Anspruch des Fremdgeschäftsführers nach dem Bundesurlaubsgesetz
Der Fremdgeschäftsführer einer GmbH kann Arbeitnehmer im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes (BurlG) sein und dementsprechende Ansprüche haben. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 25. Juli 2023 klargestellt (Az.: 9 AZR 43/22).
Ob ein Fremdgeschäftsführer Arbeitnehmer sein kann, ist ein häufiger Streitpunkt im Arbeitsrecht. Ist der Geschäftsführer kein Gesellschafter der GmbH und arbeitet stark weisungsgebunden, kann das für die Arbeitnehmereigenschaft des Geschäftsführers sprechen, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte , die u.a. im Arbeitsrecht berät.
Auch der BGH hat mit Urteil vom 26. März 2019 bestätigt, dass ein Fremdgeschäftsführer einer GmbH unter bestimmten Voraussetzungen Arbeitnehmer sein kann (Az.: II ZR 244/17). Das Bundesarbeitsgericht ist nun dieser Sichtweise gefolgt und hat entschieden, dass das Bundesurlaubsgesetz auch auf einen Fremdgeschäftsführer Anwendung findet.
Fremdgeschäftsführerin arbeitete weisungsgebunden
In dem zu Grunde liegenden Fall vor dem BAG war die Klägerin zunächst als Arbeitnehmerin und seit 2012 als Fremdgeschäftsführerin bei einer GmbH angestellt. Sie wurde in einer Geschäftsstelle der Gesellschaft eingesetzt und arbeitete dort überwiegend weisungsgebunden. Sie hatte sich an die tägliche Arbeitszeit zu halten und hatte u.a. vorgeschriebene Aufgaben zu erledigen und musste dies teilweise nachweisen.
Der Dienstvertrag der Klägerin sah ab einer sechsjährigen Betriebszugehörigkeit einen Urlaubsanspruch von 33 Tagen im Jahr vor. Den Urlaub musste sie bei der Gesellschaft beantragen. Im Jahr 2019 nahm sie nur 11 Tage Urlaub und 2020 keinen Urlaub.
Anspruch auf Urlaubsabgeltung
Im September 2019 legte die Klägerin ihr Amt als Geschäftsführerin nieder. Das Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Gesellschaft wurde durch Kündigung zum 30. Juni 2020 beendet. Die Klägerin machte für die Jahre 2019 und 2020 Urlaubsabgeltung gerichtlich geltend und verlangte die Zahlung von rund 11.300 Euro. Dabei vertrat sie die Auffassung, dass trotz ihrer formalen Geschäftsführerstellung die Arbeitsgerichte zuständig seien, da sie sei wie in einem Arbeitsverhältnis weisungsgebunden beschäftigt gewesen und als Arbeitnehmerin könne sie Urlaubsabgeltung verlangen.
Die Klage hatte am Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht weitgehend Erfolg. Auch das Bundesarbeitsgericht bestätigte im Revisionsverfahren den Anspruch der Klägerin auf Urlaubsabgeltung in Höhe von rund 11.300 Euro.
BAG bestätigt erstinstanzliche Urteile
Nach dem Bundesurlaubsgesetz hat jeder Arbeitnehmer im Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Wenn dieser aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann, hat der Arbeitnehmer einen entsprechenden Abgeltungsanspruch. Als Arbeitnehmer gelten auch arbeitnehmerähnliche Personen, führte das BAG zunächst aus. Dabei sei für das Bundesurlaubsgesetz der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff maßgeblich.
Wesentliches Merkmal eines Arbeitnehmers ist demnach, dass jemand über eine bestimmte Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt und dafür ein Entgelt erhält. Dabei sei es nach der Rechtsprechung des EuGH nicht ausgeschlossen, dass auch ein Leitungsorgan einer Gesellschaft Arbeitnehmer im Sinne des Rechts der Europäischen Union sei. Dies gelte auch dann, wenn der Grad der Abgängigkeit oder Unterordnung eines Geschäftsführers geringer ist als der eines „üblichen“ Arbeitnehmers, führte das Gericht weiter aus.
Arbeitnehmer im Sinne des Unionsrechts
Für die Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Unionsrecht sei entscheidend, unter welchen Bedingungen ein Geschäftsführer bestellt wurde, die Art der übertragenen Aufgaben und die Weisungsgebundenheit. Demnach sei die Klägerin als Arbeitnehmerin zu qualifizieren. Denn sie musste die Arbeitszeiten einhalten, arbeitete weisungsgebunden und auch die Art der übertragenen Aufgaben, die den typischen Aufgaben eines Angestellten entsprachen, spreche für die Arbeitnehmereigenschaft, so das BAG.
Ist ein Fremdgeschäftsführer als Arbeitnehmer einzustufen, hat das nicht nur Auswirkungen auf Urlaubsansprüche. Arbeitgeber sollten daher den Status ihrer Leitungsorgane überprüfen.
MTR Legal Rechtsanwälte berät im Arbeitsrecht Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Führungskräfte.
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