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Aktualisierungspflicht im Bereich IT-Recht


Begriff der Aktualisierungspflicht im IT-Recht

Die Aktualisierungspflicht ist ein zentrales rechtliches Konzept im Bereich des IT-Rechts. Sie beschreibt die Verpflichtung von Herstellern und Anbietern digitaler Produkte und Dienstleistungen, diese während eines bestimmten Zeitraums mit notwendigen Updates zu versorgen. Diese Verpflichtung wird in Deutschland insbesondere im Zusammenhang mit digitalen Produkten, Software und digitalen Dienstleistungen relevant. Die Aktualisierungspflicht ist eng verknüpft mit dem Ziel, Funktionalität, IT-Sicherheit und Kompatibilität digitaler Produkte über die Zeit sicherzustellen.


Gesetzlicher Rahmen der Aktualisierungspflicht

Umsetzung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

Durch die Umsetzung der EU-Warenkaufrichtlinie 2019/771 sowie der Richtlinie über digitale Inhalte und Dienstleistungen 2019/770 hat der deutsche Gesetzgeber die Aktualisierungspflicht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Seit dem 1. Januar 2022 regelt insbesondere § 327f BGB die Anforderungen an Updates für digitale Produkte.

Anwendungsbereich

Die Aktualisierungspflicht gilt für:

  • Digitale Produkte (z.B. Software, Apps)
  • Digitale Dienstleistungen (z.B. Cloud-Dienste, Streaming-Angebote)
  • Waren mit digitalen Elementen (z.B. „smarte“ Haushaltsgeräte)

Zielsetzung

Mit der Regelung soll sichergestellt werden, dass Verbraucher digitale Produkte nach dem Erwerb weiter vertragsgemäß nutzen können. Die Aktualisierungspflicht umfasst insbesondere Sicherheitsupdates, Funktionsupdates und Updates zur Erhaltung der Kompatibilität mit anderen Systemen.


Inhalt und Umfang der Aktualisierungspflicht

Arten von Updates

Sicherheitsrelevante Updates

Hersteller und Anbieter müssen sicherstellen, dass bekannte und relevante Sicherheitslücken zeitnah behoben werden. Die Bereitstellung von Sicherheitsupdates ist eine Hauptkomponente der Aktualisierungspflicht.

Funktionsupdates

Sofern nötig, sind Aktualisierungen bereitzustellen, die Fehler oder Funktionsstörungen beheben und den vertragsgemäßen Gebrauch sicherstellen.

Kompatibilitätsupdates

Im Falle von Änderungen an der Betriebsumgebung (z.B. neues Betriebssystem) kann die Pflicht bestehen, Updates zur Sicherung der Funktionsfähigkeit bereitzustellen, sofern dies vertraglich vereinbart oder nach dem Stand der Technik zu erwarten ist.

Dauer der Verpflichtung

Die Dauer der Aktualisierungspflicht bestimmt sich nach dem im Einzelfall geschlossenen Vertrag und den berechtigten Erwartungen eines durchschnittlichen Nutzers (§ 327f Abs. 3 BGB). Bei unbefristeten Leistungen muss während der gesamten Vertragslaufzeit aktualisiert werden. Bei einmalig erbrachten Leistungen (z.B. Softwarekauf) richtet sich die Dauer nach der zu erwartenden Nutzungszeit.


Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Pflichten des Anbieters

  • Proaktive Information über verfügbare Updates
  • Bereitstellung der Updates in angemessener Frist
  • Sicherstellung der Verträglichkeit der Updates mit dem jeweiligen Produkt

Pflichten des Nutzers

  • Sorgfältige und zeitnahe Installation der bereitgestellten Updates, sofern zumutbar
  • Information über etwaige Fehler oder Probleme nach dem Update

Rechtsfolgen bei Verletzung der Aktualisierungspflicht

Mängelrechte

Verletzt der Anbieter die Aktualisierungspflicht, begründet dies einen Mangel des Produkts im Sinne von § 327e BGB. Daraus resultieren folgende Rechte für den Nutzer:

  • Nacherfüllung (Nachholung des Updates)
  • Rücktritt oder Minderung nach erfolgloser Fristsetzung
  • Anspruch auf Schadensersatz unter bestimmten Voraussetzungen

Beweislastumkehr

Innerhalb eines Jahres nach Bereitstellung des digitalen Produkts wird vermutet, dass ein Mangel, der sich zeigt, bereits bei Bereitstellung vorlag (§ 327k BGB).


Grenzfälle und Ausnahmen

Ausschluss der Pflicht

Die Aktualisierungspflicht kann durch ausdrückliche und gesonderte vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen oder eingeschränkt werden, soweit dies nicht zu Lasten des Verbrauchers gegen zwingendes Recht verstößt.

Außerhalb des Verbraucherschutzes

Die Pflicht gilt primär im Verhältnis zu Verbrauchern. Bei Verträgen zwischen Unternehmen kann die Aktualisierungspflicht im Rahmen der Vertragsfreiheit detaillierter ausgehandelt und abbedungen werden.


Bedeutung der Aktualisierungspflicht im IT-Recht

Die Regelung stellt einen erheblichen Fortschritt im Schutz der Nutzer digitaler Produkte dar und zwingt Anbieter zur nachhaltigen Produktverantwortung. Gleichzeitig erhöht sich der Transparenz- und Organisationsaufwand bei der Bereitstellung digitaler Inhalte und Dienste erheblich.


Zusammenfassung

Die Aktualisierungspflicht im IT-Recht gewährleistet, dass digitale Produkte und Dienstleistungen nach dem Erwerb weiterhin sicher, funktionsfähig und kompatibel bleiben. Die Pflicht wird durch das Bürgerliche Gesetzbuch konkretisiert und wirkt sich umfassend auf Vertragsbeziehungen zwischen Anbietern und Nutzern aus. Die Einhaltung dieser Pflicht ist für das Vertrauen in digitale Angebote und die Rechtssicherheit im digitalen Geschäftsverkehr von zentraler Bedeutung.


Stichworte: Aktualisierungspflicht, Updates, IT-Recht, digitales Produkt, § 327f BGB, Sicherheitsupdate, Funktionsupdate, Kompatibilitätsupdate, digitale Dienstleistung, Mängelrechte, Verbraucherschutz

Häufig gestellte Fragen

Welche Pflichten bestehen für Softwareanbieter im Hinblick auf die Aktualisierung ihrer Produkte?

Softwareanbieter sind nach aktueller Rechtslage (insbesondere § 327f BGB) verpflichtet, ihren Kunden während eines bestimmten Zeitraums nach dem Vertragsschluss Updates zur Verfügung zu stellen, die für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit der digitalen Produkte erforderlich sind. Dazu gehören sowohl Funktions-Updates als auch Sicherheits-Updates, die der Abwehr neu bekannt gewordener Risiken dienen. Die genaue Dauer der Aktualisierungspflicht bemisst sich nach den berechtigten Erwartungen des Verbrauchers, dem Vertragsgegenstand sowie branchenspezifischen Standards. Softwareanbieter müssen zudem über verfügbare Updates informieren und ihre Kunden dazu in die Lage versetzen, diese ordnungsgemäß zu installieren. Ein Verzicht auf diese Aktualisierungspflicht ist gegenüber Verbrauchern nicht möglich.

Wie lange gilt die Aktualisierungspflicht bei digitalen Produkten oder Dienstleistungen?

Die Dauer der Aktualisierungspflicht ist gesetzlich nicht starr festgelegt, sondern richtet sich nach der Art und dem Zweck des digitalen Produkts sowie den berechtigten Erwartungen der Nutzer. Nach § 327f Abs. 2 BGB muss der Unternehmer die Aktualisierungen für den Zeitraum bereitstellen, den der Verbraucher erwartet, sofern die Parteien nichts anderes ausdrücklich vereinbart haben. Bei Softwareprodukten, die üblicherweise eine lange Lebensdauer haben (z.B. Betriebssysteme), kann der Zeitraum mehrere Jahre betragen. Für Apps oder speziellere Softwarelösungen kann er kürzer sein. Maßgeblich sind dabei auch Angaben des Anbieters über die Update-Versorgung und aktuelle Marktgepflogenheiten.

Was sind die rechtlichen Folgen bei Verletzung der Aktualisierungspflicht?

Erfüllt ein Softwareanbieter seine Aktualisierungspflicht nicht, liegt ein Sachmangel im Sinne des Kaufrechts vor. Verbraucher können in solchen Fällen Mängelrechte geltend machen, etwa Nacherfüllung (Aktualisierung oder Nachbesserung), Minderung, Rücktritt oder Schadensersatz. Insbesondere kann die Nichtbereitstellung von sicherheitsrelevanten Updates die Haftung für Folgeschäden nach sich ziehen, wenn daraus ein Schaden entsteht und dem Anbieter ein Verschulden zuzurechnen ist. Auch können Wettbewerbsverstöße vorliegen, wenn Anbieter sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten.

Sind Unternehmen verpflichtet, auch ältere Softwareprodukte weiterhin zu aktualisieren?

Die Pflicht zur Aktualisierung umfasst grundsätzlich auch bereits in der Vergangenheit verkaufte Softwareprodukte für die Dauer des vertraglich vorgesehenen Nutzungszeitraums bzw. der berechtigten Verbraucher­erwartung. Unternehmen können diese Pflicht jedoch im Rahmen klarer vertraglicher Vereinbarungen zeitlich begrenzen, dürfen aber dabei nicht vom gesetzlichen Mindestumfang abweichen, wenn das Produkt noch zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignet sein soll. Eine grundlose oder unangekündigte Einstellung von Updates für ältere Produkte stellt meist eine Pflichtverletzung dar.

Müssen auch Sicherheitsupdates zur Verfügung gestellt werden?

Ja, die Aktualisierungspflicht umfasst explizit auch die Bereitstellung von Sicherheitsupdates. Nach § 327f Abs. 1 BGB schuldet der Anbieter sämtliche Updates, die notwendig sind, damit das digitale Produkt während der gewöhnlichen Nutzungsperiode frei von Mängeln bleibt. Sicherheitsupdates sind insbesondere dann erforderlich, wenn neue Schwachstellen bekannt werden, die ein Risiko für die Funktionsfähigkeit oder den Datenschutz darstellen. Unterbleibt die Bereitstellung der erforderlichen Sicherheitsupdates, kann dies nicht nur zivilrechtliche, sondern gegebenenfalls auch aufsichtsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Wie ist die Aktualisierungspflicht gegenüber Unternehmen (B2B) geregelt?

Im B2B-Bereich besteht die Möglichkeit, die Aktualisierungspflicht vertraglich anderweitig zu regeln, da die zwingenden Verbraucherschutzvorschriften nicht greifen. Hier können Anbieter und Kunden individuelle Vereinbarungen über die Dauer, den Umfang und die Modalitäten von Updates treffen. In Ermangelung entsprechender Vereinbarungen gilt das dispositive Recht, wobei auch hier die grundlegende Vertragserfüllung und die Vereinbarung über die Beschaffenheit der Software maßgeblich sind.

Kann der Verbraucher auf die Aktualisierungspflicht des Anbieters verzichten?

Ein Verzicht des Verbrauchers auf die gesetzliche Aktualisierungspflicht des Anbieters ist ausgeschlossen, soweit es sich um zwingendes Verbraucherschutzrecht handelt (§ 327 Abs. 3 BGB). Vereinbarungen, die die Aktualisierungspflicht ausschließen oder beschränken, sind unwirksam, sofern sie nicht ausschließlich zugunsten des Verbrauchers getroffen wurden. Das dient dem Schutz vor Sicherheitsrisiken und Funktionsausfällen, die durch veraltete Software entstehen könnten.