Begriff und Grundprinzip der Absetzung für Abnutzung (AfA)
Die Absetzung für Abnutzung (AfA) ist ein zentrales Element des deutschen Steuerrechts und bezeichnet die Möglichkeit, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten abnutzbarer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung periodisiert als Betriebsausgaben anzusetzen. Hierdurch wird dem in § 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kodifizierten Grundsatz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Rechnung getragen, indem Aufwendungen auf die Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts verteilt werden. Die AfA ist sowohl im betrieblichen als auch im außerbetrieblichen Bereich (z. B. Vermietung und Verpachtung) von Bedeutung.
Rechtsgrundlagen und Gesetzliche Regelungen
Einkommensteuergesetz (EStG)
Die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zur Absetzung für Abnutzung finden sich in den §§ 7 ff. EStG:
- § 7 Abs. 1 EStG (Lineare AfA): Regelt die Grundform der linearen Abschreibung, wobei die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verteilt werden.
- § 7 Abs. 2 EStG (Degressive AfA): Die degressive Abschreibung, bei der in den ersten Jahren höhere Abschreibungsbeträge angesetzt werden konnten, ist für neu zu beschaffende Wirtschaftsgüter nur noch eingeschränkt zulässig.
- § 7g EStG (Sonderabschreibungen und Investitionsabzugsbetrag): Enthält Regelungen für kleine und mittlere Unternehmen, zusätzliche Abschreibungen und Reserven zu bilden.
- § 7 Abs. 4 EStG (Nutzungsdauern): Regelt die Bestimmung der Nutzungsdauer und verweist auf die amtlichen AfA-Tabellen.
Bewertungsrechtliche Grundlagen
Die AfA steht im Zusammenhang mit den Vorschriften des Handelsrechts, insbesondere im Kontext der Bewertung des Anlagevermögens nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB), wobei steuerrechtliche und handelsrechtliche Abschreibungen voneinander abweichen können (Maßgeblichkeitsgrundsatz und umgekehrte Maßgeblichkeit).
Anwendungsbereich der AfA
Abnutzbare Wirtschaftsgüter
Ein Anspruch auf AfA besteht ausschließlich für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Das Abnutzungspotenzial ergibt sich meist aus physischem Verschleiß, technischen Entwicklungen oder wirtschaftlicher Überholung. Nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter (z. B. Grund und Boden) sind von der AfA ausgeschlossen.
Anschaffungs- und Herstellungskosten
Die Bemessungsgrundlage der AfA sind gemäß § 7 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes, wobei nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu berücksichtigen sind. Dabei werden auch aktivierungspflichtige Nebenkosten einbezogen.
Betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer
Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bestimmt gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 EStG den Zeitraum, über den die Kosten verteilt werden. Grundlage hierfür bilden die von der Finanzverwaltung veröffentlichten AfA-Tabellen, die für verschiedene Wirtschaftsgüter maßgebliche Nutzungsdauern vorsehen.
Formen der AfA
Lineare Abschreibung
Bei der linearen Abschreibung (§ 7 Abs. 1 EStG) wird die Bemessungsgrundlage zu gleichen Teilen jährlich verteilt. Dies ist der Regelfall der AfA.
Degressive Abschreibung
Die degressive Abschreibung (§ 7 Abs. 2 EStG) ermöglicht höhere Abschreibungen in den Anfangsjahren der Nutzung. Diese Form ist zeitlich begrenzt und steht dem Steuerpflichtigen nur eingeschränkt offen, abhängig von gesetzlichen Übergangsregelungen.
Leistungsabschreibung
Nach § 7 Abs. 1 Satz 6 EStG kann die AfA auch auf Grundlage der Inanspruchnahme (Nutzung) erfolgen, sofern die Abnutzung in jedem Jahr unterschiedlich ist und diese unterschiedliche Nutzung nachgewiesen werden kann.
Spezielle Abschreibungsmöglichkeiten
Praktisch relevant können darüber hinaus Sonderabschreibungen und Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG sowie sofortige Abschreibungen von geringwertigen Wirtschaftsgütern (§ 6 Abs. 2 EStG) sein.
AfA im Steuerrechtlichen Kontext
Steuerbilanz und steuerliche Gewinnermittlung
Die AfA stellt einen Aufwand dar, der im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung geltend gemacht werden kann. Die Wahl der Abschreibungsmethode beeinflusst die Höhe des zu versteuernden Gewinns und somit die tatsächliche Steuerlast.
Maßgeblichkeit der Handelsbilanz
Nach § 5 Abs. 1 EStG ist grundsätzlich die handelsrechtliche Jahresbilanz Ausgangspunkt für die steuerliche Gewinnermittlung, sofern steuerrechtlich keine abweichenden Regelungen bestehen. Unterschiede zwischen handelsrechtlicher und steuerrechtlicher AfA sind daher möglich (Beispiel: unterschiedliche Abschreibungsmethoden oder Sonderabschreibungen).
Geringwertige Wirtschaftsgüter
Für geringwertige Wirtschaftsgüter gelten vereinfachte Regelungen zur Sofortabschreibung beziehungsweise Poolabschreibung. Diese sind in § 6 Abs. 2 und 2a EStG geregelt und dienen der Verwaltungsvereinfachung.
Buchführungspflicht, Dokumentations- und Nachweispflichten
Bei der Inanspruchnahme der AfA ist der Steuerpflichtige verpflichtet, sämtliche mit der AfA zusammenhängenden Vorgänge ordnungsgemäß zu dokumentieren und im Rahmen der Buchführung nachzuweisen. Dies umfasst insbesondere die Erfassung von Anschaffungs- und Herstellungskosten, Nutzungsbeginn, angewendete Abschreibungssätze, Nutzungsdauer sowie ggf. Nachweise über außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung.
Sonderfälle und Abgrenzungsprobleme
Außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung
Im Falle einer außergewöhnlichen technischen oder wirtschaftlichen Abnutzung kann eine außerordentliche AfA (§ 7 Abs. 1 Satz 7 EStG) beansprucht werden, wodurch nicht abgeschriebene Restwerte außerplanmäßig abgeschrieben werden können.
Teilwertabschreibung
Sofern der Teilwert eines abnutzbaren Wirtschaftsgutes dauerhaft unter den Buchwert sinkt, kann gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert erfolgen.
AfA bei verschiedenen Einkunftsarten
Die AfA findet Anwendung bei unterschiedlichen Einkunftsarten wie den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit sowie bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Im außerbetrieblichen Bereich ist die Abschreibung insbesondere im Kontext der Einkunftsart „Vermietung und Verpachtung“ (§ 21 EStG) von Bedeutung, beispielsweise bei der Abschreibung von Gebäuden.
Praxisrelevanz und Bedeutung
Die ordnungsgemäße Anwendung der AfA wirkt sich maßgeblich auf die Höhe des steuerlich anzusetzenden Gewinns und damit auf die Steuerbelastung aus. Neben der grundlegenden Planungs- und Gestaltungsmöglichkeit durch die Wahl der Abschreibungsmethode stellt die AfA ein wesentliches Instrument der Bilanzpolitik und Liquiditätssteuerung für Unternehmen und Privatpersonen dar.
Literaturhinweise und weiterführende Quellen
- Einkommensteuergesetz (EStG), insbesondere §§ 7 ff.
- Amtliche AfA-Tabellen des Bundesministeriums der Finanzen (BMF)
- Anwendungserlasse und BMF-Schreiben zur AfA
- Handelsgesetzbuch (HGB), insbesondere Bewertungsvorschriften für das Anlagevermögen
- Kommentarliteratur zum Steuerrecht und Bilanzrecht
Dieser Lexikonartikel bietet eine umfassende Definition, Beschreibung und rechtliche Einordnung der Absetzung für Abnutzung (AfA) im deutschen Steuerrecht, deckt sämtliche relevante Rechtsfragen ab und gibt einen vollständigen Überblick über die praktische Anwendung und Bedeutung der AfA.
Häufig gestellte Fragen
Wie wird die Nutzungsdauer von Wirtschaftsgütern im Rahmen der AfA rechtlich bestimmt?
Die Ermittlung der Nutzungsdauer ist ein zentraler Aspekt bei der Anwendung der Absetzung für Abnutzung (AfA) im deutschen Steuerrecht. Gesetzlich geregelt ist die AfA insbesondere in den §§ 7 ff. Einkommensteuergesetz (EStG). Nach § 7 Abs. 1 EStG erfolgt die Abschreibung über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts. Die Finanzverwaltung gibt dafür amtliche AfA-Tabellen heraus, die für verschiedene Wirtschaftsgüter die voraussichtliche Nutzungsdauer standardisieren und damit einen rechtssicheren Rahmen für die Abschreibung schaffen. Abweichungen von diesen Tabellenwerten sind grundsätzlich zulässig, müssen jedoch vom Steuerpflichtigen nachgewiesen und begründet werden. Die Berücksichtigung einer kürzeren oder längeren Nutzungsdauer kommt beispielsweise bei ungewöhnlicher Beanspruchung oder technologischem Fortschritt in Betracht, verlangt aber eine substantielle Darlegung gegenüber dem Finanzamt. Für Gebäude gelten besondere Vorschriften, die sich nach ihrer Nutzungsart (z.B. Wohngebäude, Gewerbeimmobilien) richten und im EStG ausdrücklich benannt sind.
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Anwendung der AfA erfüllt sein?
Für die Inanspruchnahme der AfA müssen verschiedene rechtliche Voraussetzungen gegeben sein. Zunächst muss das Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen zugeordnet und im Eigentum oder wirtschaftlichen Eigentum des Steuerpflichtigen stehen (§ 39 AO). Es muss zudem abnutzbar sein, also dem Werteverzehr durch Nutzung, technischen Fortschritt oder Zeitablauf unterliegen (§ 253 Abs. 3 HGB). Nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter, wie Grund und Boden, sind somit ausgenommen. Weiterhin muss das Wirtschaftsgut zur Einkünfteerzielung eingesetzt werden, was bedeutet, dass es betrieblich genutzt werden oder im Zusammenhang mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stehen muss. Die Aktivierung des Wirtschaftsgutes im Anlagevermögen (bzw. bei Einnahmen-Überschussrechnung im Verzeichnis zum Anlagevermögen) ist ebenfalls erforderlich.
In welchen Fällen kann eine außerplanmäßige Abschreibung (Teilwertabschreibung) vorgenommen werden?
Die außerplanmäßige AfA, gesetzlich in § 6 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 EStG geregelt, ist zulässig, wenn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung am Wirtschaftsgut eintritt. Dies ist etwa der Fall bei technischer Überholung, Beschädigung, nachhaltiger Preisrückgang oder vergleichbaren Umständen. Die dauerhafte Wertminderung muss objektiv nachprüfbar sein und ist gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen. Keine außerplanmäßige AfA ist möglich bei vorübergehenden Wertschwankungen. Besonderheiten bestehen bei Finanzanlagen und Forderungen; hier sind strengere Maßstäbe durch die Rechtsprechung und die Verwaltungsanweisungen festgelegt worden. Erfolgt die Teilwertabschreibung, ist der niedrigere Teilwert anstelle der fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen.
Gibt es rechtliche Unterschiede zwischen linearer und degressiver AfA?
Rechtlich unterschieden werden im Einkommensteuergesetz (§ 7 EStG) vor allem die lineare und die degressive AfA. Die lineare AfA ist der gesetzliche Regelfall und wird auf alle beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter angewendet, sofern keine Sonderregelung greift. Der jährliche Abschreibungsbetrag bleibt hierbei über die komplette Nutzungsdauer konstant. Die degressive AfA, d.h. Abschreibung mit fallenden Jahresbeträgen, wurde vom Gesetzgeber zeitlich befristet wiederholt zugelassen und ist meist beschränkt auf bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Sie unterliegt engen zeitlichen und sachlichen Voraussetzungen, die jeweils im Gesetz ausdrücklich geregelt werden (zuletzt § 7 Abs. 2 EStG). Nach Ablauf der gesetzlichen Begünstigung ist ein Wechsel zur linearen Abschreibung möglich, jedoch sind die dann noch abzuschreibenden Werte gleichmäßig über die Restnutzungsdauer zu verteilen.
Welche Dokumentationspflichten bestehen in Bezug auf die AfA?
Die AfA-Ansprüche müssen vom Steuerpflichtigen plausibel und nachvollziehbar dokumentiert werden. Erforderlich ist eine lückenlose Führung des Anlageverzeichnisses bzw. Anlagevermögensverzeichnisses, gemäß § 7 Abs. 1 EStG i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 5 EStG und § 6 EStG. In diesem Verzeichnis sind u.a. Anschaffungs-/Herstellungskosten, Anschaffungsdatum, Nutzungsdauer, Abschreibungsmethode und jährlich vorgenommene Abschreibungsbeträge einzutragen. Bei abweichender Nutzungsdauer oder bei Sonderabschreibungen sind entsprechende Nachweise und Begründungen beizufügen. Für Körperschaften und Unternehmen, die bilanziell tätig sind, gelten weitergehende Vorschriften aus HGB und GoBD bezüglich lückenloser und nachvollziehbarer Dokumentation. Versäumnisse können zu Hinzuschätzungen oder Versagung der Abschreibung führen.
Wie können sich nachträgliche Veränderungen am Wirtschaftsgut auf die AfA-Bemessung auswirken?
Nachträgliche Veränderungen, wie Erweiterungen, Wertverbesserungen oder Teilveräußerungen am Wirtschaftsgut, können die Bemessungsgrundlage und die weitere Abschreibungsverteilung beeinflussen. Erweiterungs- und Verbesserungskosten (§ 255 Abs. 2 Satz 1 HGB; § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG) sind den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zuzuschlagen und erhöhen damit die Bemessungsgrundlage der verbleibenden AfA. Bei Teilveräußerung oder teilweisem Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen ist der Restbuchwert aufzuteilen und anteilig auszubuchen. Jedwede Änderungen sind ordnungsgemäß zu dokumentieren. Wird ein Wirtschaftsgut nachträglich in eine andere betriebliche Tätigkeit überführt (Funktionsänderung), beginnt ggf. eine neue Bewertung der Nutzungsdauer auf Basis der neuen Verwendung, sofern sich dadurch die Abnutzung wesentlich verändert.
Welche rechtlichen Folgen hat die unterlassene oder fehlerhafte Inanspruchnahme der AfA?
Wird die AfA vom Steuerpflichtigen nicht oder fehlerhaft geltend gemacht, kann dies gravierende steuerliche Folgen haben. Grundsätzlich besteht im Steuerrecht das „Wahlrecht“ auf Abschreibung. Wird die AfA versäumt, ist sie nach ständiger Rechtsprechung des BFH für vergangene Jahre grundsätzlich nicht nachholbar, da es sich um eine periodisch auszuübende Wahlrechtsausübung handelt (R 7.4 EStR). Einzig in bestimmten Ausnahmefällen, etwa bei offensichtlichen Rechen- oder Schreibfehlern, kommt eine Berichtigung infrage (§ 129 AO). Eine zu hohe AfA führt zu außerbilanziellen Korrekturen und kann zu Steuernachforderungen, Verzinsungen nach § 233a AO und ggf. steuerstrafrechtlichen Konsequenzen führen. Die fehlerhafte Inanspruchnahme wird bei Außenprüfungen besonders geprüft und kann zu erheblichem Verwaltungsaufwand führen.