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Hausgewerbetreibender


Begriff und rechtliche Grundlagen des Hausgewerbetreibenden

Der Begriff Hausgewerbetreibender beschreibt in Deutschland eine besondere Form der selbständigen Erwerbstätigkeit. Hausgewerbetreibende üben ihre berufliche Tätigkeit in der Regel außerhalb gewerblicher Betriebsstätten, meist in der Wohnung oder an einem anderen, selbstgewählten Ort aus. Sie nehmen überwiegend Aufträge von Gewerbetreibenden entgegen, ohne dabei selbst Arbeitgeber von fremden Arbeitskräften zu sein. Die rechtliche Einordnung und Behandlung dieser Erwerbsform ist insbesondere durch das Heimarbeitsgesetz (HAG), gewerberechtliche Vorschriften sowie durch das Steuer- und Sozialversicherungsrecht bestimmt.


Definition gemäß Heimarbeitsgesetz (HAG)

Hausgewerbetreibende im Sinne des HAG

Nach § 2 Abs. 1 HAG sind Hausgewerbetreibende Personen, die im eigenen oder im Zusammenhang mit dem Haushalt Erwerbstätigkeit persönlich, jedoch nicht in eigener Betriebsstätte, ausüben. Sie nehmen regelmäßig Aufträge von Gewerbetreibenden, Zwischenmeistern oder Unternehmern entgegen und führen diese eigenverantwortlich, jedoch grundsätzlich mit eigenen Betriebsmitteln, aus.

Abgrenzung zu Heimarbeitern und Gewerbetreibenden

Hausgewerbetreibende unterscheiden sich von Heimarbeitern dadurch, dass sie typischerweise nicht auftragsabhängig, sondern unternehmerisch selbständig agieren. Während Heimarbeiter in persönlicher Abhängigkeit und organisatorischer Eingliederung für einen Auftraggeber tätig sein können, gelten Hausgewerbetreibende rechtlich als selbständig Tätige. Zudem verfügen Hausgewerbetreibende über keine eigene gewerblich eingerichtete Betriebsstätte und beschäftigen in der Regel keine eigenen Arbeitnehmer.


Zentrale rechtliche Regelungen

Heimarbeitsgesetz (HAG)

Das Heimarbeitsgesetz regelt die Rechtsstellung von Hausgewerbetreibenden, Heimarbeitern sowie Gleichgestellten. Das Gesetz enthält Schutzvorschriften zur Auftragserteilung, Vergütung, Arbeitszeit, Unfallverhütung, Überwachung und Mitwirkungsrechte. Obwohl viele Regelungen eher Heimarbeiter betreffen, sind bestimmte Bestimmungen explizit auch auf Hausgewerbetreibende anwendbar (§ 1 Abs. 2 HAG).

Gewerberechtliche Vorschriften

Hausgewerbetreibende gelten gewerberechtlich als Selbständige im Sinne der Gewerbeordnung (GewO), soweit sie nicht freiberuflich tätig sind. Für den Beginn der Tätigkeit besteht grundsätzlich eine Anzeigepflicht gegenüber der zuständigen Behörde gemäß § 14 GewO, sofern eine gewerbsmäßige Tätigkeit vorliegt.


Sozialversicherungsrechtliche Einordnung

Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung

Hausgewerbetreibende sind, sofern sie nicht ausschließlich für einen Auftraggeber tätig sind oder vergleichbare Merkmale einer Scheinselbständigkeit vorliegen, grundsätzlich nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Sozialversicherung. Sie können jedoch auf Antrag Mitglieder in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung werden. Es bestehen zudem spezielle Regelungen für die Einbeziehung in die gesetzliche Unfallversicherung (vgl. SGB VII), sofern die Tätigkeit von besonderer Gefährdung begleitet wird.

Statusfeststellung

Die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status, insbesondere die Abgrenzung zwischen selbständiger und abhängiger Tätigkeit, erfolgt im Einzelfall durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung, unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der Tätigkeit, typischer Merkmale der Selbständigkeit und Weisungsgebundenheit.


Steuerrechtliche Behandlung

Einkommensteuer

Hausgewerbetreibende erzielen in der Regel Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG), sofern keine freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen Merkmale überwiegen. Die Gewinne werden mittels Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) oder – bei bestimmter Größenordnung – durch Bilanzierung ermittelt.

Umsatzsteuer

Hausgewerbetreibende gelten umsatzsteuerlich als Unternehmer (§ 2 UStG). Sie sind zur Umsatzsteuerregistrierung verpflichtet, sofern sie nicht unter die Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) fallen. Die Pflicht zur Abfuhr der Umsatzsteuer erstreckt sich auf die von ihnen in Rechnung gestellten Leistungen an Auftraggeber.

Gewerbesteuer

Die Tätigkeit als Hausgewerbetreibender unterliegt grundsätzlich der Gewerbesteuerpflicht nach dem Gewerbesteuergesetz (GewStG). Eine Freistellung besteht lediglich dann, wenn die Voraussetzungen einer freiberuflichen Tätigkeit erfüllt sind oder der Gewerbeertrag den Freibetrag (§ 11 GewStG) nicht übersteigt.


Arbeitsrechtliche Regelungen

Schutzmaßnahmen und Mitwirkung

Hausgewerbetreibende fallen teilweise unter die Schutzvorschriften des Heimarbeitsgesetzes. Dazu zählen etwa die arbeitszeitschutzrechtlichen Vorgaben, der Anspruch auf Heimarbeitsentgelt sowie bestimmte Informations- und Mitwirkungsrechte bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen (§§ 18-33 HAG). Der Kündigungsschutz und andere, speziell auf Arbeitnehmer zugeschnittene Schutzrechte finden auf Hausgewerbetreibende in der Regel keine Anwendung.

Besonderheiten bei Auftraggeberbindung

Auftraggeber sind verpflichtet, Hausgewerbetreibenden ein Entgelt zu gewähren, das sich an den tariflichen oder ortsüblichen Sätzen orientiert. Die Vertragsgestaltung zwischen Auftraggeber und Hausgewerbetreibendem unterliegt gesetzlichen Mindestanforderungen z. B. zur Klarheit über Arbeitsinhalte, Vergütung, Lieferfristen und Haftungsfragen.


Abgrenzungen zu anderen Erwerbstätigkeitsformen

Unterschied zu Heimarbeit

Hausgewerbetreibende sind gegenüber Heimarbeitern selbständiger, insbesondere in Bezug auf die Auswahl von Auftraggebern, die Organisation ihrer Tätigkeit und die Eigenständigkeit der Betriebsmittel. Während Heimarbeiter engere vertragliche Bindungen aufweisen, üben Hausgewerbetreibende typischerweise mehrere Aufträge für verschiedene Kunden aus.

Unterschied zu Freiberuflern

Freiberufliche Tätigkeit unterscheidet sich von der hausgewerblichen Tätigkeit primär durch den Inhalt der Arbeit. Hausgewerbetreibende sind meist in produzierenden oder verarbeitenden Branchen tätig, während Freiberufler Tätigkeiten „höherer Art“ im wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Bereich ausüben.


Melde- und Aufzeichnungspflichten

Anzeige nach GewO

Nach § 14 GewO muss die Aufnahme, Änderung oder Beendigung der hausgewerblichen Tätigkeit umgehend der zuständigen Gemeinde- oder Kreisverwaltungsbehörde angezeigt werden.

Aufzeichnungs- und Nachweispflichten

Dabei sind Hausgewerbetreibende verpflichtet, relevante Geschäftsvorgänge in nachvollziehbarer Form aufzuzeichnen, insbesondere im Hinblick auf steuerliche Anforderungen und die Überwachung durch die Heimarbeitsbehörden.


Bedeutung und praktische Relevanz

Hausgewerbetreibende spielen traditionell eine Rolle im Bereich der industriellen Heimarbeit, beispielsweise in der Textil-, Metall- und Spielwarenbranche. Mit der Bedeutungszunahme digitaler Geschäftsmodelle und flexibler Arbeitsformen bleibt die Definition und rechtliche Behandlung fortlaufend Gegenstand gesetzlicher Anpassung und rechtlicher Überprüfung.


Literaturhinweise

  1. Heimarbeitsgesetz (HAG), Text und Kommentare
  2. Gewerbeordnung (GewO)
  3. Einkommensteuergesetz (EStG)
  4. Umsatzsteuergesetz (UStG)
  5. Gewerbesteuergesetz (GewStG)
  6. Sozialgesetzbuch (SGB), insbesondere SGB VI, SGB VII

Weblinks


Dieser Beitrag liefert eine umfassende und sachliche Übersicht der rechtlichen Einordnung des Hausgewerbetreibenden und dient der allgemeinen Orientierung im Bereich des Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrechts.

Häufig gestellte Fragen

Wie ist die Sozialversicherungspflicht eines Hausgewerbetreibenden geregelt?

Hausgewerbetreibende unterliegen in Deutschland grundsätzlich der Sozialversicherungspflicht, sofern sie als arbeitnehmerähnliche Selbstständige einzustufen sind. Nach § 2 Nr. 1 SGB VI sind sie in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert, wenn sie auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind und keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. In der gesetzlichen Krankenversicherung besteht hingegen keine generelle Versicherungspflicht – Hausgewerbetreibende können sich aber freiwillig versichern oder alternativ eine private Krankenversicherung wählen. In der Arbeitslosen- und Pflegeversicherung besteht in aller Regel keine Verpflichtung zur Versicherung, außer es handelt sich um Sonderfälle, bei denen etwa ein Statuswechsel zum Arbeitnehmer erfolgt. Wichtig zu beachten ist, dass die Einstufung durch die Deutsche Rentenversicherung erfolgen kann und im Zweifel individuell zu prüfen ist, da die Versicherungspflicht maßgeblich von der Unabhängigkeit und dem Umfang der unternehmerischen Tätigkeit abhängt.

Welche arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften gelten für Hausgewerbetreibende?

Hausgewerbetreibende sind nach § 1 Absatz 1 Hausarbeitsgesetz (HAG) teilweise durch arbeitsrechtliche Vorschriften geschützt, trotz ihrer selbstständigen Tätigkeit. Sie genießen insbesondere Schutz im Hinblick auf die angemessene Vergütung ihrer Arbeit, das Verbot der Lohndiskriminierung sowie bestimmte Vorschriften zur maximalen Arbeitszeit und zum Arbeitsschutz. Das HAG schreibt vor, dass der Auftraggeber eine schriftliche Lohnabrechnung zu erteilen hat und es sind besondere Vorschriften über Annahmeverzug und Kündigungsfristen zu beachten. Hausgewerbetreibende profitieren zudem von allgemeinen Schutzvorschriften gegen Benachteiligung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Die Anwendung weiterer arbeitsrechtlicher Vorschriften, zum Beispiel des Kündigungsschutzgesetzes, ist jedoch auf Hausgewerbetreibende in der Regel nicht übertragbar, da sie rechtlich als Selbstständige und nicht als Arbeitnehmer gelten.

Welche steuerlichen Pflichten hat ein Hausgewerbetreibender?

Hausgewerbetreibende gelten steuerlich als selbstständige Unternehmer und unterliegen somit den für Selbstständige geltenden steuerlichen Vorschriften. Sie müssen sich beim zuständigen Finanzamt anmelden und erhalten eine Steuernummer. Zu den wichtigsten Pflichten zählt die Abgabe jährlicher Einkommensteuererklärungen, gegebenenfalls die Anmeldung und Abführung von Umsatzsteuer sowie die Führung von Einnahmen-Überschuss-Rechnungen (EÜR) oder, ab einer bestimmten Umsatzgrenze, die Bilanzierung nach § 4 Abs. 1 EStG. Darüber hinaus sind Hausgewerbetreibende verpflichtet, eventuell fällige Gewerbesteuer zu zahlen, sofern die Tätigkeit nicht als „freiberuflich“ eingestuft ist und die relevanten Freibeträge überschritten werden. Sie sollten alle geschäftlichen Einnahmen und Ausgaben lückenlos dokumentieren, entsprechende Belege aufbewahren und die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen einhalten.

Hat ein Hausgewerbetreibender Anspruch auf Mutterschutz und Elternzeit?

Hausgewerbetreibende haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Mutterschutzleistungen nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) oder auf Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG), da diese Schutzrechte vorrangig für Arbeitnehmer konzipiert sind. Allerdings gewährt das Hausarbeitsgesetz Hausgewerbetreibenden bestimmte Schutzrechte bei Mutterschaft, insbesondere ein Beschäftigungsverbot in den letzten sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung, sofern die Tätigkeit auf vertraglicher Basis im Hausgewerbe erbracht wird. Es besteht die Möglichkeit, Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung wie Mutterschaftsgeld zu erhalten, sofern eine freiwillige gesetzliche Krankenversicherung besteht und die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind. Ein Anspruch auf Elternzeit besteht hingegen in der Regel nicht.

Welche Regelungen gelten für die Haftung eines Hausgewerbetreibenden?

Hausgewerbetreibende haften grundsätzlich wie alle Selbstständigen für alle durch ihre Tätigkeit verursachten Schäden und Verbindlichkeiten persönlich und uneingeschränkt. Dies betrifft sowohl vertragliche als auch deliktische Haftungsfälle. Bei mangelhafter Leistung oder bei Verstößen gegen spezifische rechtliche Vorgaben (z. B. Produktsicherheit, Urheberrecht) können Hausgewerbetreibende generell zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet sein. Im Gegensatz zu Arbeitnehmern besteht kein Schutz der Haftungsprivilegierung, außer es ist vertraglich abweichend geregelt. Auftraggeber können ihre Haftung begrenzen oder spezielle Haftpflichtversicherungen verlangen, was ebenfalls für Hausgewerbetreibende ratsam ist, um finanzielle Risiken zu minimieren.

Welche Informations- und Mitteilungspflichten bestehen gegenüber Auftraggebern und Behörden?

Hausgewerbetreibende sind verpflichtet, sowohl gegenüber ihren Auftraggebern als auch gegenüber Behörden wie dem Finanzamt oder der Sozialversicherung bestimmte Informations- und Mitteilungspflichten zu erfüllen. Dazu gehört die unverzügliche Meldung von Änderungen in den persönlichen oder betrieblichen Verhältnissen (z. B. Namensänderung, Wechsel der Anschrift, Änderung der Art der Tätigkeit). Im Rahmen des Hausarbeitsgesetzes ist insbesondere die schriftliche Bestätigung der Vertragsverhältnisse durch den Auftraggeber vorgeschrieben. Außerdem ist die regelmäßige und wahrheitsgemäße Mitteilung der für Beitragsberechnungen relevanten Daten gegenüber der Deutschen Rentenversicherung erforderlich. Verstöße gegen diese Pflichten können zu Bußgeldern, Nachzahlungen oder weiteren rechtlichen Konsequenzen führen.

Können Hausgewerbetreibende Arbeitnehmer beschäftigen?

Hausgewerbetreibende sind im rechtlichen Sinne Kleinunternehmer oder Selbstständige und dürfen grundsätzlich Arbeitnehmer beschäftigen, sofern sie diese ordnungsgemäß anmelden und die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften beachten. Sobald jedoch regelmäßig versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigt werden, gilt der Hausgewerbetreibende aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht unter Umständen nicht mehr als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger. Dies wirkt sich insbesondere auf die eigene Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung aus, da sie dann entfällt. Zudem müssen bei der Beschäftigung von Arbeitnehmern insbesondere Vorschriften zur Lohnfortzahlung, Arbeitszeit und Arbeitsschutz beachtet werden. Auch die Anmeldung bei der Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) ist erforderlich.