Begriff und Grundlagen des Akkordlohns
Der Akkordlohn ist eine leistungsabhängige Entlohnungsform im Arbeitsrecht, bei der die Vergütung eines Arbeitnehmers unmittelbar an die Menge der erbrachten Arbeitsleistung geknüpft ist. Im Gegensatz zum Zeitlohn bemisst sich der Lohn beim Akkordlohn nicht nach der Dauer der Arbeitszeit, sondern nach der Anzahl der hergestellten oder bearbeiteten Stücke beziehungsweise der absolvierten Arbeitseinheiten. Ziel dieser Entlohnungsform ist es, die Produktivität und Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer zu fördern.
Rechtsgrundlagen und gesetzliche Rahmenbedingungen
Arbeitsrechtliche Zulässigkeit des Akkordlohns
Die rechtliche Zulässigkeit des Akkordlohns in Deutschland ergibt sich im Wesentlichen aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) sowie einschlägigen Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen. Grundsätzlich steht es den Arbeitsvertragsparteien frei, eine leistungsorientierte Entlohnung zu vereinbaren, sofern gegen keine gesetzlichen Verbote oder gute Sitten (§ 138 BGB) verstoßen wird.
Schutzvorschriften für Arbeitnehmer
Mindestlohn und Sozialversicherung
Auch bei Akkordlohn dürfen tarifliche oder gesetzliche Mindestlöhne nicht unterschritten werden. Nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) ist sicherzustellen, dass das im Akkord erzielte Entgelt in jedem Abrechnungszeitraum zumindest dem festgelegten Mindestbetrag entspricht. Darüber hinaus unterliegt der Akkordlohn der Sozialversicherungspflicht und ist grundsätzlich lohnsteuerpflichtig.
Arbeitszeitregelungen
Maßgebliche Vorschriften ergeben sich aus dem ArbZG. Demnach darf auch durch Leistungserhöhung im Akkord nicht gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Höchstarbeitszeiten sowie die Mindestruhezeiten verstoßen werden. Akkordarbeit darf nicht dazu führen, dass Arbeitnehmer aus Gründen des Verdienstes übermäßig lange oder unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen arbeiten.
Arbeits- und Gesundheitsschutz
Insbesondere im Bereich von Akkordarbeit kommt dem Arbeits- und Gesundheitsschutz eine besondere Bedeutung zu. Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichten den Arbeitgeber, Gefährdungen der Gesundheit, die sich aus Leistungsdruck und Monotonie bei Akkordarbeit ergeben können, angemessen zu begegnen.
Mitbestimmung im Betrieb
Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat bei der Einführung, Änderung oder Abschaffung von Akkordlohnsystemen ein Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG). Der Betriebsrat ist insbesondere berechtigt, bei der Festlegung der Leistungsvorgaben mitzuwirken und auf die Einhaltung der Schutzvorschriften zu achten.
Ausgestaltung von Akkordlohnsystemen
Formen des Akkordlohns
- Stückakkord: Die Entlohnung erfolgt nach der Anzahl der produzierten Einheiten (Stückzahl).
- Zeitakkord: Die Vergütung richtet sich nach der für eine bestimmte Arbeitsleistung festgelegten Vorgabezeit.
Beiden Formen liegt eine sogenannte Akkordrichtzeit oder Vorgabezeit zugrunde, die die durchschnittliche Arbeitsleistung eines durchschnittlichen Arbeitnehmers widerspiegelt. Jede Leistungssteigerung über die Vorgabezeit hinaus führt zu einer Erhöhung des Einkommens.
Akkordrichtsätze und Leistungsnormen
Die genaue Berechnung des Akkordlohns erfolgt auf Grundlage von Akkordsätzen und Leistungsgradtabellen, die tariflich oder betriebsintern vereinbart werden. Sie haben sicherzustellen, dass ein durchschnittlicher Arbeitnehmer bei normaler Arbeitsleistung den tariflichen oder vereinbarten Ecklohn (Grundlohnsicherung) erzielen kann.
Arbeitsvertragliche Gestaltung
Die Vereinbarung des Akkordlohns bedarf keiner besonderen Form, sollte jedoch schriftlich fixiert und eindeutig ausgestaltet werden. Wesentliche Bestandteile sind: Beschreibung der abzuleistenden Tätigkeiten, Stückvergütung/Vorgabezeit, Regelungen zum Mindestlohn, etwaige Zuschläge und geregelte Abrechnungsmodalitäten.
Arbeitsrechtliche Risiken und Besonderheiten
Diskriminierungsverbot
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) findet auch Anwendung auf die Ausgestaltung und Vergabe von Akkordlohn. Eine Benachteiligung von Beschäftigten etwa wegen Geschlechts, Alters oder Herkunft bei der Zuteilung von Akkordaufgaben stellt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot dar.
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub
Bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit sowie während des Erholungsurlaubs ist im Rahmen der Lohnfortzahlung der durchschnittlich in den letzten 13 Wochen vor der Arbeitsverhinderung (bzw. vor dem Urlaub) erzielte Arbeitsverdienst maßgeblich (§ 4 Entgeltfortzahlungsgesetz, § 11 Bundesurlaubsgesetz).
Umgang mit Minderleistungen
Arbeitgeber dürfen Arbeitnehmer nicht dadurch benachteiligen, dass sie unbegründet niedrigere Akkordsätze oder unerreichbare Leistungsnormen festlegen. Arbeitnehmer dürfen durch die gewählte Akkordgestaltung nicht wirtschaftlich benachteiligt werden, die Rechtsprechung verlangt eine Mindestabsicherung.
Tarif- und Betriebsvereinbarungen
In zahlreichen Branchen werden die Bestimmungen des Akkordlohns durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen konkretisiert. Hierin können Regelungen zur Akkordrichtzeit, zur Anpassung bei Veränderungen der Arbeitstechniken, zu Pausen, zu Minderleistungen oder zu erweiterten Schutzmaßnahmen enthalten sein. Tarifverträge sind dabei vorrangig zu beachten.
Abgrenzung zu anderen Entgeltformen
Der Akkordlohn ist abzugrenzen vom Zeitlohn, bei dem die Vergütung ausschließlich nach Arbeitszeit erfolgt, sowie vom Prämienlohn, bei dem auf eine Grundvergütung ein zusätzlicher leistungsabhängiger Bonus gezahlt wird. Die Besonderheit des Akkordlohns besteht in der unmittelbaren Kopplung von Entgelt und Leistungseinheit.
Zusammenfassung und Fazit
Der Akkordlohn stellt eine geregelte Form der leistungsorientierten Vergütung dar, die im deutschen Arbeitsrecht bei Einhaltung aller gesetzlichen, tariflichen und arbeitsvertraglichen Vorgaben zulässig ist. Arbeitgeber sind verpflichtet, die Mindestlohnbestimmungen, den Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie das Diskriminierungsverbot zu beachten. Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Ausgestaltung des Akkordlohns. Akkordlohnsysteme bieten sowohl Chancen zur Leistungssteigerung als auch Risiken hinsichtlich Überforderung und gesundheitlicher Belastung, denen durch geeignete Regelungen begegnet werden muss. Das rechtssichere Akkordlohnsystem verlangt eine ausgewogene Balance zwischen betrieblichem Interesse an Produktivität und dem Schutz der Beschäftigten.
Weiterführende Begriffe: Zeitlohn, Prämienlohn, Mindestlohngesetz, Arbeitszeitgesetz, Betriebsverfassungsgesetz, Entgeltfortzahlungsgesetz, Bundesurlaubsgesetz, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz.
Häufig gestellte Fragen
Wie wird die Einhaltung des Mindestlohns beim Akkordlohn rechtlich sichergestellt?
Arbeitgeber sind verpflichtet, auch beim Akkordlohn den gesetzlichen Mindestlohn gemäß § 1 MiLoG einzuhalten. Das bedeutet, dass der durchschnittliche Verdienst pro Stunde, berechnet auf Basis der tatsächlichen Arbeitsleistung und des geleisteten Arbeitsumfangs, mindestens dem gesetzlichen Mindestlohn entsprechen muss. Sollte durch den Akkordsatz oder eine zu geringe Stückzahl der Mindestlohn unterschritten werden, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Differenz durch eine entsprechende Ausgleichszahlung aufzuwiegen. Kontrolle und Durchsetzung erfolgen durch die Zollverwaltung als zuständige Behörde. Werden Verstöße festgestellt, drohen dem Arbeitgeber empfindliche Bußgelder sowie die zwingende Nachzahlung des vorenthaltenen Lohns. Besonders wichtig ist die lückenlose Dokumentation der Arbeitszeiten und der Stückzahlen, da diese als Nachweisbasis für die Einhaltung des Mindestlohns dienen.
Besteht beim Akkordlohn ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?
Nach den Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes (§ 4 EntgFG) besteht auch beim Akkordlohn im Krankheitsfall Anspruch auf Entgeltfortzahlung für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen. Die Höhe bemisst sich am durchschnittlichen Verdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten Wochen vor der Arbeitsunfähigkeit aus Akkordlohn und ggf. sonstigen Lohnbestandteilen erzielt hat. Damit soll der Verdienstausfall durch die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit möglichst realistisch ausgeglichen werden. Arbeitgeber müssen deshalb den Durchschnittslohn der letzten abgerechneten 13 Wochen zur Berechnungsgrundlage machen.
Wie ist die rechtliche Situation bei Überstunden im Akkordlohn?
Überstunden, die im Rahmen eines Akkordsystems geleistet werden, unterliegen den gleichen arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie bei anderen Entgeltformen auch. Nach §§ 612, 612a BGB ist eine Überstundenvergütung zu zahlen, wenn diese angeordnet wurden oder betriebsüblich sind und nicht durch das Akkordentgelt bereits abgegolten werden. In Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen kann dies ausdrücklich geregelt sein. Ist keine Regelung getroffen, muss sichergestellt werden, dass auch für Überstunden der Mindestlohn erreicht wird und etwaige tarifliche oder gesetzliche Zuschläge gewährt werden.
Welche Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat beim Akkordlohn?
Bei der Einführung und Ausgestaltung von Akkordlöhnen hat der Betriebsrat umfassende Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz). Dies betrifft sowohl die Festlegung von Akkordrichtsätzen, Leistungskennziffern als auch die Grundsätze zur Berechnung und Auszahlung des Akkordlohns. Der Betriebsrat kann darauf achten, dass die Akkordvorgaben realistisch bemessen sind und nicht zu gesundheitsgefährdendem Leistungsdruck führen sowie dass Gleichbehandlung und Transparenz gewahrt bleiben.
Sind Akkordlohnvereinbarungen schriftlich zu treffen?
Obwohl grundsätzlich auch mündliche Akkordlohnvereinbarungen möglich sind, ist aus rechtlicher Sicht dringend zu einer schriftlichen Fixierung zu raten. Nach § 2 NachwG (Nachweisgesetz) muss der Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen einschließlich der Entgeltform schriftlich niederlegen und dem Arbeitnehmer aushändigen. Nur eine schriftliche Vereinbarung schafft darüber hinaus Klarheit im Hinblick auf die Berechnungsgrundlage, Stücksätze und eventuelle Zusatzleistungen und kann bei Streitigkeiten als Beweis dienen.
Welche Schutzvorschriften gelten hinsichtlich Arbeitszeit und Gesundheitsschutz beim Akkordlohn?
Bei Akkordarbeit sind die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften wie das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) uneingeschränkt zu beachten. Dies umfasst insbesondere tägliche und wöchentliche Höchstarbeitszeiten, Pausenregelungen sowie Ruhezeiten. Zudem ist der Arbeitgeber gemäß Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet, die Arbeitsumgebung und Arbeitsabläufe so zu gestalten, dass Gefährdungen durch überhöhten Leistungsdruck, Monotonie oder Ermüdung minimiert werden. Bei Bedarf sind Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen und entsprechende Schutzmaßnahmen einzuleiten, um die Gesundheit der Beschäftigten nicht zu beeinträchtigen.
Was ist bei der Umstellung von Zeitlohn auf Akkordlohn rechtlich zu beachten?
Eine Umstellung der Vergütungsform stellt eine einseitige Vertragsänderung dar und ist ohne Zustimmung des Arbeitnehmers grundsätzlich nicht zulässig. Der Arbeitgeber kann den Wechsel auf Akkordlohn daher nur im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer oder – sofern ein Betriebsrat besteht – unter Beteiligung dieses Gremiums durchsetzen. Ausschließlich bei entsprechender arbeitsvertraglicher, tariflicher oder betrieblicher Regelung kann eine Änderungskündigung zum Zweck der Umstellung zulässig sein, wobei die gesetzlichen Schutzbestimmungen zur Änderungskündigung nach § 2 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) zu beachten sind.