Abgeschlossenheitsbescheinigung: Begriff, rechtliche Grundlagen und praktische Bedeutung
Definition und rechtliche Einordnung
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung ist ein behördliches Dokument, das im Kontext des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) in Deutschland eine zentrale Rolle spielt. Sie bestätigt, dass bestimmte Räume innerhalb eines Gebäudes – meist Wohnungen oder sonstige selbständige Einheiten – baulich derart von anderen abgetrennt sind, dass sie eigenständig genutzt werden können. Die Bescheinigung ist insbesondere Voraussetzung für die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum im Grundbuchverfahren gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 WEG.
Gesetzliche Grundlagen
Wohnungseigentumsgesetz (WEG)
Die maßgebliche rechtliche Grundlage für die Abgeschlossenheitsbescheinigung ist das Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Insbesondere regelt § 7 Abs. 4 WEG, dass für die Eintragung von Wohnungs- oder Teileigentum eine Bescheinigung der zuständigen Behörde vorliegen muss, wonach die entsprechenden Einheiten in sich abgeschlossen sind. Weitere Einzelheiten finden sich in den dazugehörigen Ausführungsverordnungen der Bundesländer.
Landesrechtliche Ausführungsregelungen
Da das WEG den Vollzug der Abgeschlossenheitsbescheinigung auf Landesebene delegiert, existieren örtliche Unterschiede bezüglich der zuständigen Behörden und konkreten Antragsvoraussetzungen. Typischerweise ist das Bauamt oder das Amt für Bauordnung der jeweiligen Kommune oder Stadt zuständig.
Voraussetzungen für die Erteilung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung
Begriff der Abgeschlossenheit
Die Abgeschlossenheit bedeutet, dass die einzelnen Wohneinheiten oder sonstigen selbständigen Einheiten eines Gebäudes durch Wände und Decken vollständig von anderen baulich getrennt sind. Außerdem muss jede Einheit über einen abschließbaren Zugang verfügen. Zu einer abgeschlossenen Wohnung zählen neben den Wohnräumen auch zugehörige Nebenräume innerhalb derselben Wohnung, wie etwa Küche, Bad, Toilette und Abstellräume.
Räume außerhalb der Wohnung
Auch außerhalb gelegene Räume (zum Beispiel Kellerräume, Garagen oder Dachbodenabteile) können als zum Sondereigentum gehörend gelten, sofern sie eindeutig einer bestimmten Einheit zugeordnet werden können und entsprechend im Aufteilungsplan ausgewiesen sind. Sie müssen ebenfalls in ihrer Nutzung klar von anderen Einheiten abgegrenzt sein.
Erforderliche Unterlagen und Bauzeichnungen
Für den Antrag auf Abgeschlossenheitsbescheinigung ist in der Regel Folgendes einzureichen:
- Antrag auf Ausstellung der Abgeschlossenheitsbescheinigung
- Amtlicher Aufteilungsplan (in der Regel Bauzeichnungen im Maßstab 1:100, mit Kennzeichnung der selbständigen Einheiten)
- Grundrisse, Schnitt- und Ansichtszeichnungen, die eine klare Zuordnung der einzelnen Sondereigentumseinheiten ermöglichen
- Flächenberechnungen und gegebenenfalls Nachweise über bestehende bauliche Trennung (z.B. Lage benannter Zugangstüren)
- Weitere, von der jeweiligen Landesverordnung geforderte Unterlagen
Bedeutung der Abgeschlossenheitsbescheinigung im Grundbuchverfahren
Voraussetzung für die Begründung von Wohnungseigentum
Erst nach Vorlage einer Abgeschlossenheitsbescheinigung beim Grundbuchamt ist eine Aufteilung des Eigentums – etwa in einzelne Eigentumswohnungen oder Teileigentum – rechtlich möglich. Die Bescheinigung belegt gegenüber dem Grundbuchamt, dass die abzuschreibenden Einheiten die gesetzlichen Anforderungen der Abgeschlossenheit erfüllen.
Eintragung in das Wohnungsgrundbuch
Das Grundbuchamt nimmt unter anderem aufgrund der Abgeschlossenheitsbescheinigung die Bildung von Wohnungsgrundbüchern vor. Erst mit der Eintragung entsteht das selbständige Sondereigentum, welches separat verkauft, belastet und vererbt werden kann.
Praktische Aspekte und Verfahrensablauf
Antragstellung und Bearbeitung
Die Ausstellung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung erfolgt auf Antrag des (künftigen) Eigentümers. Die Bearbeitung liegt, abhängig vom Bundesland, meist bei den unteren Bauaufsichtsbehörden. Die Verfahrensdauer kann je nach Auslastung und Komplexität des vorliegenden Projekts mehrere Wochen betragen.
Gebühren
Für die Ausstellung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung werden von der Behörde Verwaltungsgebühren erhoben. Die Höhe variiert, richtet sich jedoch nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften sowie dem Verwaltungsaufwand im Einzelfall.
Bedeutung für Kauf, Verkauf und Beleihung
Ohne Abgeschlossenheitsbescheinigung ist eine rechtlich gesicherte Teilung von Gebäuden in eigenständige Eigentumseinheiten nicht möglich. Sowohl Banken als auch Notare fordern zur Durchführung von Kauf-, Verkaufs- oder Beleihungsvorgängen regelmäßig die Vorlage dieses Dokuments.
Rechtliche Streitfragen und praktische Problemstellungen
Streit um die Abgeschlossenheit
Nicht selten entstehen Streitigkeiten darüber, ob die baulichen Gegebenheiten tatsächlich die gesetzlichen Anforderungen der Abgeschlossenheit erfüllen. Dabei geht es häufig um Themen wie Schallschutz, Brandschutz, Zugangsmöglichkeiten oder um die exakte Grenzziehung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum.
Nachträgliche Änderungen und Modernisierungen
Wird an einem bereits bescheinigten Objekt nachträglich baulich etwas geändert, kann eine erneute Überprüfung und gegebenenfalls eine Änderung der bestehenden Abgeschlossenheitsbescheinigung erforderlich werden. Auch Teilungen im Bestand oder Zusammenlegungen von Räumen erfordern in der Regel eine Neubescheinigung.
Zusammenfassung
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung stellt eine wesentliche Voraussetzung für die rechtssichere Bildung von Wohnungs- und Teileigentum in Deutschland dar. Sie überprüft und dokumentiert die baulichen Gegebenheiten, trennt Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum voneinander und schafft somit Klarheit für die Eintragung im Grundbuch, den Verkauf, Erwerb und die Belastung von Eigentumseinheiten. Aufgrund ihrer zentralen Funktion, vor allem im Bereich des Immobilienrechts und des Grundbuchwesens, kommt der Abgeschlossenheitsbescheinigung eine hohe praktische Bedeutung zu. Die rechtlichen Grundlagen und Anforderungen sind detailliert im WEG und im jeweiligen Landesrecht geregelt, sodass der genaue Ablauf und die Voraussetzungen regional variieren können.
Weiterführende Themen:
- Wohnungseigentumsgesetz (WEG)
- 7.html“>Eintragung ins Wohnungsgrundbuch
- [Bauordnungsrechtliche Vorschriften je Bundesland]
Häufig gestellte Fragen
Welche Unterlagen sind für die Beantragung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung aus rechtlicher Sicht erforderlich?
Für die Beantragung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung sind gemäß § 7 Absatz 4 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) spezifische Unterlagen vorzulegen, die eine rechtssichere Prüfung der Voraussetzungen ermöglichen. Zwingend benötigt wird zunächst ein amtlicher Lageplan, der das Grundstück eindeutig darstellt. Darüber hinaus sind maßstabsgetreue Grundrisse, Schnitte und Ansichten sämtlicher Gebäudeteile einzureichen, wobei diese Pläne von einem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur, einem Architekten oder einem bauvorlageberechtigten Ingenieur unterschrieben sein müssen. Die Abgeschlossenheit der jeweiligen Einheiten muss aus den Unterlagen klar und nachvollziehbar hervorgehen. Weiterhin ist eine vollständige und eindeutige Aufteilung der Räume zu dokumentieren, wobei sowohl Wohn- als auch Nutzflächen, etwaige Sondernutzungsrechte sowie gemeinschaftliche Flächen exakt zu bezeichnen sind. Die Antragsunterlagen müssen den örtlichen Bauordnungen entsprechen und dürfen keine Abweichungen oder fehlenden Angaben hinsichtlich der späteren Nutzung enthalten. Überdies kann je nach Bundesland ein aktueller Auszug aus dem Liegenschaftskataster gefordert sein. Die detaillierte Einhaltung dieser Anforderungen ist unerlässlich, um dem Grundbuchamt die rechtssichere Eintragung von Wohnungseigentum bzw. Teileigentum zu ermöglichen.
Wer ist für die Ausstellung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung rechtlich zuständig?
Die Zuständigkeit für die Ausstellung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung liegt in Deutschland bei den Bauaufsichtsbehörden bzw. den unteren Bauämtern, die durch Landesrecht geregelt sind (§ 1 WEG und entsprechende Landesbauordnungen). Je nach Bundesland kann die konkrete Organisation der Ämter variieren; in einigen Ländern gibt es dezidierte Bauordnungsämter, während andernorts die Bezirks- oder Kreisverwaltungen für die Bescheinigung zuständig sind. Die Zuständigkeit richtet sich in der Regel nach dem Ort der belegenen Immobilie. Die prüfende Behörde ist verpflichtet, ausschließlich die rechtlichen Voraussetzungen der Abgeschlossenheit gem. WEG zu prüfen; bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Zulässigkeiten sind für die Ausstellung der Bescheinigung nicht maßgeblich, sofern die räumliche Abgeschlossenheit hinreichend dokumentiert ist. Wird die Bescheinigung zu Unrecht versagt, besteht nach Verwaltungsverfahrensrecht (§ 42 ff. VwGO) die Möglichkeit des Widerspruchs und gegebenenfalls einer verwaltungsgerichtlichen Klage.
Besteht ein rechtlicher Anspruch auf Ausstellung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung?
Ein rechtlicher Anspruch auf die Ausstellung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung besteht grundsätzlich dann, wenn die gesetzlichen und verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 WEG sowie der jeweiligen Landesbauordnungen erfüllt sind. Die zuständige Behörde ist in ihrer Entscheidung nicht ermessensgebunden, sondern handelt strikt nach Gesetz und muss den Antrag positiv bescheiden, wenn alle sachlichen und formalen Anforderungen eingehalten werden. Ist die räumliche Trennung der einzelnen Einheiten baulich und dokumentarisch eindeutig nachgewiesen, kann die Ausstellung der Bescheinigung nicht willkürlich oder unter Berufung auf Ermessensgesichtspunkte verweigert werden. Lediglich bei objektiv bestehenden baulichen oder formellen Mängeln ist rechtskonform eine Ablehnung möglich. Versagt die Behörde den Antrag trotz Erfüllung aller Voraussetzungen, so stehen dem Antragsteller Rechtsbehelfe, also Widerspruch und gegebenenfalls Klage vor dem Verwaltungsgericht, offen.
Welche rechtlichen Folgen hat die Abgeschlossenheitsbescheinigung für das Grundbuchamt?
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung ist eine notwendige öffentlich-rechtliche Voraussetzung für die Eintragung von Wohnungs- oder Teileigentum gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 WEG im Grundbuch. Das Grundbuchamt darf eine Teilungserklärung nur dann zur Eintragung bringen, wenn eine formell und inhaltlich ordnungsgemäße Abgeschlossenheitsbescheinigung vorliegt. Rechtlich bindend prüft das Grundbuchamt nicht die inhaltliche Richtigkeit der baulichen Situation, sondern allein die Vorlage und formelle Ordnungsmäßigkeit der Bescheinigung. Fehlt diese, darf kein eigenständiges Wohnungseigentum begründet werden. Wurde die Bescheinigung hingegen erteilt, darf das Grundbuchamt die Eintragung grundsätzlich nicht mit der Begründung ablehnen, die räumliche Abgeschlossenheit sei tatsächlich nicht gegeben. Die Bescheinigung erlangt damit für das Grundbuchamt Tatbestandswirkung und entfaltet eine Bindungswirkung hinsichtlich der in ihr festgestellten Abgeschlossenheit.
Wie lange ist eine Abgeschlossenheitsbescheinigung aus rechtlicher Sicht gültig?
Die Gültigkeit der Abgeschlossenheitsbescheinigung ist aus rechtlicher Sicht grundsätzlich unbefristet, solange die beschriebene bauliche Situation nicht nachträglich verändert wird. Sie bezieht sich immer auf den baulichen und planerischen Zustand zum Zeitpunkt der Ausstellung. Änderungen am Gebäude, etwa durch Umbauten oder Anbauten, können zur Folge haben, dass die ursprüngliche Bescheinigung ihre Gültigkeit verliert und im Rahmen späterer Teilungserklärungen oder Eigentumsumschreibungen eine neue Bescheinigung erforderlich wird. Rechtlich bleibt die einmal ausgestellte Bescheinigung jedoch auch über viele Jahre hinweg verwendbar, solange die tatsächlichen Verhältnisse den in den Unterlagen dokumentierten entsprechen. Es existiert kein gesetzlich vorgeschriebenes Ablaufdatum.
Kann gegen die Ablehnung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung rechtlich vorgegangen werden?
Wird die Ausstellung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung von der zuständigen Behörde abgelehnt, steht dem Antragsteller ein rechtlicher Weg offen. Die Ablehnung ist ein Verwaltungsakt, gegen den zunächst Widerspruch eingelegt werden kann (§ 68 VwGO). Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, besteht die Möglichkeit der Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht (§ 42 ff. VwGO). Im gerichtlichen Verfahren prüft das Gericht ausschließlich, ob die rechtlichen Voraussetzungen objektiv erfüllt sind, d. h. ob die bauliche Abgeschlossenheit ausreichend nachgewiesen wurde und die Unterlagen den Anforderungen entsprechen. Formelle und materielle Fehler der Bescheinigungserteilung wie auch unberechtigte Ablehnungen können somit gerichtlicher Überprüfung zugeführt werden. Dies stellt sicher, dass der Weg zur Wohnungseigentumsbegründung rechtstaatlich abgesichert ist.