Begriff und Stellung des Ausbildenden
Der Ausbildende ist die natürliche oder juristische Person, die mit einer oder einem Auszubildenden einen Ausbildungsvertrag schließt und die betriebliche Berufsausbildung verantwortet. Er tritt als Vertragspartner auf, organisiert die Ausbildung, stellt die erforderlichen Mittel bereit und gewährleistet, dass die Ausbildung den staatlich geregelten Ausbildungsordnungen entspricht. Im dualen System ist der Ausbildende in aller Regel der Betrieb, die Praxis, die Behörde oder die Einrichtung, in der die praktische Ausbildung stattfindet.
Abgrenzung: Ausbildender und Ausbilder
Der Ausbildende ist der verantwortliche Träger der Ausbildung und Vertragspartner des Auszubildenden. Der Ausbilder ist die fachlich und persönlich geeignete Person, die die Ausbildung praktisch durchführt und anleitet. Ein Ausbildender kann selbst ausbilden, wenn er die persönliche und fachliche Eignung besitzt; häufig beauftragt er hierzu geeignete Beschäftigte. Die Gesamtverantwortung verbleibt beim Ausbildenden.
Wer kann Ausbildender sein?
Als Ausbildende kommen Unternehmen jeder Rechtsform, Handwerksbetriebe, Freiberuflerpraxen, öffentliche Einrichtungen, Körperschaften, Vereine sowie landwirtschaftliche Betriebe in Betracht. Entscheidend ist die betriebliche Eignung und die Möglichkeit, die im Ausbildungsberuf vorgesehenen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln.
Voraussetzungen der Ausbildungseignung
Betriebliche Eignung und Ausstattung
Der Betrieb muss Art und Umfang der Tätigkeiten, Ausstattung und Organisation so vorhalten, dass die vorgeschriebenen Ausbildungsinhalte vermittelt werden können. Erforderlich sind geeignete Arbeitsplätze, Werkzeuge, IT, Arbeitsschutzmaßnahmen sowie ein Ausbildungsplan, der die in der Ausbildungsordnung festgelegten Lernziele systematisch abbildet. Teile der Ausbildung können bei Kooperationspartnern oder in überbetrieblichen Lehrstätten stattfinden, wenn der eigene Betrieb einzelne Inhalte nicht abdecken kann.
Persönliche und fachliche Eignung der ausbildenden Personen
Die mit der Ausbildung betrauten Personen müssen fachlich qualifiziert und persönlich geeignet sein. Persönliche Eignung setzt insbesondere Zuverlässigkeit, charakterliche Eignung und die Befähigung voraus, junge Menschen zu führen und zu fördern. Fachliche Eignung verlangt einschlägige berufliche Qualifikation und berufs- und arbeitspädagogische Fähigkeiten. Die zuständige Stelle prüft diese Eignung.
Angemessenes Verhältnis Auszubildende zu Fachkräften
Die Zahl der Auszubildenden muss in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der zur Ausbildung geeigneten Fachkräfte stehen, damit eine individuelle Anleitung gewährleistet bleibt. Maßgeblich sind Berufsbild, Betriebsgröße und Organisationsstruktur.
Der Ausbildungsvertrag
Vertragsparteien und Form
Der Ausbildungsvertrag wird zwischen Ausbildendem und Auszubildendem schriftlich geschlossen; bei Minderjährigen wirken die gesetzlichen Vertreter mit. Der Vertrag ist vor Beginn der Ausbildung zu unterzeichnen und zur Eintragung bei der zuständigen Stelle einzureichen.
Typische Vertragsinhalte
Zentrale Inhalte sind Ausbildungsberuf, Ausbildungsstätte(n), Beginn und Dauer, die Probezeit, der Ausbildungsplan, die Vergütung nach Ausbildungsjahren, Arbeits- und Ausbildungszeiten, Urlaub, Hinweise auf Berufsschulpflicht, überbetriebliche Unterweisungen, Pflichten der Vertragsparteien sowie Kündigungsregelungen. Die Probezeit ist gesetzlich vorgeschrieben und bewegt sich innerhalb eines festgelegten Rahmens (mindestens ein Monat, höchstens vier Monate).
Eintragung und Überwachung
Der Ausbildungsvertrag ist bei der zuständigen Stelle (z. B. Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer, Kammer der freien Berufe, Landwirtschaftskammer) einzutragen. Diese überwacht die Durchführung, berät und organisiert die Prüfungen. Ohne Eintragung darf die Ausbildung nicht begonnen oder fortgesetzt werden.
Pflichten des Ausbildenden
Vermittlung beruflicher Handlungsfähigkeit
Der Ausbildende muss die Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich sind. Die Ausbildung erfolgt nach einem planmäßigen, zeitlich und sachlich gegliederten Ablauf. Ausbildungsfremde, gefährdende oder überwiegend ausnutzende Tätigkeiten sind unzulässig.
Freistellung für Berufsschule und Prüfungen
Auszubildende sind für den Besuch der Berufsschule und für Prüfungen freizustellen. Die Zeit des Berufsschulunterrichts und der Prüfungen gilt als Ausbildungszeit. Laufende Vergütung ist fortzuzahlen.
Vergütung
Der Ausbildende zahlt eine angemessene, jährlich ansteigende Vergütung. Es gilt eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung, deren Höhe sich jährlich ändert und durch Tarifverträge überschritten werden kann. Sachleistungen dürfen nur angerechnet werden, wenn sie üblich und angemessen sind.
Bereitstellung von Arbeitsmitteln und Ausbildungsnachweisen
Erforderliche Ausbildungsmittel, insbesondere Werkzeuge, Fachliteratur, persönliche Schutzausrüstung und Materialien, sind kostenfrei bereitzustellen. Der Ausbildende sorgt dafür, dass das Berichtsheft (Ausbildungsnachweis) ordnungsgemäß geführt wird und während der Ausbildungszeit geführt werden kann.
Fürsorge-, Schutz- und Gleichbehandlungspflichten
Der Ausbildende hat für Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und die Beachtung der Schutzvorschriften, insbesondere für Minderjährige, zu sorgen. Er wahrt Persönlichkeitsrechte, beachtet Diskriminierungsverbote und verarbeitet personenbezogene Daten nur im erforderlichen Umfang.
Ausbildungsorganisation und Betreuung
Der Ausbildende strukturiert Abteilungen und Einsatzpläne, benennt verantwortliche Ausbilder, führt regelmäßige Ausbildungsgespräche und dokumentiert den Ausbildungsfortschritt. Beurteilungen müssen sachlich und nachvollziehbar sein.
Kooperation mit Dritten
Teile der Ausbildung können in Verbünden, bei Partnerbetrieben oder in überbetrieblichen Bildungsstätten stattfinden. Der Ausbildende koordiniert Inhalte, schließt Kooperationsvereinbarungen und stellt die Gleichwertigkeit sicher.
Rechte des Ausbildenden
Weisungsrecht im Rahmen des Ausbildungszwecks
Der Ausbildende darf Inhalte, Ort und Zeit der Ausbildung so bestimmen, wie es zur Zielerreichung erforderlich ist. Weisungen müssen dem Ausbildungszweck dienen und dürfen nicht gegen Schutzvorschriften verstoßen.
Mitwirkung an Prüfungen
Der Ausbildende wirkt organisatorisch mit, meldet Auszubildende zu Prüfungen an, stellt Bescheinigungen aus und bescheinigt die vollständige Durchführung der vorgesehenen Ausbildungsinhalte.
Beendigung des Vertrags
Während der Probezeit kann der Vertrag von beiden Seiten ohne Frist und ohne Angabe von Gründen beendet werden. Nach der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung durch den Ausbildenden ausgeschlossen; eine Beendigung ist dann nur aus wichtigem Grund möglich. Einvernehmliche Aufhebungen sind zulässig.
Vertragsstrafen und Schadensersatz
Vertragsstrafen zu Lasten Auszubildender sind unzulässig. Schadensersatzansprüche richten sich nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen und setzen Pflichtverletzung, Schaden und Kausalität voraus.
Arbeitszeit, Urlaub und besondere Schutzrechte
Arbeitszeit und Überstunden
Arbeits- und Ausbildungszeiten richten sich nach den allgemeinen arbeitszeitrechtlichen Vorgaben sowie besonderen Schutzvorschriften für Minderjährige. Überstunden sind im Ausbildungsverhältnis nur ausnahmsweise zulässig, müssen dem Ausbildungszweck entsprechen und sind auszugleichen oder zu vergüten.
Ruhezeiten und Pausen
Es gelten gesetzliche Mindestpausen und Ruhezeiten. Bei Minderjährigen bestehen weitergehende Schutzvorgaben, insbesondere zu Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit mit eng begrenzten Ausnahmen.
Urlaub und Freistellungen
Auszubildende haben Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub; für Minderjährige ist ein höherer Urlaubsanspruch vorgesehen. Für Berufsschultage während eines Urlaubszeitraums gelten besondere Anrechnungsregeln.
Schutz besonderer Personengruppen
Bei Schwangerschaft, Elternzeit, Schwerbehinderung oder Gleichstellung greifen besondere Schutzrechte, etwa Kündigungsschutz, Freistellungen und Fördermaßnahmen. Teilzeitausbildung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Vergütung und finanzielle Aspekte
Mindestausbildungsvergütung und Tarifbindung
Die Mindestvergütung steigt mit jedem Ausbildungsjahr. Tarifverträge können höhere Vergütungen vorsehen. Zulagen, Sachbezüge und sonstige Leistungen sind nur eingeschränkt anrechenbar.
Fortzahlung der Vergütung
Bei Berufsschulbesuch, Prüfungen sowie bei unverschuldeter Verhinderung besteht Vergütungsfortzahlung. Im Krankheitsfall gelten die arbeits- und sozialrechtlichen Grundsätze der Entgeltfortzahlung.
Kosten externer Ausbildungsanteile
Für verpflichtende überbetriebliche Lehrgänge und Prüfungen hat der Ausbildende grundsätzlich die notwendigen Kosten zu tragen. Reisekosten richten sich nach den einschlägigen Regelungen und Vereinbarungen.
Haftung, Versicherung und Datenschutz
Unfallversicherung und Meldepflichten
Auszubildende sind in der gesetzlichen Unfallversicherung des Betriebs abgesichert. Der Ausbildende meldet den Betrieb bei der zuständigen Berufsgenossenschaft an und trägt die Beiträge.
Haftung bei Schäden
Bei Schäden im Betrieb gelten die Grundsätze der betrieblichen Haftung. Eine persönliche Haftung von Auszubildenden ist je nach Grad des Verschuldens eingeschränkt; der Ausbildende trägt Organisations- und Auswahlverantwortung.
Datenschutz
Personenbezogene Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit dies zur Begründung, Durchführung und Beendigung des Ausbildungsverhältnisses sowie zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten erforderlich ist. Der Ausbildende stellt Datensicherheit, Auskunftsrechte und Löschfristen sicher.
Ende der Ausbildung
Regelmäßiges und vorzeitiges Ende
Die Ausbildung endet mit Ablauf der vertraglich vereinbarten Dauer oder vorzeitig mit Bekanntgabe des Bestehens der Abschlussprüfung. Bei vorzeitigem Bestehen endet das Ausbildungsverhältnis zu diesem Zeitpunkt automatisch.
Nichtbestehen und Verlängerung
Wird die Abschlussprüfung nicht bestanden, kann das Ausbildungsverhältnis auf Verlangen bis zur nächsten Wiederholungsprüfung verlängert werden, um die Vorbereitung zu ermöglichen.
Zeugnis und Bescheinigungen
Der Ausbildende stellt ein schriftliches Zeugnis über Art, Dauer und erworbene Fertigkeiten aus. Auf Wunsch enthält es zusätzlich Angaben zu Führung, Leistung und Verhalten.
Aufsicht und Sanktionen
Rolle der zuständigen Stellen
Die zuständigen Stellen prüfen Eignung, überwachen die Durchführung, beraten Betriebe und Auszubildende und organisieren Zwischen- und Abschlussprüfungen.
Maßnahmen bei Verstößen
Bei Mängeln können Auflagen erteilt, Eignungen widerrufen und Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Wiederholte oder schwere Verstöße können zum Entzug der Ausbildungserlaubnis führen.
Dokumentationspflichten
Der Ausbildende hält Vertragsunterlagen, Ausbildungspläne, Berichtshefte, Beurteilungen, Nachweise über Unterweisungen sowie Prüfungsanmeldungen geordnet vor und legt sie auf Verlangen vor.
Sonderformen der Ausbildung
Verbund- und Kooperationsausbildung
Bei der Verbundausbildung teilen mehrere Betriebe Inhalte auf, um alle Ausbildungsinhalte abzudecken. Der Ausbildende koordiniert und bleibt für die Gesamtqualität verantwortlich.
Auslandsaufenthalte
Teile der Ausbildung können im Ausland absolviert werden, wenn Ausbildungsziel und Gleichwertigkeit gesichert sind. Die Dauer solcher Aufenthalte ist begrenzt.
Teilzeitausbildung
Die Reduzierung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit ist möglich, wenn das Ausbildungsziel innerhalb einer verlängerten Gesamtdauer erreichbar bleibt. Die inhaltlichen Anforderungen bleiben unverändert.
Häufig gestellte Fragen
Wer gilt rechtlich als Ausbildender?
Ausbildender ist die Person oder Organisation, die den Ausbildungsvertrag schließt, die betriebliche Ausbildung trägt und für deren planmäßige Durchführung verantwortlich ist. Dies können Unternehmen, Handwerksbetriebe, Praxen, Behörden oder Vereine sein.
Worin liegt der Unterschied zwischen Ausbildendem und Ausbilder?
Der Ausbildende ist der Vertragspartner und Gesamtverantwortliche der Ausbildung. Der Ausbilder ist die fachlich und persönlich geeignete Person, die die Ausbildung im Betrieb praktisch anleitet. Der Ausbildende kann mehrere Ausbilder einsetzen.
Welche Mindestanforderungen muss ein Betrieb erfüllen, um ausbilden zu dürfen?
Erforderlich sind die betriebliche Eignung, geeignete Ausbilder, eine angemessene Relation zwischen Auszubildenden und Fachkräften, ein Ausbildungsplan und die Ausstattung, um alle Ausbildungsinhalte zu vermitteln. Die zuständige Stelle prüft diese Voraussetzungen.
Welche Pflichten hat der Ausbildende gegenüber der Berufsschule und bei Prüfungen?
Er muss für den Besuch der Berufsschule und für Prüfungen freistellen, die Vergütung fortzahlen, erforderliche Anmeldungen und Bescheinigungen vornehmen und Ausbildungszeiten bescheinigen. Unterrichts- und Prüfungszeiten gelten als Ausbildungszeit.
Darf der Ausbildende Überstunden anordnen?
Überstunden sind im Ausbildungsverhältnis nur ausnahmsweise zulässig, müssen dem Ausbildungszweck dienen und sind auszugleichen oder zu vergüten. Für Minderjährige gelten besonders strenge Grenzen.
Wie hoch muss die Vergütung mindestens sein?
Es gilt eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung, die sich jährlich ändert und mit jedem Ausbildungsjahr steigt. Tarifverträge können höhere Beträge vorsehen. Sachleistungen sind nur begrenzt anrechenbar.
Wann und wie kann der Ausbildende den Ausbildungsvertrag beenden?
Während der Probezeit ist eine Beendigung jederzeit ohne Frist und ohne Angabe von Gründen möglich. Nach der Probezeit ist eine Kündigung durch den Ausbildenden nur aus wichtigem Grund zulässig; einvernehmliche Aufhebungen sind möglich.
Was passiert bei Nichtbestehen der Abschlussprüfung?
Bei Nichtbestehen kann das Ausbildungsverhältnis auf Verlangen bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung verlängert werden, um eine erneute Vorbereitung zu ermöglichen.