Urteile des BGH vom 11.09.2024 – Az.: I ZR 139/23 / I ZR 140/23 / I ZR 141/23
Fototapeten und das Urheberrecht beschäftigen schon länger die Gerichte. Der BGH hat nun mit Urteilen vom 11. September 2024 deutlich gemacht, dass die Abbildung einer Fototapete im Internet nicht das Urheberrecht des Fotografen verletzt (Az.: I ZR 139/23 / I ZR 140/23 / I ZR 141/23).
Gemäß dem Urheberrecht genießen Fotografien einen umfassenden Schutz. Das gilt sowohl für das Verwertungsrecht als auch für das Urheberpersönlichkeitsrecht. Der BGH hat nun deutlich gemacht, dass der Schutz des Urheberrechts seine Grenzen hat. Ist auf Internetseiten im Hintergrund eine Fototapete erkennbar, liegt nach der Entscheidung des BGH keine Verletzung des Urheberrechts vor, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte, die u.a. im IP-Recht und Urheberrecht berät.
Klage auf Schadenersatz
Klägerin in den Verfahren vor dem BGH war das Unternehmen eines Berufsfotografen. Aufgabe des Unternehmen ist es, Lichtbilder des Fotografen als Fototapeten zu vermarkten. Die Klägerin machte eine Verletzung des Urheberrechts geltend, weil auf Webseiten der Beklagten Fototapeten mit Aufnahmen des Fotografen zu sehen sind.
In dem Verfahren zum Aktenzeichen I ZR 139/23 hatte die Beklagte eine Wand mit solch einer Fototapete tapeziert. Diese Tapete ist bei Videobeiträgen der Beklagten auf Facebook zu sehen. In einem anderen Fall hatte eine Medienagentur ein Bildschirmfoto eines von ihr gestalteten Internetauftritts eines Tenniscenters veröffentlicht. Im Hintergrund des Bildschirmfotos ist die Fototapete mit einer Aufnahme des Fotografen zu erkennen (Az.: I ZR 140/23). Im dritten Verfahren zum Aktenzeichen I ZR 141/23 ist die Fototapete im Webauftritt eines Hotels bei der Abbildung eines Hotelzimmers zu sehen.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die Abbildungen der Fototapete die eingeräumten Nutzungsrechte an den Fotografien verletze. Sie machte daher in allen drei Verfahren Schadenersatzansprüche und Abmahnkosten geltend.
BGH: Keine Verletzung des Urheberrechts
Wie schon in den Vorinstanzen hatten die Klagen auch vor dem BGH keinen Erfolg. Die Beklagten hätten zwar die als Lichtbild urheberrechtlich geschützten Fotografien vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht. Eine Verletzung des Urheberrechts liege aber nicht vor, denn mit dem Kauf der Fototapeten hätten die Beklagten auch konkludent ein Nutzungsrecht erworben, so der BGH. Maßgeblich für eine konkludente, also stillschweigende Einwilligung des Urhebers sei, ob es sich um übliche Nutzungen handelt, mit denen der Urheber rechnen muss, wenn er sein Werk den Nutzern ohne Einschränkungen frei zugänglich macht. Dies sei in allen drei Fällen zu bejahen, so der BGH.
Mit der Vervielfältigung durch Fotos und Videoaufnahmen in mit Fototapeten dekorierten Räumen müsse gerechnet werden. Das gelte sowohl bei privaten als auch bei gewerblichen Zwecken, führten die Karlsruher Richter zur Begründung aus. Dem Urheber hätte klar sein müssen, dass es zu einer solchen Verwendung im Rahmen einer vertragsgemäßen Nutzung der Fototapeten kommen kann. Er hätte daher vertragliche Nutzungseinschränkungen vereinbaren können und auf diese Einschränkungen z.B. durch das Anbringen einer Urheberkennzeichnung auch für Dritte erkennbar hinweisen können.
Stillschweigende Einwilligung des Urhebers
Die Wirksamkeit einer Einwilligung setze nicht voraus, dass sie gegenüber demjenigen erklärt wird, der in das Urheberrecht eingreift. So könnten Käufer von Fototapeten, die ohne urheberrechtliche Einschränkungen im Handel sind, ihre Räume damit tapezieren und auch Fotos oder Videos dieser Räume ins Internet einstellen. Bei der dadurch erfolgten Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung könnten sie sich auf eine konkludente Einwilligung des Urhebers berufen, führte der BGH aus.
Zudem könnten sich auch Dritte auf eine konkludente Einwilligung des Fotografen stützen, wenn ihre Nutzungshandlungen aus objektiver Sicht als üblich anzusehen seien, so der BGH weiter. Auch die Medienagentur in dem Verfahren zum Aktenzeichen I ZR 140/23 könne sich auf eine stillschweigende Einwilligung des Urhebers berufen.
Verzicht auf Urheberbenennungsrecht
Der Bundesgerichtshof machte in allen drei Fällen weiter deutlich, dass auch keine Schadenersatzansprüche aufgrund einer Verletzung des Urheberbenennungsrechts vorliegen. Der Urheber habe auf dieses Recht im Rahmen des Vertriebs der Fototapeten durch schlüssiges Verhalten verzichtet.
Der BGH hat mit seinen Urteilen mehr Klarheit bei der Nutzung von Fototapeten und Grenzen des Urheberrechts geschaffen.
MTR Legal Rechtsanwälte ist im IP-Recht erfahren und berät in Fragen des Urheberrechts.
Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf!