgrundlage erfolgt, je nach Steuerart, durch den Steuerpflichtigen bzw. dessen Buchführungspflichten oder durch Schätzung der Behörde, sofern keine ausreichenden Unterlagen vorliegen (§ 162 AO).

Festsetzung und Bekanntgabe

Die auf Basis der allgemeinen Bemessungsgrundlage festgesetzten Steuern und Abgaben werden durch Verwaltungsakt (Steuerbescheid) bekannt gegeben. Der Steuerpflichtige hat die Möglichkeit, bei Unstimmigkeiten Einspruch einzulegen (§§ 347 ff. AO).


Allgemeine Bemessungsgrundlage außerhalb des Steuerrechts

Sozialversicherungsrecht

Auch im Sozialversicherungsrecht finden sich allgemeine Bemessungsgrundlagen, etwa bei der Berechnung von Beiträgen zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (Beitragsbemessungsgrenzen). Diese Größen sind im Sozialgesetzbuch (SGB) normiert.

Verwaltungs- und Gebührenrecht

Im Gebührenrecht öffentlicher Einrichtungen kann die allgemeine Bemessungsgrundlage beispielsweise das Maß der Inanspruchnahme einer Leistung oder die Größe eines Grundstücks sein, die als Grundlage für die Höhe einer Gebühr dient.


Literaturhinweise

  • Tipke/Lang, Steuerrecht, aktuelle Auflage
  • Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Kommentar
  • Lippross/Seeger, Umsatzsteuerrecht, aktueller Stand
  • Wendt, ABC des Steuerrechts

Fazit

Die allgemeine Bemessungsgrundlage ist eine fundamentale Rechengröße im deutschen Steuer- und Abgabenrecht, deren genaue gesetzliche Ausgestaltung für die Praxis der Steuerfestsetzung von entscheidender Bedeutung ist. Sie bildet die Basis für fast alle staatlichen Leistungs- und Abgabenansprüche und unterliegt daher präzisen gesetzlichen Regelungen und strengen Anforderungen an Transparenz sowie Nachprüfbarkeit. Die Kenntnis und richtige Anwendung dieses Begriffs sind für die sachgemäße Steuererklärung und Rechtsanwendung unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird die allgemeine Bemessungsgrundlage in verschiedenen Steuergesetzen geregelt?

Die allgemeine Bemessungsgrundlage stellt im deutschen Steuerrecht einen zentralen Faktor dar und wird in unterschiedlichen Steuergesetzen jeweils spezifisch ausgeformt. Während sich beispielsweise im Einkommensteuerrecht (§ 2 Abs. 5 EStG) die Bemessungsgrundlage aus dem zu versteuernden Einkommen zusammensetzt, bestimmt im Umsatzsteuerrecht (§ 10 UStG) der „Entgeltbegriff“ die steuerliche Grundlage. Die Bewertungsansätze und die Berücksichtigung von Aufwendungen, Freibeträgen sowie etwaigen Sonderregelungen variieren je nach Steuerart und gesetzlicher Vorgabe maßgeblich. Insbesondere bei der Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer oder auch Erbschaft- und Schenkungsteuer finden sich jeweils eigenständige Regelungen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage, die regelmäßig auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sind, jedoch mit rechtsspezifischen Vorschriften modifiziert werden. Zum Teil greifen auch Vorschriften aus internationalen Abkommen und europarechtliche Vorgaben (z. B. Mehrwertsteuersystemrichtlinie) in die nationale Ermittlung der Bemessungsgrundlage ein und beeinflussen die innerstaatliche Umsetzung.

Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich aus einer fehlerhaften Ermittlung der Bemessungsgrundlage?

Eine fehlerhafte Ermittlung der allgemeinen Bemessungsgrundlage kann erhebliche rechtliche Folgen nach sich ziehen. So führt eine zu niedrige Bemessungsgrundlage regelmäßig zu einer Steuerverkürzung, die – je nach Fahrlässigkeit oder Vorsatz – bußgeld- oder strafrechtlich (z. B. Steuerhinterziehung nach § 370 AO) sanktioniert werden kann. Diese fehlerhaften Grundlagen können auch rückwirkende Steuernachforderungen, Zinsbescheide nach § 233a AO und ggf. die Nachforderung von Nebenleistungen wie Säumniszuschlägen zur Folge haben. Ist die Bemessungsgrundlage hingegen zu hoch angesetzt, kann der Steuerpflichtige Rechte auf Korrektur im Einspruchs- oder Klageverfahren geltend machen, wobei bestimmte Fristen und Formerfordernisse nach der AO zwingend einzuhalten sind. Rechtliche Auseinandersetzungen in Bezug auf die Bemessungsgrundlage sind häufig Gegenstand finanzgerichtlicher Verfahren, die regelmäßig die genaue Anwendung und Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften prüfen.

In welchen Fällen werden Korrekturvorschriften bei der Bemessungsgrundlage angewendet?

Korrekturvorschriften im Zusammenhang mit der allgemeinen Bemessungsgrundlage kommen insbesondere dann zur Anwendung, wenn sich nachträglich steuerlich relevante Tatsachen oder Beurteilungen ergeben (z. B. § 153 AO – Berichtigung von Steuererklärungen). Auch wird im Rahmen von Außenprüfungen (§ 193 ff. AO) häufig festgestellt, dass bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage Fehler unterlaufen sind, was eine Berichtigung und ggf. eine neue Festsetzung notwendig macht. Weiterhin bestehen besondere Korrekturvorschriften bei betrieblichen oder privaten Veranlagungsfehlern, bei denen z. B. betriebliche Einnahmen oder Werbungskosten falsch angesetzt wurden. Korrekturen können darüber hinaus erforderlich werden, wenn bei mehrjährigen Sachverhalten, wie der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmenüberschussrechnung), periodengerechte Abgrenzungen unrichtig vorgenommen wurden.

Wie wird die Bemessungsgrundlage bei grenzüberschreitenden Sachverhalten rechtlich behandelt?

Im grenzüberschreitenden Kontext unterliegt die Ermittlung der Bemessungsgrundlage besonderen steuerrechtlichen Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf das internationale Steuerrecht und Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Zentrale Bedeutung erhält hier das Prinzip des Welteinkommens bei unbeschränkter Steuerpflicht, das jedoch zur Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Anrechnungsmethoden oder Freistellungsmethoden im Rahmen von DBAs eingeschränkt wird. Darüber hinaus müssen steuerlich relevante internationale Sachverhalte, wie Verrechnungspreise bei verbundenen Unternehmen (§ 1 AStG), nach dem Fremdvergleichsgrundsatz ermittelt und dokumentiert werden. Weitere Herausforderungen entstehen durch unterschiedliche nationale Bewertungsgrundlagen und Besteuerungszeiträume, sodass oftmals auf konsolidierte steuerliche Bewertungsverfahren auf EU-Ebene zurückgegriffen werden muss (z. B. Mehrwertsteuersystemrichtlinie, ATAD). Die korrekte Ermittlung und Dokumentation der allgemeinen Bemessungsgrundlage ist in grenzüberschreitenden Fällen besonders prüfungsintensiv und erfordert zumeist die Einbindung spezialisierter Berater.

Welche Rolle spielen steuerliche Nebenleistungen bei der Bemessungsgrundlage?

Steuerliche Nebenleistungen, wie Zinsen (§ 233a AO), Säumniszuschläge (§ 240 AO) und Verspätungszuschläge (§ 152 AO), beeinflussen die eigentliche Bemessungsgrundlage einer Steuer grundsätzlich nicht, stellen jedoch zusätzliche, von der Bemessungsgrundlage abhängige Zahlungsverpflichtungen dar. Sie werden häufig neben der Hauptleistung festgesetzt, sobald die jeweilige Steuerfestsetzung aufgrund einer fehlerhaften Bemessungsgrundlage falsch oder zu spät erfolgt ist. Die Höhe dieser Nebenleistungen richtet sich häufig prozentual nach der festgesetzten Steuer und kann erhebliche zusätzliche finanzielle Belastungen darstellen. Eine nachträgliche Änderung der Bemessungsgrundlage kann somit auch die Höhe der steuerlichen Nebenleistungen beeinflussen, im Falle einer Herabsetzung auch Rückzahlungen oder Erstattungen nach sich ziehen.

Welche Anforderungen bestehen an die Beweispflicht bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage?

Die Beweislast für die Höhe und die Zusammensetzung der allgemeinen Bemessungsgrundlage liegt im Besteuerungsverfahren zunächst beim Steuerpflichtigen. Nach § 90 AO ist der Steuerpflichtige verpflichtet, die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen offen zu legen und nachzuweisen, insbesondere durch geeignete Unterlagen, Aufzeichnungen oder Gutachten. Im Streitfall kann das Finanzamt Schätzungen gem. § 162 AO vornehmen, wenn Unterlagen fehlen oder unzureichend sind. Steuerpflichtige haben das Recht, der Schätzung mit Beweismitteln zu widersprechen. Allerdings obliegt ihnen die vollständige Mitwirkungspflicht (§ 200 AO) und die Dokumentation von Herkunft und Art der Einnahmen sowie ihrer steuerlichen Zuordnung. Komplex wird dies insbesondere bei internationalen Sachverhalten, bei denen erhöhte Dokumentationsanforderungen und Nachweispflichten bestehen. Die Nachweisführung spielt somit eine entscheidende Rolle für die korrekte Festlegung der Bemessungsgrundlage und deren Akzeptanz durch die Finanzverwaltung.

Welche steuerlichen Ausnahmetatbestände können die Bemessungsgrundlage beeinflussen?

Es existieren zahlreiche steuerliche Ausnahmetatbestände, die eine abweichende oder begrenzte Bemessungsgrundlage bewirken. Beispiele sind Steuerbefreiungen (z. B. § 3 EStG), Steuerermäßigungen und Freibeträge (z. B. Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 EStG, Sparerfreibetrag nach § 20 Abs. 9 EStG) sowie Sonderabschreibungen nach § 7g EStG. Ebenso werden bestimmte Einnahmen oder Veräußerungsgewinne durch explizite gesetzliche Vorschriften entweder von der Bemessungsgrundlage ausgenommen oder begünstigt behandelt (etwa § 23 EStG – private Veräußerungsgeschäfte). Überdies können besondere Umstände, wie Fälle von Existenzvernichtung oder geringfügigen Beteiligungen, zu einer Reduzierung oder vollständigen Ausnahme von der allgemeinen Bemessungsgrundlage führen. Die Ausnahmetatbestände sind grundsätzlich eng auszulegen und müssen konkret die entsprechenden Voraussetzungen des Gesetzes erfüllen, um zur Anwendung zu gelangen.