Definition und allgemeine Bedeutung der Abänderungskündigung
Die Abänderungskündigung, im deutschen Arbeitsrecht auch als Änderungskündigung bezeichnet, ist eine besondere Form der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. Durch sie wird dem Arbeitnehmer das bestehende Arbeitsverhältnis zunächst gekündigt, jedoch gleichzeitig angeboten, dieses zu geänderten – zumeist für den Arbeitnehmer ungünstigeren – Bedingungen fortzuführen. Die Änderungskündigung stellt somit eine Kombination aus Kündigung und Angebot auf Vertragsänderung dar und ist von der reinen Beendigungskündigung abzugrenzen.
Diese Regelung ist vor allem in § 2 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) verankert und bildet ein zentrales Instrument im Arbeitsrecht, mit welchem Arbeitgeber auf veränderte betriebliche, wirtschaftliche oder personelle Umstände reagieren können, ohne das Arbeitsverhältnis vollständig zu beenden.
Rechtsgrundlagen der Abänderungskündigung
Gesetzliche Grundlagen
Die rechtliche Basis für die Abänderungskündigung liegt insbesondere in folgenden Normen:
- § 2 KSchG: Legt das Verfahren und die Rechte des Arbeitnehmers nach Zugang einer Änderungskündigung fest.
- § 1 KSchG: Enthält die maßgeblichen Vorgaben für die Sozialrechtfertigung der Kündigung, die auch im Rahmen von Änderungskündigungen beachtet werden müssen.
- Weitere arbeitsrechtliche Bestimmungen sowie kollektivrechtliche Vereinbarungen, wie Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, können ergänzend eine Rolle spielen.
Abgrenzung zu anderen Kündigungsformen
Im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung zielt die Abänderungskündigung nicht auf die vollständige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab, sondern auf dessen Fortsetzung unter neuen Vertragsbedingungen. Die Änderungskündigung ist abzugrenzen von
- der einseitigen Vertragsänderung (nicht zulässig ohne Zustimmung des Arbeitnehmers)
- einvernehmlichen Vertragsänderungen (Änderungsvertrag)
- der Versetzung (sofern vertraglich eingeräumt)
Eine Änderungskündigung ist immer dann erforderlich, wenn die angestrebten Änderungen nicht (mehr) von der Direktionsbefugnis des Arbeitgebers gedeckt sind.
Voraussetzungen und Ablauf einer Abänderungskündigung
Zulässigkeit und zwingende Voraussetzungen
Eine Änderungskündigung ist nur zulässig, wenn
- Das Direktionsrecht nicht ausreicht, um die gewünschten Änderungen einseitig durchzusetzen,
- ein betriebsbedingter, personenbedingter oder verhaltensbedingter Grund nach § 1 KSchG für die Vertragsänderung vorliegt,
- und die Änderungskündigung sozial gerechtfertigt im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes ist.
Der Arbeitgeber muss darlegen und ggf. beweisen, dass die angestrebten Änderungen notwendig, verhältnismäßig und ultima ratio sind, also kein milderes Mittel zur Zielerreichung verfügbar ist.
Formale Anforderungen
Die Änderungskündigung muss
- schriftlich erfolgen (§ 623 BGB),
- die zu ändernden Vertragsbedingungen klar und unmissverständlich enthalten,
- die Kündigungsfrist wahren,
- und auf die Möglichkeit einer Kündigungsschutzklage hinweisen (gegebenenfalls nach § 2 KSchG).
Ein unzureichend bestimmtes Änderungsangebot, etwa durch einen unbestimmten Verweis auf „andere Arbeitsbedingungen“, kann zur Unwirksamkeit führen.
Ablauf und Reaktionsmöglichkeiten für Arbeitnehmer
Nach Zugang einer Änderungskündigung hat der Arbeitnehmer folgende Handlungsoptionen:
- Vorbehaltlose Annahme der geänderten Arbeitsbedingungen: Das Arbeitsverhältnis wird zu den neuen Bedingungen fortgesetzt.
- Ablehnung des Änderungsangebots: Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Kündigungsfrist.
- Annahme unter Vorbehalt gemäß § 2 KSchG: Der Arbeitnehmer nimmt das Angebot innerhalb von drei Wochen unter Vorbehalt an und erhebt zugleich Klage auf Feststellung, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder andernfalls rechtswidrig ist (Änderungsschutzklage). Das Arbeitsverhältnis besteht zunächst zu den geänderten Bedingungen weiter, bis das Arbeitsgericht entscheidet.
Fristen und Klageverfahren
Der Arbeitnehmer muss die Änderungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Änderungskündigung beim Arbeitsgericht einreichen. Wird diese Frist versäumt, gelten die neuen Arbeitsbedingungen als akzeptiert.
Sozialrechtfertigung und gerichtliche Kontrolle
Anforderungen an die Sozialrechtfertigung
Die Änderungskündigung unterliegt ebenso wie die Beendigungskündigung den Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes. Das bedeutet insbesondere:
- Die Änderung muss durch einen der im KSchG genannten Gründe (betriebs-, personen- oder verhaltensbedingt) gerechtfertigt sein.
- Die angebotenen neuen Arbeitsbedingungen müssen angemessen und verhältnismäßig sein; es darf kein milderes Mittel existieren.
- Die Änderungskündigung muss unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles gerecht, angemessen und sozial zumutbar sein.
Das Gericht prüft im Falle einer Klage sowohl die formale Wirksamkeit als auch die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung.
Herleitung der Zumutbarkeit und Billigkeit
Bei der gerichtlichen Kontrolle ist maßgeblich, ob dem Arbeitnehmer die Annahme der neuen Bedingungen zumutbar ist. Das Arbeitsgericht nimmt dabei eine umfassende Interessenabwägung vor.
- Für den Arbeitgeber sind unter anderem wirtschaftliche Belange, Umstrukturierungen oder Rationalisierungsmaßnahmen zu gewichten.
- Für den Arbeitnehmer wird auf die individuellen Nachteile, wie Einkommensverluste, Wechsel des Arbeitsortes oder Veränderung des Arbeitsinhalts abgestellt.
Das Gericht kann die Änderungskündigung für unwirksam erklären, falls eine Änderung der Arbeitsbedingungen nicht notwendig oder unzumutbar ist.
Auswirkungen der Abänderungskündigung auf das Arbeitsverhältnis
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
Im Unterschied zur Beendigungskündigung bleibt das Arbeitsverhältnis nach Annahme oder Annahme unter Vorbehalt zu den geänderten Bedingungen fortbestehen. Die verbleibenden Rechte und Pflichten richten sich nach den neuen Vertragsbedingungen, sofern diese rechtmäßig zustande gekommen sind.
Folgen der Annahme oder Ablehnung
- Annahme: Neue Bedingungen gelten verbindlich.
- Ablehnung: Arbeitsverhältnis endet nach Ablauf der Frist.
- Annahme unter Vorbehalt und Obsiegen im Klageverfahren: Ursprüngliche Bedingungen gelten weiter.
Kündigungsschutz und besondere Schutzvorschriften
Auch bei Änderungskündigungen gelten besondere Schutzvorschriften, zum Beispiel für Schwangere, Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder und andere Personengruppen mit besonderem Kündigungsschutz. Eine Zustimmung der entsprechenden Stellen ist einzuholen.
Besondere Fallgestaltungen und Praxisbeispiele
Betriebsbedingte Änderungskündigung
Diese ist häufig bei notwendigen Umstrukturierungen oder Schließungen einzelner Betriebsteile anzutreffen. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass eine Versetzung aufgrund vertraglicher Einschränkungen nicht möglich ist, sodass eine Änderungskündigung unumgänglich wird.
Verhaltensbedingte und personenbedingte Änderungskündigung
Diese kommen vor allem in Betracht, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen aus persönlichen oder verhaltensbedingten Gründen nicht mehr tragbar ist, eine vollständige Beendigung aber nicht gewünscht wird oder zu hart erscheint.
Besonderheiten bei kollektivrechtlichen Vereinbarungen
Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen können spezielle Schutzregeln oder Verfahren für Änderungskündigungen vorsehen. Die jeweiligen kollektivrechtlichen Vorgaben sind zu beachten.
Zusammenfassung
Die Abänderungskündigung ist ein zentrales Instrument der Flexibilisierung des Arbeitsverhältnisses und dient dem Ausgleich der Interessen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in veränderten betrieblichen Situationen. Sie unterliegt strengen gesetzlichen Vorgaben und gerichtlicher Kontrolle hinsichtlich Form, Begründetheit und sozialer Zumutbarkeit. Die richtige Anwendung und angemessene Interessenabwägung sind entscheidend für ihre Wirksamkeit und die Akzeptanz durch die Arbeitsgerichte.
Häufig gestellte Fragen
Welche formellen Voraussetzungen muss eine Abänderungskündigung erfüllen?
Eine Abänderungskündigung ist nach deutschem Arbeitsrecht eine besondere Form der Kündigung, bei der das Arbeitsverhältnis nicht einfach beendet, sondern unter gleichzeitigem Angebot geänderter Vertragsbedingungen fortgesetzt werden soll. Rechtlich gelten zunächst sämtliche formellen Anforderungen einer ordentlichen Kündigung, wie sie in § 623 BGB festgelegt sind. Das bedeutet, die Abänderungskündigung muss schriftlich erfolgen und eigenhändig vom Kündigenden unterschrieben sein, eine elektronische Form ist nicht zulässig. Weiterhin muss das sogenannte „Änderungsangebot“ klar, bestimmt und vollständig formuliert werden. Der Arbeitnehmer muss eindeutig erkennen können, welche konkreten Bedingungen sich künftig ändern sollen (z.B. Gehaltsminderung, Versetzung, Änderung der Arbeitszeit). Fehlt es an der Bestimmtheit oder ist das Änderungsangebot zu unklar, kann die Abänderungskündigung insgesamt unwirksam sein. Zusätzlich prüft das Arbeitsgericht im Streitfall, ob das Änderungsangebot zumutbar und verhältnismäßig ist, was insbesondere dann relevant wird, wenn die Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss (§ 2 KSchG).
Welche Fristen sind bei einer Abänderungskündigung zu beachten?
Für die Abänderungskündigung gelten die gleichen gesetzlichen, tariflichen oder vertraglichen Kündigungsfristen wie für eine ordentliche Kündigung (§ 622 BGB). Das heißt, das Änderungsangebot tritt erst nach Ablauf dieser Frist wirksam in Kraft, sofern der Arbeitnehmer es akzeptiert. Wird die Abänderungskündigung ausgesprochen, ohne die gültige Kündigungsfrist einzuhalten, ist sie formal unwirksam. Darüber hinaus ist zu beachten, dass der betroffene Arbeitnehmer spätestens drei Wochen nach Zugang der Abänderungskündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung einreichen muss, falls er deren Wirksamkeit gerichtlich überprüfen lassen möchte (§ 4 KSchG). Erfolgt dies nicht, gilt die Kündigung und damit auch das Änderungsangebot als wirksam.
Kann eine Abänderungskündigung auch im Kleinbetrieb oder während der Probezeit ausgesprochen werden?
Eine Abänderungskündigung ist grundsätzlich in allen Arten von Arbeitsverhältnissen möglich, also auch in Kleinbetrieben (mit weniger als zehn Mitarbeitern) oder während der Probezeit. Allerdings greifen in Kleinbetrieben und während der Probezeit häufig nicht die strengen Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), weswegen die Hürden für eine Begründung der Änderung des Vertrags oftmals niedriger sind. Dennoch müssen auch in diesen Fällen die allgemeinen Vorschriften aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (wie die Schriftform) sowie etwaige tarifliche und vertragliche Bestimmungen beachtet werden. Ein Mindestmaß an sozialer Rücksicht und das Maßreglungsverbot (§ 612a BGB) bleiben auch hier bestehen.
Was kann ein Arbeitnehmer gegen eine Abänderungskündigung unternehmen?
Der Arbeitnehmer kann eine Abänderungskündigung auf drei verschiedene Weise beantworten. Erstens kann er das Änderungsangebot ohne Vorbehalt annehmen und arbeitet zukünftig zu den geänderten Bedingungen weiter. Zweitens kann er das Änderungsangebot ablehnen – das führt dazu, dass das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist endet, wie bei einer „normalen“ Kündigung. Drittens kann er das Angebot „unter dem Vorbehalt“ (§ 2 KSchG) annehmen und gleichzeitig innerhalb von drei Wochen eine sogenannte Änderungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben, um die soziale Rechtfertigung und Angemessenheit der Änderungen prüfen zu lassen. Wird der Klage stattgegeben, muss der Arbeitgeber die ursprünglichen Arbeitsbedingungen beibehalten; andernfalls sind die geänderten Bedingungen wirksam.
In welchen Fällen ist eine Abänderungskündigung sozial gerechtfertigt?
Die soziale Rechtfertigung einer Abänderungskündigung ist in § 1 Abs. 2 KSchG geregelt und greift für Arbeitnehmer in Betrieben mit regelmäßig mehr als zehn Mitarbeitern nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit. Sozial gerechtfertigt ist eine Abänderungskündigung dann, wenn dringende betriebliche Erfordernisse, verhaltens- oder personenbedingte Gründe vorliegen, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen unmöglich machen, eine vollständige Beendigung aber vermeidbar scheint. Beispiele sind der Wegfall eines Arbeitsplatzes, erhebliche Umstrukturierungsmaßnahmen, Standortverlagerungen oder dauerhafte Änderungen im Tätigkeitsbereich. Der Arbeitgeber muss außerdem prüfen, ob eine Änderungskündigung das mildere Mittel gegenüber einer Beendigungskündigung ist und ob die Änderungen dem Arbeitnehmer zumutbar sind.
Können mehrere Änderungen in einer Abänderungskündigung zusammengefasst werden?
Ja, grundsätzlich ist es zulässig, mehrere Änderungen in einer Abänderungskündigung zusammenzufassen, etwa Gehaltsreduzierung und Versetzungswunsch. Auch hier ist größte Sorgfalt bei der Formulierung erforderlich. Alle geplanten Änderungen müssen ausdrücklich, eindeutig und so detailliert angeboten werden, dass der Arbeitnehmer klar über deren Reichweite und Inhalte informiert ist. Eine pauschale oder unbestimmte Änderungskündigung, etwa „zu anderen Bedingungen“, ist unwirksam. Zudem prüft das Arbeitsgericht im Streitfall, ob sämtliche vorgeschlagenen Änderungen sachlich gerechtfertigt und sozial zumutbar sind.
Wie unterscheiden sich Abänderungskündigung und Direktionsrecht des Arbeitgebers?
Die Abänderungskündigung unterscheidet sich deutlich vom einseitigen Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO. Das Direktionsrecht erlaubt dem Arbeitgeber, im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrags bestimmte Details der Arbeitsleistung (z.B. Zuweisung anderer gleichwertiger Aufgaben, Ort, Zeit) festzulegen, solange dies vertraglich oder tariflich nicht abschließend geregelt ist. Eine Abänderungskündigung ist immer dann erforderlich, wenn eine wesentliche, dauerhafte und vertragsändernde Maßnahme vorgenommen werden soll, die über das Direktionsrecht hinausgeht. Typische Beispiele sind die dauerhafte Herabsetzung der Vergütung, dauerhafte Änderung der Arbeitszeit oder die grundlegende Änderung der Tätigkeitsbeschreibung, die der vertraglichen Vereinbarung widerspricht.