Entscheidung des OLG Naumburg zur Verwendung geschlechterneutraler Sprache in gerichtlichen Urteilen
Das Oberlandesgericht Naumburg hat mit Beschluss vom 21. Juli 2023 (Az.: 1 ORbs 133/23) zur Frage Stellung genommen, ob das sogenannte Gendern – also die Nutzung von Sonderzeichen wie dem Gendersternchen – im Zusammenhang mit der Verwendung geschlechtsneutraler Sprache in gerichtlichen Entscheidungen zulässig ist. Dabei wurde die Thematik der sprachlichen Gestaltung in Urteilsbegründungen insbesondere im Hinblick auf Neutralität und Verständlichkeit erörtert.
Hintergrund des Verfahrens
Im zugrundeliegenden Fall war im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens eine Entscheidung mit genderneutralen Formulierungen, etwa unter Verwendung des sogenannten Gendersternchens, wie z. B. „Beteiligte*r“, angefochten worden. Die Beschwerdeführerin machte geltend, dass derartige Schreibweisen sowohl gegen sprachliche Konventionen der Rechtsprechung als auch gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen könnten.
Begründung des OLG Naumburg
Das OLG Naumburg stellte klar, dass gerichtliche Entscheidungen eine deutliche, rechtsklare und für alle Parteien verständliche Sprache aufweisen müssen. Das Gericht befand, dass der Einsatz von neuen, nichtamtlichen Sprachzeichen wie Gendersternchen, Doppelpunkten oder vergleichbaren Konstruktionen generell nicht mit der gebotenen Rechtssicherheit und Lesbarkeit von Urteilen vereinbar ist.
Anforderungen an die richterliche Entscheidungsbegründung
Richterliche Entscheidungen unterliegen einer besonderen Verpflichtung zu Klarheit und Eindeutigkeit. Das OLG betonte, dass die Formulierungen in Urteilen insbesondere dem Zweck dienen, sämtlichen Verfahrensbeteiligten, sowie Dritten, nachvollziehbar darzulegen, wie das Gericht zu seinem Ergebnis gelangt ist. Die Einführung von Schreibweisen, die von der amtlichen deutschen Rechtschreibung abweichen, könne sowohl das Verständnis als auch die Akzeptanz von Entscheidungsgründen beeinträchtigen.
Das OLG erläuterte weiter, dass es hierfür keine gesetzliche Grundlage gibt, die es gestattet, in amtlichen Texten wie Urteilen systematisch von der geltenden Rechtschreibung abzuweichen. Die Verwendung des Gendersternchens kann demnach nicht ohne konkreten Anlass und außerhalb bestehender Regularien erfolgen.
Auswirkungen auf die gerichtliche Praxis
Die Entscheidung klärt, dass Gerichte gehalten sind, den Vorgaben der amtlichen deutschen Rechtschreibung zu folgen. Ungeprüfte oder kreative Abweichungen – etwa in Form geschlechtergerechter Sprachzeichen – sind bei der formellen Abfassung von Entscheidungen unzulässig. Das OLG Naumburg verweist darauf, dass dies der Sicherstellung von Klarheit, Normenklarheit und Rechtsfrieden dient.
Ob und inwieweit eine zukünftige Anpassung der einschlägigen Vorschriften denkbar ist, bleibt aktuellen und kommenden Gesetzgebungsverfahren vorbehalten. Zurzeit jedoch besteht eine klare Linie hinsichtlich der Unzulässigkeit derartiger Schreibweisen in Urteilen und Beschlüssen.
Fortdauernde Relevanz
Die Grundsätze dieser Entscheidung sind, solange keine anderweitigen Vorgaben bestehen, für die Praxis der gerichtlichen Entscheidungserstellung maßgeblich. Das Verfahren ist abgeschlossen; es wird jedoch in Fachkreisen weiterhin diskutiert, inwieweit eine Weiterentwicklung der Rechtschreibregeln und der Sprachpraxis künftig Einzug in amtliche Dokumente halten könnte. Es bleibt abzuwarten, ob eine breiter angelegte Änderung des Schriftgebrauchs in Behörden und Gerichten erfolgen wird.
Weitere Hintergründe zur Entscheidung finden sich auf urteile.news.
Individuelle rechtliche Fragestellungen
Die genaue Handhabung der Sprache in Urteilen und sonstigen amtlichen Texten kann für Unternehmen wie auch für Privatpersonen von erheblicher Bedeutung sein. Bei weitergehenden Fragen zur Wahrung der Rechtssicherheit und zur Gestaltung gerichtlicher Verfahren steht MTR Legal Rechtsanwälte für Anliegen im Bereich Prozessführung zur Verfügung.