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Abfindungsguthaben

 

Begriff und Definition des Abfindungsguthabens

Das Abfindungsguthaben ist ein im deutschen Recht verwendeter Begriff, der vor allem im Zusammenhang mit gesellschaftsrechtlichen, arbeitsrechtlichen sowie versicherungsmathematischen Fragestellungen Bedeutung hat. Es bezeichnet einen Geldbetrag oder eine Vermögensmasse, der bzw. die einem Berechtigten als Ausgleich oder Entschädigung für einen Verlust, eine Beendigung, einen Ausscheidensfall oder eine Übertragung zusteht. Der Begriff findet Anwendung insbesondere in der Praxis des Gesellschaftsrechts, Sozialversicherungsrechts und im Rahmen betrieblicher Altersversorgung.


Rechtliche Grundlagen des Abfindungsguthabens

Abfindungsguthaben im Gesellschaftsrecht

Im Gesellschaftsrecht tritt der Begriff des Abfindungsguthabens insbesondere bei dem Ausscheiden eines Gesellschafters zutage (§§ 738 ff. BGB; §§ 29, 34 GmbHG). Scheidet ein Gesellschafter aus einer Gesellschaft aus, etwa durch Kündigung, Tod oder Ausschluss, so entsteht eine Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft oder der verbleibenden Gesellschafter. Das Abfindungsguthaben bezeichnet in diesem Kontext den Ausgleichsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters gegen die Gesellschaft.

Berechnung und Fälligkeit

Die Berechnung des Abfindungsguthabens richtet sich grundsätzlich nach dem Gesellschaftsvertrag; gesetzliche Vorgaben greifen subsidiär. Häufig wird der Wert des Anteils am Gesellschaftsvermögen herangezogen, im Regelfall zu Verkehrswerten am Stichtag des Ausscheidens. Abweichende vertragliche Regelungen (etwa Fixbeträge oder modifizierte Bewertungsmethoden) sind zulässig, jedoch kontrolliert das Recht der Inhaltskontrolle (§§ 138, 242 BGB) insbesondere auf sittenwidrige Benachteiligung oder Unangemessenheit. Die Fälligkeit tritt mit dem Ausscheiden des Gesellschafters ein, kann aber zeitlich und in Bezug auf Ratenzahlungen im Gesellschaftsvertrag geregelt sein.

Abfindungsguthaben in der betrieblichen Altersversorgung

Auch im Bereich der betrieblichen Altersversorgung taucht die Begrifflichkeit des Abfindungsguthabens auf. Nach § 3 BetrAVG (Betriebsrentengesetz) können Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung unter bestimmten Voraussetzungen in Form eines Abfindungsguthabens ausgezahlt werden, insbesondere wenn die Versorgungsanwartschaft geringfügig ist.

Schutzmechanismen

Der Gesetzgeber hat Einschränkungen erlassen, um einen Schutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten. So darf eine Abfindung ohne Zustimmung des Arbeitnehmers in der Regel nur erfolgen, wenn der gesetzliche Grenzwert (Rentenbetrag nicht höher als 1 Prozent der Bezugsgröße gemäß § 18 SGB IV) nicht überschritten wird.

Abfindungsguthaben im Arbeitsrecht

Im arbeitsrechtlichen Kontext kommt das Abfindungsguthaben etwa bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder nach einem Sozialplan zur Anwendung. Es handelt sich hierbei um eine pauschale Geldleistung, die typischerweise als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt wird. Das Arbeitsrecht sieht grundsätzlich keinen originären Anspruch auf Abfindung vor, außer in wenigen gesetzlich normierten Fällen (z.B. §§ 1a, 9 KSchG).

Berechnung und steuerliche Behandlung

Die Höhe des arbeitsrechtlichen Abfindungsguthabens richtet sich nach Verhandlung, Sozialplan oder einer bestehenden Betriebsvereinbarung, üblicherweise unter Berücksichtigung von Dauer der Betriebszugehörigkeit und Alter. In steuerlicher Hinsicht unterliegt das Abfindungsguthaben dem Einkommensteuergesetz (EStG), wobei die sogenannte Fünftelregelung zur Anwendung kommen kann.


Abfindungsguthaben im Vergleich zu ähnlichen Begriffen

Das Abfindungsguthaben ist von begrifflich ähnlichen Konzepten abzugrenzen, zum Beispiel von der Abfindung selbst (die in der Regel auf die Zahlung Bezug nimmt), vom Auseinandersetzungsguthaben (gesellschaftsrechtlicher Kontext nach Liquidation) sowie von der Leistung aus Rückkaufswert (lebensversicherungsrechtlicher Kontext).


Verfahren und Geltendmachung

Anspruchsentstehung und Anspruchsberechtigte

Das Abfindungsguthaben entsteht regelmäßig im Zuge eines Beendigungs-, Ausscheidens- oder Übertragungsereignisses gemäß den jeweiligen gesetzlichen oder vertraglichen Voraussetzungen. Anspruchsberechtigt sind stets die unmittelbar durch das Ereignis verletzten bzw. betroffenen Personen, wie der ausscheidende Gesellschafter, Arbeitnehmer oder versicherte Person.

Verjährung und Durchsetzung

Die Verjährungsfristen richten sich nach allgemeinen Regeln des BGB (regelmäßig drei Jahre, §§ 195, 199 BGB), können aber gesellschaftsvertraglich, arbeitsvertraglich oder betrieblich differenziert geregelt werden. Die Durchsetzung erfolgt notfalls auf dem Zivilrechtsweg. Im Gesellschaftsrecht kann zusätzlich der Nachweis der ordnungsgemäßen Kündigung, des Ausscheidensgrunds oder -datums sowie der korrekt berechnete Anspruch erforderlich sein.


Besonderheiten im Insolvenzfall

Tritt der Insolvenzfall der Gesellschaft oder des Arbeitgebers ein, ist das Abfindungsguthaben regelmäßig als Insolvenzforderung anzumelden (§§ 38, 174 InsO). Im Rahmen der Masseverrechnung sind gesonderte Regelungen bezüglich der Rangfolge und Quoten zu beachten. Versorgungsanwartschaften können besonderen Insolvenzsicherungen unterliegen.


Steuerrechtliche Aspekte des Abfindungsguthabens

Einkommensteuer

Das Abfindungsguthaben stellt im Regelfall steuerpflichtiges Einkommen dar (§ 19 EStG). Die Fünftelregelung gemäß § 34 EStG kann eine steuerliche Milderung bewirken, wenn die Zahlung für mehrere Jahre zusammengefasst erfolgt.

Sozialversicherung

Im Rahmen der Sozialversicherungspflicht kommt es darauf an, ob die Zahlung als echtes Abfindungsguthaben oder als Entgelt für bisherige Dienstleistungen gewertet wird. Wird das Abfindungsguthaben nach Beendigung des Sozialversicherungsverhältnisses gezahlt, fallen regelmäßig keine Beiträge an.


Fazit

Das Abfindungsguthaben ist ein bedeutsamer Begriff im deutschen Rechtsalltag, der in unterschiedlichen Facetten im Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht sowie in der betrieblichen Altersversorgung auftritt. Die genaue rechtliche Ausgestaltung, Berechnung und Durchsetzung hängt maßgeblich vom Anwendungsfall und den dahinterstehenden gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen ab. Eine genaue Kenntnis der jeweiligen Vorschriften sowie etwaiger Schutzvorschriften ist im Umgang mit Abfindungsguthaben unverzichtbar.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die Auszahlung eines Abfindungsguthabens aus rechtlicher Sicht?

Die Auszahlung eines Abfindungsguthabens erfolgt in der Regel auf Basis einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, meistens im Rahmen eines Aufhebungsvertrages oder Sozialplans. Rechtlich setzt die Auszahlung voraus, dass der zugrundeliegende Anspruch wirksam entstanden ist und keine aufschiebenden Bedingungen entgegenstehen. Der Zeitpunkt der Auszahlung kann im Vertrag individuell geregelt sein, typischerweise erfolgt die Zahlung jedoch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder innerhalb eines vereinbarten Zeitraums danach. Aus rechtlicher Sicht ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Abfindungsguthaben in der vereinbarten Höhe und Frist zu zahlen, andernfalls kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch gerichtlich durchsetzen oder gegebenenfalls Zinsen geltend machen. Die Auszahlung muss netto erfolgen, wobei der Arbeitgeber Lohnsteuer und ggf. Sozialabgaben einbehält und abführt. Eine Abtretung oder Verpfändung des Abfindungsanspruchs ist grundsätzlich zulässig, sofern keine arbeitsvertraglichen oder tariflichen Einschränkungen bestehen.

Unterliegt das Abfindungsguthaben besonderen steuerlichen Regelungen?

Ja, das Abfindungsguthaben unterliegt steuerrechtlichen Besonderheiten. Im Grundsatz stellt die Abfindung eine außerordentliche Einkunft dar, die im Jahr der Auszahlung dem Progressionsvorbehalt unterliegt. Es greift die sogenannte Fünftelregelung (§ 34 EStG), durch die die steuerliche Belastung auf das Abfindungsguthaben gemildert wird, sofern es sich um eine Entschädigung für den Wegfall der Einnahmen handelt und die Auszahlung in einem zusammenhängenden Betrag erfolgt. Sozialversicherungsbeiträge fallen auf das Abfindungsguthaben grundsätzlich nicht an, außer es handelt sich um eine Zahlung, die das regelmäßige Arbeitsentgelt ersetzt. Es ist ratsam, im Vorfeld steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen, da falsche Deklarationen zu Nachzahlungsforderungen führen können.

Was passiert bei Insolvenz des Arbeitgebers mit dem Abfindungsguthaben?

Bei Insolvenz des Arbeitgebers zählt das Abfindungsguthaben zur Insolvenzmasse und wird als einfache Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO behandelt. Der Arbeitnehmer muss seine Forderung beim Insolvenzverwalter anmelden. Ein Vorrang besteht nicht, sodass die Auszahlung regelmäßig von der vorhandenen Masse und der Befriedigungsquote abhängt. Wurden bereits vor der Insolvenz Zahlungszusagen getroffen oder wurden Sicherungsmechanismen wie Bankbürgschaften eingeräumt, kann dies die Durchsetzung des Anspruchs erleichtern. Ohne Sicherheiten besteht das Risiko des teilweisen oder vollständigen Forderungsausfalls.

Können Abfindungsguthaben gepfändet werden?

Abfindungsguthaben unterliegen grundsätzlich der Pfändung, sofern sie die unpfändbaren Anteile gemäß § 850 ZPO überschreiten. Die Gerichte differenzieren hierbei, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe die Abfindung gezahlt wird. Soweit sie tatsächlich der Sicherung des Lebensunterhalts im Übergang zur Arbeitslosigkeit dient, können nach § 850k Abs. 2 Satz 1 ZPO Schutzmechanismen greifen. Überschreitet das Guthaben jedoch pfändbare Beträge, kann der Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung auf diese Forderung zugreifen.

Welche rechtlichen Folgen hat eine fehlerhafte Berechnung des Abfindungsguthabens?

Eine fehlerhafte Berechnung des Abfindungsguthabens kann sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer weitreichende rechtliche Konsequenzen haben. Voraussetzung für die Korrektur ist, dass der Fehler nicht durch beiderseitigen Irrtum oder abschließende Regelungen, wie einen außergerichtlichen Vergleich, geheilt wird. Geringere Auszahlungen können vom Arbeitnehmer bei Gericht eingeklagt werden, dies ist meist über eine Leistungsklage beim Arbeitsgericht möglich. Überzahlungen hingegen können vom Arbeitgeber, falls die Auszahlung irrtümlich erfolgte und keine Rechtsgrundlage bestand, unter bestimmten Voraussetzungen zurückgefordert werden (§ 812 BGB), wobei die Rückforderung bei Verbrauch durch den Arbeitnehmer problematisch sein kann.

Ist eine Abfindungsvereinbarung jederzeit widerrufbar oder einseitig abänderbar?

Aus rechtlicher Sicht sind Abfindungsvereinbarungen grundsätzlich bindend, sobald beide Parteien wirksam zugestimmt haben. Ein Widerruf ist nur im Falle besonderer Umstände, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Irrtum nach §§ 119 ff. BGB, möglich. Eine einseitige Änderung ist rechtlich ausgeschlossen, es sei denn, dies ist ausdrücklich im Vertrag vorgesehen oder ergibt sich aus einer tariflichen bzw. gesetzlichen Grundlage. Andernfalls bedarf jede Vertragsänderung der beiderseitigen Zustimmung.

Gibt es Verjährungsfristen bezüglich des Anspruchs auf ein Abfindungsguthaben?

Ja, der Anspruch auf das Abfindungsguthaben unterliegt grundsätzlich der regelmäßigen zivilrechtlichen Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß §§ 195, 199 BGB, gerechnet ab dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger davon Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Zudem bestehen häufig arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen, binnen derer der Anspruch schriftlich geltend gemacht werden muss, die die reguläre Verjährungsfrist erheblich verkürzen können. Das Versäumen solcher Fristen kann zum vollständigen Verlust des Anspruchs führen.