Gesellschaftsrechtliche Einordnung der Alleingesellschafterin einer Komplementär-GmbH im Lichte des Sozialversicherungsrechts
Die gesellschaftsrechtliche Position von Gesellschaftern und Geschäftsführern innerhalb einer Kommanditgesellschaft (KG) mit einer GmbH als Komplementärin ist in der Praxis häufig Gegenstand von Diskussionen – insbesondere dann, wenn die Alleingesellschafterin einer GmbH zugleich deren Geschäftsführerin ist und diese GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin einer KG tätig wird. Die daraus erwachsenden Fragen berühren insbesondere die Abgrenzung zwischen selbständiger Unternehmertätigkeit und einer abhängigen Beschäftigung im Sozialversicherungsrecht sowie mögliche Auswirkungen auf den Anspruch auf Leistungen nach dem SGB III.
Rechtlicher Hintergrund: Die Komplementär-GmbH und die Rolle der Alleingesellschafterin
Im Bereich der Personengesellschaften ist es üblich, dass eine GmbH als Komplementärin, also als vollhaftende Gesellschafterin, einer KG eingesetzt wird. Hiermit können Haftungsrisiken im Vergleich zu natürlichen Personen als Komplementäre reduziert werden. Wird die Geschäftsführerposition der Komplementär-GmbH von deren Alleingesellschafterin wahrgenommen, ergibt sich ein besonders hohes Maß an Einfluss und Gestaltungsmacht: Die Alleingesellschafterin kontrolliert die Geschäftsführung und trifft richtungsweisende unternehmerische Entscheidungen.
Sozialversicherungsrechtliche Implikationen: Abgrenzung zwischen Selbständigkeit und Beschäftigung
Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung, ob eine solche Alleingesellschafterin selbständig tätig ist oder abhängig beschäftigt wird, hat erhebliche Konsequenzen für ihre sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilungen und etwaige Ansprüche auf Arbeitslosengeld.
Maßgebliche Kriterien nach der Rechtsprechung
Maßgeblich für die Beurteilung ist, ob die betreffende Person weisungsgebunden tätig ist oder auf eigene Rechnung agiert und unternehmerisches Risiko trägt. Nach gefestigter Rechtsprechung sind insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:
- Eigene Entscheidungsbefugnis: Eine Alleingesellschafterin einer GmbH kann sich selbst die Weisungen geben; eine abhängige Beschäftigung im eigenen Unternehmen ist rechtlich ausgeschlossen.
- Unternehmerisches Risiko: Die Alleingesellschafterin nimmt unmittelbar am Erfolg oder Misserfolg der Gesellschaft teil und trägt unternehmerische Verantwortung.
- Sozialrechtliche Folgen: Eine abhängige Beschäftigung im eigenen Unternehmen, die zu einem Versicherungsverhältnis in der Arbeitslosenversicherung führen könnte, ist nach geltendem Recht und der ständigen sozialgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich nicht gegeben.
Konkreter Fall: Entscheidung des Sozialgerichts Düsseldorf
In dem von dem Sozialgericht Düsseldorf (Az. S 25 AL 10/04) entschiedenen Fall begehrte eine Alleingesellschafterin, die sowohl Geschäftsführerin als auch alleinige Gesellschafterin der Komplementär-GmbH war, nach Beendigung ihrer Tätigkeit Leistungen nach dem SGB III (Arbeitslosengeld). Das Gericht stellte heraus, dass die Stellung einer Alleingesellschafterin keine versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des SGB III begründet, weil die erforderliche Weisungsabhängigkeit nicht gegeben ist. Der Antrag blieb erfolglos, da eine Selbstständigkeit vorgelegen hatte und damit keine Versicherungspflicht begründet worden war.
Gesellschaftsrechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen
Gestaltungsmöglichkeiten und Haftungsfragen
Gesellschaftsrechtlich bietet die Kombination GmbH & Co. KG zahlreiche Vorteile hinsichtlich der Haftungsbeschränkung, jedoch sollten Beteiligte stets die Wechselwirkungen mit dem Sozialversicherungsrecht in die Überlegungen einbeziehen. Insbesondere die Person der Alleingesellschafterin einer Komplementär-GmbH übt aufgrund ihrer Alleinstellungsposition eine beherrschende Funktion aus und ist deshalb typischerweise nicht in der gesetzlichen Sozialversicherung versichert, soweit keine abweichenden tatsächlichen Umstände vorliegen.
Relevanz im Hinblick auf die Arbeitslosen- und Krankenversicherung
Die dargestellte Konstellation hat nicht nur Auswirkungen auf die Arbeitslosenversicherung, sondern kann auch für den Krankenversicherungsstatus relevant sein. Es empfiehlt sich, die konkrete gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung und die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls immer sorgfältig zu würdigen, da diese in anderen Konstellationen – etwa bei Minderheitsbeteiligungen oder abweichender tatsächlicher Einflussausübung – zu abweichenden rechtlichen Bewertungen führen können.
Fazit
Die Entscheidung des Sozialgerichts Düsseldorf unterstreicht die Bedeutung einer präzisen rechtlichen Statusbeurteilung bei Konstellationen, in denen Geschäftsführerposition und Gesellschafterstellung in einer Person vereinigt sind. Für Unternehmen, Gesellschafterinnen und Investoren bleibt die genaue Kenntnis solcher sozialversicherungsrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen von zentraler Bedeutung, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden und mögliche Risiken zeitgerecht zu identifizieren.
Für detaillierte Einschätzungen zu gesellschafts-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Fragen in Bezug auf die Gestaltung und rechtliche Einordnung von Beteiligungsverhältnissen stehen Ihnen die Rechtsanwälte bei MTR Legal gerne zur Verfügung.