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Änderungsklage


Änderungsklage

Die Änderungsklage stellt eine besondere prozessuale Klageart im deutschen Zivilprozessrecht dar. Sie ermöglicht es einer Partei, nachträglich den Streitgegenstand eines bereits anhängigen gerichtlichen Verfahrens zu verändern. Änderungsklagen sind maßgeblich im Rahmen der §§ 263 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt und dienen der prozessoralen Flexibilität, indem sie unter bestimmten Voraussetzungen eine Ergänzung oder Erweiterung der ursprünglichen Klage erlauben.


Begriff und rechtliche Einordnung

Definition

Eine Änderungsklage ist jede Klageänderung im laufenden Prozess, bei der der Kläger entweder den Klageantrag oder den Klagegrund – oder beides – abändert, erweitert oder austauscht. Die Änderungsklage unterscheidet sich in der Praxis von Klageerweiterung (quantitative Änderung) und Klageumstellung (qualitative Änderung), wobei beide Begriffe Unterformen der Änderungsklage darstellen.

Gesetzliche Grundlagen

Die maßgebliche Norm für die Änderungsklage findet sich in § 263 ZPO. Gemäß dieser Vorschrift ist eine Änderung der Klage grundsätzlich zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet. Darin spiegelt sich das Spannungsfeld zwischen dem Interesse an einem zügigen, effektiven Gerichtsverfahren und dem Bedürfnis des Klägers, sich nachträglich an geänderte Umstände anpassen zu können.


Arten und Formen der Änderungsklage

Klageerweiterung

Bei einer Klageerweiterung wird der ursprünglich geltend gemachte Streitgegenstand durch weitere Ansprüche ergänzt. Dies betrifft insbesondere die Erhöhung einer geltend gemachten Forderung.

Beispiel: Der Kläger verlangt in der ursprünglichen Klage 1.000 Euro Schadensersatz und erweitert während des Prozesses auf 1.500 Euro.

Klageumstellung oder Klageänderung im engeren Sinne

Eine qualitative Änderung liegt vor, wenn der Kläger seinen Anspruch auf einen anderen Lebenssachverhalt oder auf eine andere Rechtsgrundlage stützt. Dies kann beispielsweise die Änderung von einer Leistungsklage auf eine Feststellungsklage sein.

Beispiel: Zunächst wird die Zahlung einer Geldsumme verlangt, während später nur noch die Feststellung der Zahlungspflicht begehrt wird.

Parteiwechsel (Subjektive Klageänderung)

Die Änderungsklage kann auch auf der Ebene der Prozessparteien erfolgen, wenn eine Partei hinzutritt, ausscheidet oder ausgetauscht wird. Dies nennt man Parteiwechsel, geregelt in § 263 Alt. 1 ZPO.

Beispiel: Ein neuer Kläger oder Beklagter wird in das Verfahren aufgenommen, z. B. infolge eines gesetzlichen Parteiwechsels bei Veräußerung eines streitigen Rechts während des Prozesses.


Zulässigkeitsvoraussetzungen

Zustimmung des Beklagten

Eine Änderungsklage ist uneingeschränkt zulässig, wenn der Beklagte der Änderung ausdrücklich oder stillschweigend zustimmt. Fehlt die Einwilligung, prüft das Gericht die Voraussetzungen der Sachdienlichkeit.

Sachdienlichkeit

Die Sachdienlichkeit der Klageänderung beurteilt das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Sachdienlichkeit liegt vor, wenn durch die Änderung der Streitstoff in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im anhängigen Prozess umfassend und abschließend geklärt werden kann. Maßgeblich sind insbesondere verfahrenswirtschaftliche Erwägungen und Prozessförderlichkeit.

Zeitpunkt der Klageänderung

Eine Klageänderung ist grundsätzlich in jeder Instanz bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Urteil möglich. Bereits abgeschlossene Instanzen oder durch Zeitablauf nicht mehr beeinflussbare Prozessteile sind hiervon ausgenommen.


Prozessuale Behandlung und Auswirkungen

Verfahren bei Klageänderung

Der Kläger muss den Änderungswunsch klar und eindeutig gegenüber dem Gericht erklären. Das Gericht gibt dem Beklagten auf Antrag Gelegenheit zur Stellungnahme. Im Anschluss entscheidet das Gericht durch einen nicht selbständig anfechtbaren Beschluss über die Zulässigkeit der Klageänderung.

Wirkung der Klageänderung

Die Änderungsklage wirkt prozessual in der Weise, dass über den geänderten Gegenstand erneut prozessiert wird. Im Falle einer zugelassenen Änderung gilt die Rechtshängigkeit (§ 261 ZPO) auch für den neuen Klagegegenstand ab dem Zeitpunkt der Veränderung.

Kostenfolgen

Die Kosten der Klageänderung richten sich nach dem umfangreicheren Streitgegenstand. Bei unzulässiger Änderung oder fehlgeschlagenem Änderungsantrag trägt der Kläger die dadurch verursachten Mehrkosten.


Abgrenzung zu verwandten Prozessen

Objektive Klagehäufung

Im Gegensatz zur Änderungsklage liegt bei objektiver Klagehäufung von Beginn an eine Geltendmachung mehrerer Streitgegenstände vor. Eine nachträgliche Erweiterung im Prozess gilt demgegenüber als Klageänderung.

Eventualklage (hilfsweise Klage)

Eine Eventualklage stellt formal keine Änderungsklage dar, da der Kläger lediglich für den Fall des Unterliegens einen weiteren Antrag stellt.


Ausschluss- und Sonderfälle

Teilweise Klagrücknahme

Eine bloße Einschränkung des Klageantrags (Teilverzicht) wird rechtlich nicht als Klageänderung qualifiziert.

Unzulässige Klageänderung

Die Änderungsklage ist unzulässig, wenn ihre Zulassung das Verfahren wesentlich verzögern würde oder mit dem Zweck des Zivilprozesses nicht vereinbar ist, etwa bei Überrumpelung der Gegenseite oder verspätetem Sachvortrag.


Bedeutung in der Praxis

Die Änderungsklage dient der Flexibilität zivilrechtlicher Gerichtsverfahren und verhindert, dass ein Kläger zur Geltendmachung eines geänderten Anspruchs ein neues Verfahren anstrengen muss. Gleichzeitig schützt das Institut berechtigte Interessen des Beklagten, indem für die Zulassung der Änderung bestimmte Voraussetzungen und Verfahrensschritte einzuhalten sind. Insbesondere im Bereich langwieriger Sachverhaltsaufklärungen und bei Vorliegen neuer Tatsachen erhält sie praktische Bedeutung.


Literaturhinweise und weiterführende Normen

  • Zivilprozessordnung (ZPO), §§ 261, 262, 263, 264, 265 ZPO
  • Münchener Kommentar zur ZPO, zu § 263
  • Thomas/Putzo, ZPO, Kommentierung § 263
  • Zöller, ZPO, §§ 263 ff.

Die Änderungsklage ist somit ein zentrales prozessuales Mittel im Zivilverfahren, das eine sachgerechte und umfassende Klärung von Rechtsstreitigkeiten in einer Instanz gewährleistet, ohne den Parteien unnötige Verzögerungen oder Kosten durch Mehrfachprozesse aufzuerlegen.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist eine Änderungsklage nach Zivilprozessordnung zulässig?

Die Zulässigkeit der Änderungsklage ist in § 263 Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Grundsätzlich darf der Streitgegenstand einer rechtshängigen Klage nur mit Einwilligung des Beklagten oder mit Zustimmung des Gerichts geändert werden. Das Gericht darf die Änderung dabei nur zulassen, wenn diese nach seiner freien Überzeugung im Sinne einer sachdienlichen Verfahrensförderung steht. In den Fällen des § 264 ZPO ist eine Klageänderung auch ohne entsprechende Zustimmung möglich, etwa wenn der Klagegrund zur Klarstellung oder Ergänzung geändert wird oder der geltend gemachte Anspruch aufgrund später eingetretener oder bekannt gewordener Tatsachen oder Ereignisse angepasst wird. Weiterhin ist z.B. der Übergang von der Leistungs- zur Feststellungsklage und umgekehrt unabhängig von einer Einwilligung zulässig. Die Zulässigkeit hängt also maßgeblich von der sachdienlichen Förderung des Rechtsstreits sowie der Wahrung prozessualer Rechte des Beklagten ab.

Welche prozessualen Auswirkungen hat die Zulassung einer Änderungsklage?

Mit der Zulassung einer Änderungsklage bleibt der anhängige Rechtsstreit bestehen, erhält jedoch einen veränderten Streitgegenstand. Wichtig ist, dass die Prozesshandlungen im Wesentlichen erhalten bleiben, insbesondere im Hinblick auf die sonstige Zulässigkeit der Klage, die Rechtshängigkeit und bereits getroffene prozessuale Entscheidungen oder Anordnungen. Ein bereits abgelaufener Tatbestand wie beispielsweise die Rechtshängigkeit bleibt gewahrt, so dass auch für durch Klageänderung eingeführte Ansprüche Hemmung der Verjährung eintritt. Sofern jedoch durch die Klageänderung ein ganz neuer Streitgegenstand eingeführt wird, können bestimmte prozessuale Einwendungen oder Ausnahmen neu entstehen oder wegfallen. Die bisherige Streitwertfestsetzung des Gerichts kann sich durch die Änderung ebenfalls ändern, was insbesondere für die Gebühren von Bedeutung ist.

Was ist der Unterschied zwischen einer objektiven Klagehäufung und einer Klageänderung?

Die objektive Klagehäufung und die Klageänderung sind prozessual zu unterscheiden: Bei der objektiven Klagehäufung verfolgt der Kläger von Anfang an mehrere Ansprüche in einer Klage, während bei der Klageänderung nachträglich im Prozess der Klageantrag oder der zugrundeliegende Lebenssachverhalt (Klagegrund) geändert oder ein weiterer Anspruch eingeführt wird. Die prozessualen Voraussetzungen für die ursprünglich erhobene objektive Klagehäufung sind geringer als für eine spätere Klageänderung, bei der insbesondere die Zustimmung des Beklagten oder die Sachdienlichkeit durch das Gericht erforderlich ist. Während sich die Zulässigkeit der Klagehäufung nach § 260 ZPO richtet, gelten für die Klageänderung §§ 263, 264 ZPO.

Können im Rahmen der Änderungsklage zusätzliche Beweismittel eingeführt werden?

Ja, mit einer Änderungsklage können auch neue, bisher nicht vorgelegte Beweismittel eingeführt werden, sofern diese im Zusammenhang mit dem durch die Änderung neu eingeführten Anspruch oder tatsächlichen Vorbringen stehen. Insbesondere bei einer Klageerweiterung können Beweismittel, die den erweiterten Anspruch betreffen, unproblematisch eingebracht werden. Auch bei einer Klageumstellung auf einen anderen Klagegrund (z.B. Wechsel von Erfüllungs- auf Schadensersatzansprüche) sind diejenigen Beweismittel zulässig, die die neue Anspruchslage betreffen. Gleichwohl gilt weiterhin die prozessuale Obliegenheit zur rechtzeitigen Vorlage und die sich daraus möglicherweise ergebende Präklusionsgefahr bei verspätetem Vortrag (§§ 296, 282 ZPO).

Ist eine Änderungsklage auch in der Berufungsinstanz möglich?

Eine Änderungsklage ist grundsätzlich auch in der Berufungsinstanz möglich, allerdings sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen enger als in der ersten Instanz. In der Berufungsinstanz ist nach § 533 ZPO eine Klageänderung nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht die Klageänderung für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt wird, die bereits im ersten Rechtszug vorgetragen wurden oder unstreitig sind. Nachträgliche Erweiterungen auf völlig neue Tatsachen sind dagegen ausgeschlossen. Die restriktiven Voraussetzungen dienen der Beschleunigung des Berufungsverfahrens und dem Schutz der Verfahrensbeteiligten vor überraschenden neuen Streitpunkten.

Welche Rechtsmittel stehen gegen die Zulassung oder Versagung einer Änderungsklage zur Verfügung?

Gegen die Entscheidung über die Zulassung oder Ablehnung einer Änderungsklage ist grundsätzlich kein gesondertes Rechtsmittel statthaft, da es sich dabei um eine nicht selbständig anfechtbare Zwischenentscheidung handelt. Die Entscheidung kann erst im Rahmen eines gegen das Endurteil eingelegten Rechtsmittels (Berufung oder Revision) überprüft werden. Wird die Änderungsklage fälschlicherweise abgelehnt, kann dies im Berufungsverfahren gerügt und der Sachverhalt dann nachgeholt werden. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei einer offensichtlichen Verletzung prozessualen Gehörs, kann ausnahmsweise eine sofortige Beschwerde zulässig sein.

Welche formellen Anforderungen sind bei der Erhebung einer Änderungsklage einzuhalten?

Eine Änderungsklage bedarf der gleichen Form wie die ursprüngliche Klage, also der Schriftform (bei schriftlichem Verfahren) oder der Protokollierung im Termin zur mündlichen Verhandlung. Der neue oder geänderte Klageantrag sowie der zugrundeliegende tatsächliche Lebenssachverhalt müssen so konkret gefasst werden, dass sie den Anforderungen an die Bestimmtheit gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen. Das neue Klagevorbringen muss außerdem dem Gegner ordnungsgemäß zugestellt werden, sofern dieser im Termin nicht auf andere Weise in Kenntnis gesetzt wird, um das rechtliche Gehör zu gewährleisten.