Begriff und rechtliche Grundlagen der Abmarkung
Die Abmarkung bezeichnet im deutschen Recht die amtliche Kennzeichnung und Festlegung von Grundstücksgrenzen durch dauerhaft sichtbare Grenzzeichen, sogenannte Grenzmarken. Sie ist insbesondere ein wesentlicher Bestandteil des Liegenschaftskatasters und der Grundstücksvermessung. Die Abmarkung gewährleistet, dass die Eigentumsverhältnisse an Grundstücken klar erkennbar, rechtssicher dokumentiert und im Gelände nachvollziehbar sind.
Die gesetzlichen Regelungen zur Abmarkung finden sich im Bundesrecht, vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) (§§ 919 ff. BGB), und im Liegenschaftskatasterrecht der einzelnen Bundesländer sowie damit in Zusammenhang stehenden Vermessungsgesetzen und Ausführungsbestimmungen.
Definition und Zweck der Abmarkung
Die Abmarkung wird definiert als das Setzen, Wiederherstellen, Erneuern oder Erkennen von Grenzzeichen durch die zuständigen Landesvermessungsbehörden oder durch befugte Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure. Diese Grenzzeichen (zum Beispiel Grenzsteine, Bolzen, Markennägel oder Kunststoffmarken) markieren die im Liegenschaftskataster festgelegten Grenzen eines Grundstücks dauerhaft im Gelände.
Der Hauptzweck der Abmarkung besteht darin, Grundstücksgrenzen im Interesse der Rechtssicherheit und des öffentlichen Glaubens des Liegenschaftskatasters sichtbar und nachvollziehbar zu kennzeichnen.
Gesetzliche und rechtliche Rahmenbedingungen
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Das BGB enthält in § 919 grundlegende Regelungen zur Abmarkung und zur so genannten Grenzverhandlung. Dabei ist speziell geregelt, dass beide Grundstücksnachbarn ein gegenseitiges Anrecht darauf haben, dass ihr gemeinsamer Grenzverlauf durch Grenzzeichen markiert wird. Bei Streitigkeiten über den Grenzverlauf kann eine Grenzfeststellung oder eine Grenzvermessung beantragt werden.
§ 919 BGB: Grenzzeichen und Grenzabmarkung
Gesetzestextauszug (sinngemäß):
- Nachbargrundstücke sollen an ihrem gemeinsamen Grenzverlauf durch dauerhafte Grenzzeichen markiert sein.
- Fehlt eine solche Markierung, kann jeder Eigentümer vom anderen verlangen, dass diese vorgenommen oder erneuert wird.
- Bei Uneinigkeit kann gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden.
Vermessungsrecht und Vermessungsgesetze der Bundesländer
Weitreichende und detailliertere Vorschriften zur Durchführung der Abmarkung sind in den jeweiligen Vermessungs- und Katastergesetzen der 16 Bundesländer geregelt. Diese Gesetze bestimmen unter anderem:
- Wer zur Abmarkung befugt ist
- Wie das Verfahren der Abmarkung abläuft
- Wie Grenzzeichen angebracht, erneuert oder entfernt werden
- Welche Mitwirkungsrechte und -pflichten die Eigentümer und Beteiligten haben
- Die Verwaltungsgebühren und Kostenregelungen
Beispiele für entsprechende Gesetze sind das Vermessungs- und Katastergesetz Nordrhein-Westfalen (VermKatG NRW), das Bayerische Vermessungs- und Katastergesetz (BayVermKatG) oder das Niedersächsische Gesetz über das amtliche Vermessungswesen (NVermG).
Ablauf und Verfahren der Abmarkung
Antragsverfahren und Einleitung
Die Abmarkung erfolgt in der Regel auf Antrag eines Grundstückseigentümers oder im Rahmen hoheitlicher Vermessungsarbeiten, beispielsweise bei der Katastervermessung oder Umlegung. Zuständige Stelle ist die Katasterbehörde oder der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur.
Grenzfeststellung
Vor der eigentlichen Abmarkung muss die Grundstücksgrenze festgestellt werden. Dies geschieht meist durch eine amtliche Grenzfeststellung, bei der die Nachbarn zur gemeinsamen Verhandlung geladen werden. Die Grenze wird anhand der Katasterunterlagen, gegebenenfalls alter Urkunden und Vermessungspunkte, bestimmt.
Setzen der Grenzzeichen
Nach der Feststellung erfolgt das physische Einbringen der Grenzzeichen ins Gelände. Die verwendeten Marken müssen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen (Form, Material, Haltbarkeit). Die Lage wird genau dokumentiert und im Vermessungsriss eingetragen.
Verhandlungsprotokoll und Grenzniederschrift
Das Verfahren wird üblicherweise durch eine sogenannte Grenzniederschrift abgeschlossen. Darin wird festgehalten, welche Grenzen festgestellt und welche Grenzzeichen gesetzt wurden. Die Niederschrift erhalten die betroffenen Grundstückseigentümer, sie wird im Kataster nachrichtlich hinterlegt.
Eigentumsverhältnisse und rechtliche Wirkung
Öffentliches Glaube und Beweiskraft
Die durch die Abmarkung festgelegten Grenzverläufe genießen den Schutz des öffentlichen Glaubens, solange sie mit den Angaben im Liegenschaftskataster übereinstimmen. Die Beweiskraft der Abmarkung reicht weit: Grenzzeichen sind bis zu einem Gegenbeweis als korrekt anzusehen (widerlegbare Vermutung).
Beseitigung und Veränderung von Grenzzeichen
Die vorsätzliche oder fahrlässige Entfernung, Zerstörung oder Versetzung eines amtlichen Grenzzeichens ist nach den Straf- und Bußgeldvorschriften der jeweiligen Landesgesetze untersagt und kann auch strafbar sein (zum Beispiel § 274 StGB – Urkundenunterdrückung). Wiederherstellungspflichten und Haftungsregelungen für Schäden sind ebenfalls gesetzlich normiert.
Kostenregelung der Abmarkung
Die Kosten für die Abmarkung trägt grundsätzlich derjenige, der sie beantragt. Wenn beide Nachbarn ein gemeinsames Interesse haben, werden die Gebühren geteilt. Die Höhe der Kosten richtet sich nach den Gebührentabellen der Landesvermessungsämter und kann regional unterschiedlich ausfallen.
Rechtsmittel und Streitigkeiten bei der Abmarkung
Verwaltungsverfahren und Rechtsweg
Im Falle von Einwendungen oder Unstimmigkeiten gegen das Ergebnis der Abmarkung (z. B. gegen die festgestellte Grenze) besteht die Möglichkeit, den Verwaltungsrechtsweg zu bestreiten. Betroffene können Widerspruch gegen Verwaltungsakte der Katasterbehörde einlegen und erforderlichenfalls Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben.
Zivilrechtliche Abgrenzung und Nachbarrecht
Streitigkeiten um Grenzverläufe können daneben auch zivilrechtlich ausgetragen werden, etwa in Form einer sogenannten Grenzfeststellungsklage gemäß § 919 BGB.
Abgrenzung zu verwandten Begriffen
Die Abmarkung ist abzugrenzen von:
- Der Grenzfeststellung: Sie bezieht sich auf die verbindliche Festlegung der Grenze, nicht zwingend auf die körperliche Markierung im Gelände.
- Der Vermessung: Diese umfasst sämtliche Tätigkeiten zur Lagebestimmung von Punkten im Gelände, ist aber mehr als die reine Setzung von Grenzzeichen.
- Der Grenzverhandlung: Dieses Verfahren beinhaltet die Anhörung der Beteiligten über den Grenzverlauf.
Bedeutung und Praxis der Abmarkung
Die rechtssichere Abmarkung ist von besonderer Bedeutung für Grundstückseigentümer und Behörden, etwa zur Vermeidung und Schlichtung von Grenzstreitigkeiten, für die Grundbucheintragung, für Grundstückstransaktionen und für bau- oder planungsrechtliche Verfahren.
Literatur und weiterführende Regelungen
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) §§ 919 ff.
- Vermessungs- und Katastergesetze der Bundesländer
- Liegenschaftskatasterverordnung
- Grundbuchordnung (GBO)
- Strafgesetzbuch (StGB), insbesondere § 274
Abmarkung ist damit ein zentrales Rechtsinstrument zur Sicherung von Eigentumsrechten und zur Gewährleistung geordneter Eigentumsverhältnisse im Grundstücksverkehr. Sie verbindet Vermessungstechnik und Rechtsprechung und dient der konkreten Umsetzung privater und öffentlicher Interessen an Klarheit und Beständigkeit der Grundstücksgrenzen.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine Abmarkung erfüllt sein?
Die Abmarkung erfolgt grundsätzlich nur auf der Grundlage klarer rechtlicher Vorgaben. Voraussetzung ist in der Regel das Vorliegen einer rechtskräftigen Grenzfeststellung, da die verbindliche Bestimmung der Grenzpunkte maßgeblich als Grundlage für jede weitere Abmarkung gilt. Rechtsgrundlagen sind hierfür insbesondere die jeweiligen Vermessungs- und Katastergesetze der Bundesländer. Die Durchführung darf ausschließlich durch eine hierzu befugte Person, meist eine öffentliche bestellte Vermessungsingenieurin oder ein Vermessungsingenieur beziehungsweise die zuständige Katasterbehörde, erfolgen. Vor der Abmarkung müssen zudem sämtliche Parteien, deren Grundstücke von der Markierung betroffen sind, ordnungsgemäß benachrichtigt werden. Zustimmungen oder Einwendungen werden im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens geprüft. In Konfliktfällen kann ein Widerspruchs- oder Klageverfahren beim Verwaltungsgericht angestrebt werden. Zu beachten ist auch, dass für die Durchführung Gebühren und Kosten gemäß der geltenden Rechtsverordnung anfallen.
Muss ein Grundstückseigentümer der Abmarkung zustimmen?
Eine ausdrückliche Zustimmung ist im Regelfall nicht notwendig, wenn eine rechtsverbindliche Grenzfeststellung bereits erfolgt ist. Die betroffenen Eigentümer werden jedoch – gesetzlich zwingend – über die beabsichtigte Abmarkung informiert. Sollte die Rechtsgrundlage für die Grenzfestlegung nicht einvernehmlich oder bestandskräftig sein, ist die Mitwirkung der Anlieger jedoch erforderlich. Im Streitfall können betroffene Parteien die Maßnahme im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens anfechten. Das Grundbuchamt sowie die Katasterämter akzeptieren im Falle gegensätzlicher Auffassungen zur Markierung erst nach Abschluss der verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Prüfung eine endgültige Eintragung.
Welche rechtlichen Folgen hat eine Abmarkung?
Die rechtliche Wirkung einer ordnungsgemäß durchgeführten Abmarkung besteht darin, dass die markierten Grenzpunkte dauerhaft im Kataster geführt und als verbindlich anerkannt werden. Die eingemessenen Grenzzeichen – etwa Grenzsteine oder -rohre – sind ab dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Feststellung und Markierung rechtlich geschützt. Ihre Entfernung oder Veränderung ist strafbar (§ 274 StGB, Urkundenunterdrückung bzw. Sachbeschädigung). Die genaue Kenntnis der Grenzen hat erhebliche rechtliche Bedeutung etwa im Nachbarrecht, Baurecht, bei Grundstücksverkäufen oder im Rahmen von Erbauseinandersetzungen. Unstimmigkeiten über den Grenzverlauf gelten nach bestandskräftiger Abmarkung und entsprechenden Einträgen als erledigt.
Kann gegen eine Abmarkung rechtlich vorgegangen werden?
Ja, gegen eine geplante oder bereits erfolgte Abmarkung können Betroffene rechtlich vorgehen. Dies geschieht regelmäßig durch das Einlegen von Widerspruch oder Klage gegen den durchführenden Verwaltungsakt. Der Rechtsweg wird in der Regel vor den Verwaltungsgerichten beschritten. Die Erfolgsaussichten hängen davon ab, ob sachliche oder formelle Fehler bei der Grenzfeststellung oder der Durchführung der Abmarkung vorliegen. Reine Unzufriedenheit mit dem Ergebnis, ohne tatsächliche Fehler nachweisen zu können, reicht jedoch nicht aus. Die Fristen für Rechtsmittel richten sich nach den allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und den landesrechtlichen Regelungen.
Wer trägt die Kosten einer Abmarkung aus rechtlicher Sicht?
Die Kostenregelung für eine Abmarkung unterliegt landesrechtlichen Vorschriften, vor allem den einschlägigen Gebührenordnungen für Vermessungs- und Katasterbehörden. Grundsätzlich trägt der Antragsteller die Gebühren, wenn er die Abmarkung veranlasst hat. Bei Anordnungen der Behörde können die Kosten auch auf die betroffenen Grundstückseigentümer verteilt werden. Streitigkeiten über die Kostentragung können bei der zuständigen Behörde oder im Rahmen des Verwaltungsgerichtsverfahrens geklärt werden. In Ausnahmefällen, im Rahmen von größeren Flurbereinigungen oder öffentlich-rechtlichen Verfahren, können abweichende Kostentragungsregelungen gelten.
Ist eine einmal vorgenommene Abmarkung rechtlich endgültig?
Eine ordnungsgemäß und bestandskräftig vorgenommene Abmarkung ist verbindlich und gilt kraft Gesetzes als endgültig. Kommt es später zu veränderten Feststellungen – etwa durch neue Vermessungsergebnisse, Irrtümer, oder Vorliegen neuer Beweise -, kann die Markierung nur durch ein förmliches Grenzfeststellungsverfahren und die entsprechenden Verwaltungsakte berichtigt werden. Dies erfordert nachträglich ein rechtliches und tatsächliches Änderungsverfahren, welches wiederum besonderen formalen Anforderungen und Eintragungspflichten unterliegt.
Welche rechtlichen Pflichten hat der Grundstückseigentümer bezüglich der Abmarkung?
Grundstückseigentümer sind nach den landesrechtlichen Vorschriften verpflichtet, die Markierung ihrer Grundstücksgrenzen zu dulden und zu erhalten. Sie dürfen Grenzzeichen weder eigenmächtig versetzen noch entfernen. Zudem haben sie im Rahmen des Abmarkungsverfahrens Mitwirkungspflichten, etwa durch Duldung von Betretungsrechten für die mit der Abmarkung Beauftragten. Verstöße gegen diese Pflichten können zivil- oder strafrechtliche Konsequenzen (z.B. Bußgeld, Kostenübernahme, Schadensersatz, Straftatbestand) nach sich ziehen.