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Gewerkschaft, bergrechtliche

Gewerkschaft, bergrechtliche – Begriff und Einordnung

Eine bergrechtliche Gewerkschaft ist eine historisch gewachsene Organisationsform zur gemeinschaftlichen Gewinnerkundung und Gewinnung mineralischer Rohstoffe. Sie diente im traditionellen deutschen Bergrecht als speziell ausgestaltete Unternehmung, in der sich Anteilseigner (Gewerken) zusammenschlossen. Charakteristisch ist das Anteilssystem der sogenannten Kuxe. Die bergrechtliche Gewerkschaft ist nicht mit einer Arbeitnehmervereinigung gleichzusetzen; es handelt sich um eine bergbauliche Unternehmensform.

Rechtsnatur und historische Entwicklung

Die bergrechtliche Gewerkschaft ist eine eigene, vom allgemeinen Zivil- und Handelsrecht abweichende Rechtsform. Sie entstand in bergrechtlich geprägten Territorien und wurde über lange Zeit durch Bergbehörden beaufsichtigt. In dieser Form konnten Bergwerksrechte gehalten, betrieben und verwaltet werden. Die Rechtsfähigkeit war auf den Bergwerksbetrieb bezogen und umfasste typischerweise die Fähigkeit, Vermögen zu besitzen, Verpflichtungen einzugehen und vor Behörden aufzutreten.

Mit der Vereinheitlichung des Bergrechts im späten 20. Jahrhundert wurde die Neugründung bergrechtlicher Gewerkschaften weitgehend beendet. Bestehende Einheiten wurden als Gewerkschaften alten Rechts fortgeführt oder in andere Unternehmensformen überführt. In der Praxis sind sie heute selten, kommen aber in traditionellen Bergbauregionen noch vor.

Organe und innere Verfassung

Gewerkenversammlung

Die Gesamtheit der Anteilseigner bildet die Gewerkenversammlung. Sie entscheidet über grundlegende Angelegenheiten der Gewerkschaft, etwa über die Bestellung der Leitung, über Budget- und Ausschüttungsfragen sowie über Nachschüsse. Das Stimmrecht richtet sich regelmäßig nach der Anzahl der gehaltenen Kuxe.

Leitung und Vertretung

Die laufenden Geschäfte führt eine bestellte Leitung (historisch z. B. Grubenvorstand oder Direktion). Sie vertritt die Gewerkschaft nach außen, setzt Beschlüsse um, führt die Register über Kuxe und sorgt für die Einhaltung bergbehördlicher Vorgaben, insbesondere zu Betriebssicherheit und ordnungsgemäßer Führung des Bergwerks.

Haftung und finanzielle Verantwortung

Die Gewerkschaft verfügt über ein eigenes Betriebsvermögen. Gläubigeransprüche richten sich grundsätzlich gegen dieses Vermögen. In der inneren Ordnung konnten Nachschusspflichten vorgesehen sein, die durch Beschluss ausgelöst werden. Die persönliche Haftung der Gewerken war typischerweise auf solche vereinbarten Beiträge begrenzt und trat nach Maßgabe der Statuten in Kraft.

Vermögens- und Anteilssystem (Kuxenwesen)

Kuxe: Anzahl, Rechte und Verkehrsfähigkeit

Kuxe sind die Bruchteilsanteile am Bergwerk. Die Gesamtzahl der Kuxe ist festgelegt (historisch häufig feste Gesamtzahlen, z. B. in kleineren Hundertschaften). Kuxe können übertragen werden; die Rechtswirksamkeit knüpft regelmäßig an die Eintragung im Kuxen- oder Anteilregister an. Mit dem Kux sind Stimmrechte, Gewinnbezugsrechte und Pflichten verknüpft.

Gewinn, Verlust und Nachschüsse

Gewinne werden, nach Abzug betrieblicher Aufwendungen und Rücklagen, proportional zu den gehaltenen Kuxen ausgeschüttet. Reichen Mittel nicht aus, können Nachschüsse beschlossen werden. Ausbleibende Nachschüsse können satzungsgemäß zu Stimmrechtsbeschränkungen, Verwertungen oder sonstigen internen Maßnahmen führen.

Bergbauliche Berechtigungen und staatliche Aufsicht

Die bergrechtliche Gewerkschaft war Trägerin bergbaulicher Berechtigungen, die die Aufsuchung und Gewinnung bestimmter Bodenschätze in festgelegten Feldern gestatten. Diese Rechte waren an betriebliche Pflichten und Sicherheitsanforderungen gekoppelt. Die Aufsicht lag bei zuständigen Bergbehörden, die unter anderem Betriebspläne, Sicherheitsvorgaben, Registerfragen und die Einhaltung technischer und betrieblicher Standards überwachten.

Register- und Publizitätsordnung

Für bergrechtliche Gewerkschaften bestanden besondere Register- und Veröffentlichungspflichten. Dazu zählten die Führung eines Kuxenregisters, Mitteilungen über Wechsel in der Leitung oder wesentliche Beschlüsse sowie Eintragungen bei den zuständigen Stellen. In der Gegenwart werden verbleibende Einheiten regelmäßig in öffentlich geführten Registern nachgewiesen; Einzelheiten richten sich nach der örtlichen Verwaltungspraxis.

Umwandlung und heutige Bedeutung

Die klassische Form wird heute kaum noch neu angetroffen. Bestehende Gewerkschaften alten Rechts bestehen fort, wurden umgewandelt oder abgewickelt. In der Praxis finden sich solche Gebilde mitunter in Altbergbau-Kontexten, etwa bei der Verwaltung historischer Rechte oder Restvermögen. Kuxe können in Einzelfällen noch bestehen, sind jedoch selten Gegenstand des allgemeinen Kapitalverkehrs.

Abgrenzung zur Arbeitnehmervereinigung

Der Begriff „Gewerkschaft“ bezeichnet im Arbeitsleben eine Interessenvereinigung von Beschäftigten. Die bergrechtliche Gewerkschaft ist davon strikt zu trennen. Sie ist eine unternehmensrechtliche Organisationsform für den Bergwerksbetrieb und verfolgt keine arbeitnehmerkollektiven Zwecke.

Häufig gestellte Fragen

Was ist eine bergrechtliche Gewerkschaft in einfachen Worten?

Es handelt sich um eine besondere Unternehmensform des traditionellen Bergrechts, in der sich Anteilseigner über Kuxe zusammenschließen, um ein Bergwerk zu betreiben und die Erträge zu verteilen.

Worin unterscheidet sich die bergrechtliche Gewerkschaft von modernen Gesellschaftsformen?

Sie basiert auf einem eigenen Anteilssystem (Kuxe), einer bergrechtlich geprägten inneren Ordnung und behördlicher Aufsicht. Sie ist keine Aktiengesellschaft oder Personengesellschaft nach allgemeinem Zivilrecht, sondern eine historisch eigenständige Form.

Welche Rechte gewährt der Besitz von Kuxen?

Kuxe verleihen Stimmrechte in der Gewerkenversammlung, einen Anteil am Gewinn sowie Mitwirkungsrechte nach Maßgabe der Statuten. Zugleich können Pflichten bestehen, etwa zur Leistung von Nachschüssen.

Gibt es heute noch bergrechtliche Gewerkschaften?

Neugründungen finden praktisch nicht mehr statt. Vereinzelt bestehen Gewerkschaften alten Rechts fort, oft mit reduzierter Tätigkeit oder nach Umwandlungen.

Wer haftet für Verbindlichkeiten der bergrechtlichen Gewerkschaft?

Primär haftet das Vermögen der Gewerkschaft. Darüber hinausgehende Verpflichtungen der Anteilseigner können nur nach den internen Regelungen, etwa durch beschlossene Nachschüsse, entstehen.

Wie werden Kuxe übertragen?

Die Übertragung richtet sich nach den maßgeblichen Statuten und der Registerpraxis. Regelmäßig ist eine Eintragung im Kuxen- oder Anteilregister erforderlich, damit die Rechtsnachfolge anerkannt wird.

Welche Rolle spielt die staatliche Aufsicht?

Die zuständigen Bergbehörden überwachen Betriebssicherheit, betriebliche Ordnung und die Einhaltung der bergrechtlichen Vorgaben. Sie können Genehmigungen erteilen und Maßnahmen anordnen.