Jugendamt als Ergänzungspfleger bei Kindesunterhalt im Wechselmodell

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Jugendamt als Ergänzungspfleger im Wechselmodell – Anforderungen an die unterhaltsrechtliche Qualifikation

Im Kontext familienrechtlicher Streitigkeiten rückt die Rolle des Jugendamtes als Ergänzungspfleger immer wieder in den Fokus. Insbesondere dann, wenn die elterliche Sorge in Bezug auf Teilbereiche – etwa die Geltendmachung oder Berechnung von Kindesunterhaltsansprüchen – ruht oder Eltern sich uneinig bleiben, kann das Familiengericht einen Ergänzungspfleger bestellen. Die Frage, welche Anforderungen an die Sachkunde dieses Pflegers – hier konkret das Jugendamt – im Hinblick auf die komplexe Materie des Kindesunterhalts bei einem echten Wechselmodell zu stellen sind, wurde jüngst durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken (Az.: 2 UF 28/21) verdeutlicht.

Das Wechselmodell und die daraus resultierenden unterhaltsrechtlichen Herausforderungen

Während im klassischen Residenzmodell der Schwerpunkt der Betreuung sowie die Unterhaltspflicht klar verteilt sind, fordert das sogenannte „echte Wechselmodell“ – die annähernd hälftige Betreuung des Kindes durch beide Elternteile – eine differenzierte Betrachtung der Unterhaltspflicht. Da Unterhaltsbeträge an die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Eltern zu koppeln sind, stellt sich die Berechnung des Kindesunterhalts in diesen Konstellationen als besonders vielschichtig dar.

Die Bestellung des Jugendamtes als Ergänzungspfleger

Das Familiengericht kann gemäß § 1909 BGB einen Ergänzungspfleger bestellen, wenn eine Person zur Vertretung des Kindes in bestimmten Angelegenheiten benötigt wird. Das Jugendamt wird hierbei regelmäßig in der Praxis als geeignete Institution gesehen, erbringt es doch vielfältige Leistungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Zugleich steht es jedoch vor der Herausforderung, spezifische rechtliche und finanzielle Fragestellungen fachgerecht zu bearbeiten.

Fehlende Expertise in der Unterhaltsberechnung – Bedeutung und Grenzen

Im Fall des OLG Zweibrücken bemängelte eine betroffene Partei, dass das Jugendamt in Sachen Kindesunterhalt und speziell bei der komplexen Berechnung im Wechselmodell nicht über die erforderlichen Kenntnisse verfüge. Das Gericht bestätigte jedoch die grundsätzliche Eignung des Jugendamtes als Ergänzungspfleger – selbst bei nur begrenzter Vorerfahrung in der Materie. Ausschlaggebend für diese Beurteilung war das Argument, dass die nachträgliche Überprüfung durch das Familiengericht eine hinreichende Absicherung biete. Die vorläufige Sachkunde, nicht jedoch umfassende vertiefte Einzelfallkenntnisse, genügen also der gesetzlichen Vorgabe.

Rechtliche Implikationen und Praxisfolgen

Die Entscheidung betont, dass die Hauptfunktion des Ergänzungspflegers, im Interesse des Kindes zu handeln, nicht zwingend voraussetzt, über umfassende Detailkenntnisse im Unterhaltsrecht zu verfügen. Vielmehr darf von einem Ergänzungspfleger, insbesondere vom Jugendamt als Behörde, verlangt werden, dass er im Rahmen seiner Möglichkeiten eine angemessene Klärung herbeiführt und im Zweifel für weitergehende spezielle Fragen externe Unterstützung einholt. Dabei bleibt die abschließende Kontrolle und Prüfung sämtlicher relevanter Belange beim Familiengericht.

Bewertung des Urteils und seine Bedeutung für betroffene Familien

Durch die Entscheidung wird verdeutlicht, dass das deutsche Familienrecht auf institutionelle Flexibilität setzt, ohne dabei die Kindesinteressen aus den Augen zu verlieren. Die Bestellung des Jugendamtes – trotz eingestandener Defizite im Bereich der Unterhaltsberechnung – zeigt, dass der Gesetzgeber und die Rechtsprechung den Schutz und die Förderung des Kindeswohls als übergeordnet betrachten. Gleichzeitig wird damit die Verantwortung des Familiengerichts gestärkt, die Arbeit des Ergänzungspflegers einer substantiellen Kontrolle zu unterziehen und gegebenenfalls Korrekturen vorzunehmen.

Ausblick: Klärungsbedarf und Unterstützungsmöglichkeiten

Die Rolle des Jugendamtes als Ergänzungspfleger bei unterhaltsrechtlichen Fragen im Wechselmodell bleibt weiterhin Gegenstand rechtlicher Diskussionen und kann im Einzelfall Herausforderungen generieren – etwa im Hinblick auf die Akzeptanz durch die beteiligten Elternteile und die praktische Umsetzung der Pflegeraufgaben. Besonders in komplexen Sachverhaltskonstellationen empfiehlt sich eine kontinuierliche Überprüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie der individuellen Umstände.

Als bundesweit tätige Wirtschaftskanzlei mit vielfältiger gesellschaftsrechtlicher, steuerlicher und zivilrechtlicher Ausrichtung begleiten die Rechtsanwälte von MTR Legal Unternehmen, Familien und Privatpersonen in allen Fragestellungen rund um Pflegschaft, Sorgerecht und Unterhalt. Bei weitergehendem Beratungsbedarf kann ein unverbindlicher Austausch mit den Ansprechpartnern von MTR Legal für Klarheit in der individuellen Situation sorgen.

Quelle: OLG Zweibrücken, 2 UF 28/21 – Entscheidung vom 20.04.2021. Zur umfassenden Einschätzung empfiehlt sich die Berücksichtigung aktueller Entwicklungen und Rechtsprechung.

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