Sachverhalt und Hintergrund der Entscheidung
Im Zusammenhang mit Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder stellte sich die Frage, ob eine Erklärung des zur Unterhaltsleistung Verpflichteten, er sei zur Zahlung des Unterhalts ohne Begrenzung der Leistungsfähigkeit bereit, Auswirkungen auf den Auskunftsanspruch gemäß § 1605 Abs. 1 BGB hat. Hintergrund ist, dass minderjährige Kinder und ihre Vertretungsberechtigten grundsätzlich Anspruch darauf haben, umfassende Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen zu erhalten, damit der Unterhaltsbedarf festgestellt werden kann.
In einem vom Bundesgerichtshof (BGH) am 8. Dezember 2020 entschiedenen Fall (Az. XII ZB 499/19) hatte der unterhaltspflichtige Elternteil gegenüber dem Kind erklärt, auf die Einrede einer beschränkten Leistungsfähigkeit zu verzichten. Fraglich war, ob dies den Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB entfallen lässt.
Kernpunkte der BGH-Entscheidung
Umfang des Auskunftsanspruchs
Der BGH stellte klar, dass das minderjährige Kind – vertreten durch den betreuenden Elternteil – im Grundsatz einen Anspruch auf Auskunft gegenüber dem anderen Elternteil hat, um eine Grundlage für die angemessene Bemessung des Kindesunterhalts zu erhalten. Der Auskunftsanspruch besteht unabhängig davon, in welchem Umfang nach den Düsseldorfer Tabellen die konkrete Zahlungspflicht festzustellen ist.
Bedeutung der Leistungsfähigkeits-Zugeständnisse
Die zentral diskutierte Frage war, ob eine Erklärung des Unterhaltspflichtigen, im Verhältnis zum Kind bestehe eine unbegrenzte Leistungsfähigkeit, einen Einfluss auf den Auskunftsanspruch hat. Nach Ansicht des Senats ist es dem unterhaltspflichtigen Elternteil möglich, durch eine solche Erklärung das Verfahren um die Prüfung der Leistungsfähigkeit zu vereinfachen oder zu beschleunigen. Allerdings wird das Informationsinteresse des Kindes dadurch nicht vollständig beseitigt.
Begründung des Bundesgerichtshofs
Die Karlsruher Richter legten dar, dass durch die vorbehaltlose Anerkennung einer unbegrenzten Leistungsfähigkeit zwar Erleichterungen bei der Feststellung des Mindestunterhalts eintreten können. Gleichwohl bleibt das berechtigte Interesse des Kindes an einer zuverlässigen Kenntnis der finanziellen Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen bestehen, da hiervon nicht nur der Mindest-, sondern unter Umständen auch ein darüber hinausgehender Unterhaltsanspruch abhängt. Darüber hinaus kann die wirtschaftliche Situation des Verpflichteten auch Einfluss auf die Bemessung zusätzlicher Ansprüche, wie etwa Sonder- oder Mehrbedarfs, haben. Das Risiko unzureichender Informationen im Kontext später auftretender Unterhaltsstreitigkeiten kann nicht allein durch einseitige Zugeständnisse ausgeräumt werden.
Auswirkungen für die gerichtliche Praxis
Die Entscheidung bestätigt, dass auch im Falle einer Erklärung zur unbeschränkten Unterhaltsleistung das gesetzliche Auskunftsrecht bestehen bleibt. Der Auskunftsanspruch ist eigenständig geschützt und kann nicht durch einseitige Erklärungen des Unterhaltspflichtigen begrenzt werden. Damit bleibt die Möglichkeit erhalten, die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse offenzulegen und gegebenenfalls streitige Unterhaltsforderungen sachgerecht zu begründen.
Zusammenfassung
Die höchstrichterliche Entscheidung setzt einen klaren Rahmen für die Durchsetzung von Auskunftsansprüchen im Unterhaltsrecht. Auch wenn der Unterhaltspflichtige seine Leistungsbereitschaft ohne Begrenzung zum Ausdruck bringt, wird das Recht auf Auskunftserteilung des Kindes hiervon nicht berührt.
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