Legal Lexikon

Benehmen


Begriffsbestimmung und Bedeutung des „Benehmens“ im Recht

Der Begriff „Benehmen“ besitzt im rechtlichen Kontext eine spezifische Bedeutung, die sich deutlich von der landläufigen Verwendung im Sinne von „gutes Verhalten“ unterscheidet. Im deutschen Recht steht „Benehmen“ für die förmliche Beteiligung verschiedener Behörden an Entscheidungs- und Verwaltungsprozessen. Der Begriff ist insbesondere im Verwaltungsrecht von zentraler Bedeutung und kommt in zahlreichen Spezialgesetzen sowie Verwaltungsverfahrensvorschriften zum Einsatz. Benehmen regelt die Mitwirkung anderer Stellen bei der Entscheidungsfindung und ist von weiteren Beteiligungsformen begrifflich und inhaltlich abzugrenzen.

„Benehmen“ im Verwaltungsrecht

Grundstruktur und Funktion

Im Verwaltungsrecht bezeichnet das „Herstellen des Benehmens“ den Verfahrensschritt, in dem eine Behörde eine andere Behörde, oftmals mit speziellem Sachverstand oder örtlicher Zuständigkeit, in einen Entscheidungs- oder Genehmigungsprozess einbindet. Ziel ist es, die jeweils betroffene Stelle zu informieren, deren Einschätzung einzuholen und bei der Entscheidungsfindung angemessen zu berücksichtigen.

Das Benehmen ist weder eine bloße Mitteilung noch eine Vetorechte einräumende Zustimmungspflicht, sondern bewegt sich hinsichtlich der Beteiligungsintensität zwischen Anhörung und Zustimmung. Die einbezogene Behörde hat in der Regel ein Recht auf Äußerung, verbindliche Anforderungen an den Ablauf können sich aus spezialgesetzlichen Vorschriften ergeben.

Formen der Einholung des Benehmens

Im Verwaltungsvollzug existieren verschiedene Abstufungen der Verfahrensbeteiligung:

  • Anhörung: Die Äußerung wird ermöglicht, muss aber nicht zwingend berücksichtigt werden.
  • Benehmen: Die Behörde muss sich ernsthaft mit den Äußerungen auseinandersetzen und die Stellungnahme in ihre Entscheidung einbeziehen. „Herstellen des Benehmens“ bedeutet, dass der zuständige Entscheidungsträger die Meinungen und Einwände der zu beteiligenden Behörden sachlich prüft.
  • Zustimmung: Eine Entscheidung ist ohne ausdrückliche Einwilligung der beteiligten Behörde nicht möglich.

Gesetzliche Regelungen

Einige normative Beispiele für das Attribut „im Benehmen mit“:

  • Bauplanungsrecht (§ 4 Abs. 2 BauGB): Bei der Beteiligung von Nachbargemeinden ist das Benehmen herzustellen.
  • Bundes-Immissionsschutzgesetz: Bescheide werden vielfach „im Benehmen mit“ anderen Fachbehörden erteilt.
  • Beamtenrecht (Bundesbeamtengesetz, § 106 Abs. 3 Satz 1 BBG): Personalmaßnahmen bedürfen zum Teil des Benehmens mit der Personalvertretung.

Die Anforderung, „das Benehmen herzustellen“, verpflichtet die entscheidende Behörde dazu, rechtzeitig, vollständig und wahrheitsgemäß zu informieren und eine angemessene Frist zur Stellungnahme einzuräumen.

Rechtsfolgen und Rechtsnatur

Das Benehmen ist grundsätzlich nicht zustimmungsbedürftig: Die Einwilligung der zu beteiligenden Behörde ist nicht zwingend erforderlich – im Gegensatz zur „Zustimmung“, bei der eine Entscheidung ohne das Einvernehmen nicht zulässig ist. Allerdings kann ein legitimes Verfahren einen Verfahrensfehler darstellen, wenn die vom Gesetz geforderte Benehmensherstellung unterblieben ist. Dies kann zur Anfechtbarkeit des Verwaltungsakts führen.

In der Praxis ist streitig, inwiefern ein Dissens zwischen Entscheidungs- und Beteiligungsbehörde ausdrücklich zu begründen ist und ob ein fehlerhaftes/faktisches Umgehen der Stellungnahme immer zur Rechtswidrigkeit der nachfolgenden Entscheidung führt. Die Rechtsprechung verlangt eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit erheblichen Einwendungen.

Abgrenzung zu weiteren Beteiligungsformen

Das Erfordernis, „Benehmen herzustellen“, ist von weiteren Formen der Beteiligung abzugrenzen:

  • Anhörung: Geringere Beteiligungsintensität, bloße Möglichkeit zur Stellungnahme
  • Mitwirkung: Oberbegriff, darunter fällt das Benehmen als eine Variante
  • Zustimmung: Höchste Beteiligungsintensität und Bindungswirkung
  • Einvernehmen: Entscheidungsbefugnis liegt gemeinschaftlich bei mehreren Beteiligten

Bedeutung des Benehmens im Sinne materieller und Verfahrensgerechtigkeit

Gewährleistung von Transparenz und effektiver Fachbeteiligung

Das gesetzlich vorgeschriebene Benehmen verfolgt das Ziel, einen sachgerechten Informationsaustausch zwischen behördlichen Akteuren zu fördern und somit die Entscheidungsqualität zu steigern. Die fachliche Kenntnis und die besonderen Interessen der beteiligten Stelle werden in den Entscheidungsfindungsprozess eingebracht und müssen in die abschließende Bewertung einfließen.

Auswirkungen auf den Rechtsschutz

Bei der Anfechtung eines Verwaltungsakts ist zu prüfen, ob das Benehmen ordnungsgemäß hergestellt wurde. Fehlt die rechtskonforme Beteiligung, kann dies zur Aufhebung oder Unwirksamkeit eines Verwaltungsakts führen. Das Prozessrecht sieht hier besondere Prüfungsmaßstäbe und Beweisführungen vor.

Praktische Beispiele aus dem Verwaltungsalltag

Bau- und Umweltrecht

Beim Erlass von Bebauungsplänen muss die Planungsbehörde regelmäßig das Benehmen mit Umweltschutzbehörden oder Nachbargemeinden herstellen, um deren Belange angemessen zu berücksichtigen.

Kommunalrecht

Interkommunale Projekte, wie beispielsweise die Ausweisung von Gewerbegebieten an Gemeindegrenzen, bedürfen des Benehmens mit Beteiligten auf kommunaler Ebene.

Fachaufsicht und Personalmaßnahmen im öffentlichen Dienst

Bei höherwertigen Personalentscheidungen oder Disziplinarangelegenheiten besteht häufig eine gesetzliche Benehmenspflicht mit Personal- oder Gleichstellungsvertretungen.

Zusammenfassung

Das „Herstellen des Benehmens“ ist im deutschen Recht ein zentrales Instrument zur förmlichen Behördenbeteiligung, das Transparenz, Kooperation und die Berücksichtigung verschiedenster Interessen sicherstellen soll. Es ist normativ klar geregelt, fällt aber je nach Ausgestaltung in unterschiedliche Intensitätsstufen der Beteiligung. Fehlerhafte Durchführung kann zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen führen und unterstreicht die Bedeutung dieses Instituts in der Verwaltungspraxis.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Folgen kann unangemessenes Benehmen am Arbeitsplatz haben?

Unangemessenes Verhalten am Arbeitsplatz – darunter Mobbing, Beleidigung, sexuelle Belästigung oder Diskriminierung – kann sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Arbeitgeber sind nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verpflichtet, Beschäftigte vor Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu schützen. Kommt der Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nach, drohen ihm Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche. Verstößt der Arbeitnehmer etwa durch Beleidigungen oder körperliche Übergriffe gegen den Arbeitsvertrag oder die Hausordnung, kann dies arbeitsrechtliche Abmahnungen bis hin zu ordentlichen oder fristlosen Kündigungen zur Folge haben. In besonders schwerwiegenden Fällen, wie etwa bei tätlichen Angriffen oder sexueller Nötigung, werden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet und es drohen Anzeige, Strafverfahren und Geld- oder Freiheitsstrafen.

Ist schlechtes Benehmen gegenüber Behörden strafbar?

Beleidigungen, Beschimpfungen oder gar Bedrohungen gegenüber Amtsträgern, etwa Polizistinnen und Polizisten, Lehrkräften oder Verwaltungsangestellten, sind nicht nur sozial unerwünscht, sondern können auch strafrechtlich relevant sein. Gemäß § 185 StGB ist die Beleidigung strafbar; insbesondere wenn sie öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften erfolgt, ist mit höheren Strafen zu rechnen. Amtsträger genießen zudem gemäß § 113 StGB (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) und § 115 StGB (Widerstand gegen Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen) besonderen Schutz, wodurch bereits gezielte Respektlosigkeit und verbale Angriffe als strafbare Handlungen eingestuft werden können.

Welche rechtlichen Bestimmungen gelten bei Benehmen im Internet (Cybermobbing, Hassrede)?

Im digitalen Raum gelten dieselben Gesetze wie im analogen Leben, ergänzt durch spezifische Regelungen: Beleidigungen, Verleumdungen (§ 187 StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB) oder Bedrohungen (§ 241 StGB) sind auch online strafbar. Wird mit menschlicher Würde, dem Persönlichkeitsrecht oder dem Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG) anderer Menschen missbräuchlich umgegangen, drohen Unterlassungs-, Löschungs- und Schadensersatzansprüche. Durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) werden Plattformbetreiber verpflichtet, offensichtlich rechtswidrige Inhalte binnen kurzer Fristen zu löschen. Opfer von Cybermobbing können sich zudem an die Polizei wenden und Strafanzeige erstatten. Für berufliche Netzwerke gelten zudem zusätzliche arbeitsrechtliche Vorschriften, wenn Kollegen oder Vorgesetzte involviert sind.

Gibt es gesetzliche Vorgaben zum Benehmen in öffentlichen Verkehrsmitteln?

Das Verhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln unterliegt den jeweils geltenden Beförderungsbedingungen der Verkehrsbetriebe sowie dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG). Verstöße wie lautes Verhalten, Belästigung anderer Fahrgäste oder Missachtung von Platzreservierungen können zu Vertragsstrafen, Beförderungsausschluss oder Bußgeldern führen. Körperliche oder verbale Übergriffe sind strafrechtlich relevant und können weitere Maßnahmen wie Hausverbote und Strafanzeigen nach sich ziehen. Der Fahrer oder das Betriebspersonal hat das Recht, Fahrgäste, die durch ihr Verhalten andere gefährden oder stören, von der Beförderung auszuschließen (§ 3 Personenbeförderungsgesetz, § 4 Eisenbahnverkehrs-Ordnung).

Wann wird schlechtes Benehmen gegenüber Kindern und Jugendlichen juristisch relevant?

Schlechtes oder respektloses Benehmen gegenüber Minderjährigen kann verschiedenen Tatbeständen unterliegen: Beleidigung, Nötigung, Bedrohung, Körperverletzung, Freiheitsberaubung oder sexueller Missbrauch sind nach Strafgesetzbuch (StGB) besonders schutzwürdige Tatbestände, die mit empfindlichen Strafen geahndet werden. Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) sieht abgestufte Sanktionen bei Straffälligkeit Jugendlicher vor, jedoch gilt bei Erwachsenen ein erhöhter Schutz der Minderjährigen. Das Jugendamt kann bei grenzwertigem Verhalten Erwachsener Schutzmaßnahmen für die betroffenen Kinder und Jugendlichen einleiten, darunter Gefährdungsabschätzungen oder Sorgerechtsentzug.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat respektloses Verhalten im Straßenverkehr?

Im Straßenverkehr sind alle Verkehrsteilnehmer laut § 1 StVO zu gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichtet. Aggressives Fahrverhalten, Drängeln, Beleidigungen, Nötigungen (§ 240 StGB) oder sogar gefährliche Körperverletzungen sind straf- und bußgeldbewehrt und führen häufig zu Punkten im Fahreignungsregister beim Kraftfahr-Bundesamt, Fahrverboten oder Entzug der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB). Auch die Versicherungen können bei nachgewiesenem Fehlverhalten die Leistungen einschränken. Insbesondere bei Fahrerflucht, Bedrohung oder Körperverletzung nach Unfällen ist mit empfindlichen Strafen zu rechnen.

Wie wird respektloses Verhalten in öffentlichen Versammlungen und Demonstrationen rechtlich geahndet?

Teilnehmende an öffentlichen Versammlungen unterliegen neben den allgemeinen Gesetzen speziellen Regelungen des Versammlungsgesetzes. Ordnungswidriges Verhalten, Störungen des öffentlichen Friedens (§ 125 StGB Landfriedensbruch), Beleidigungen oder tätliche Angriffe gegen Teilnehmer oder Ordnungskräfte werden strafrechtlich verfolgt. Verstöße gegen Auflagen der Versammlungsbehörde können mit Bußgeldern belegt werden. Die Polizei ist befugt, Störer vorübergehend festzusetzen oder von der Versammlung auszuschließen. Bei Extremfällen erfolgt die Auflösung der Versammlung und die Einleitung eines Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahrens.